Countdown für Eclipse Indigo
Elf deutsche Demo-Camps wird es dieses Jahr zur Veröffentlichung von Eclipse Indigo, dem jährlichen Sammel-Release mehrerer Eclipse-Projekte, am 22. Juni geben. Den Auftakt gab es gestern in Walldorf bei SAP.
- Alexander Neumann
Mit dem ersten, gestern in Walldorf bei SAP ausgerichteten Eclipse-Demo-Camp beginnt die heiße Phase vor der Veröffentlichung des jährlichen Sammel-Release mehrerer Eclipse-Projekte am 22. Juni. Dieses Jahr kommen wohl 61 Projekte zusammen, die an diesem Tag simultan in unterschiedlichen Packages freigegeben werden, alles unter dem Sammelbegriff Eclipse Indigo (aka Eclipse 3.7). Vergangenes Jahr waren es bei Helios 39 Projekte. Imposant nimmt sich die Summe der bei Ohloh bezifferten Code-Menge aus. Laut Ralph Müller, Repräsentant der Eclipse Foundation in Europa, kommen etwa 46 Millionen Codezeilen im Indigo-Release zusammen.
Als Highlights unter den neuen Projekten gelten für die Open-Source-Organisation unter anderem die Git-Implementierung EGit, der von Google gespendete GUI-Builder WindowBuilder, automatisierte GUI-Tests für Java und HTML, eine bessere Integration mit dem Build-Werkzeug Maven und die "Drag to install"-Funktion beim Eclipse Marketplace Client. Einige der neuen Indigo-Projekte wurden auch auf dem Demo-Camp vorgestellt, etwa das Jubula Functional Testing Tool und Eclipse Graphiti .
Das für automatisierte Akzeptanz- und Regressionstests zuständige Jubula ist durch die Braunschweiger Firma Bredex in die Eclipse-Community überführt worden. Es enthält etwa 85 Prozent des Codes von GUIdancer, Bredex' kommerziellem Produkt für die Testautomatisierung. Graphiti dient der einfachen grafischen Modellierung von Tools. Es befindet sich bei SAP schon länger in der Entwicklung und wurde bereits bei der Entwicklung von Projekten wie dem Eclipse JPA Editor, BPMN2 Modeler und dem Activity BPMN Designer eingesetzt. Mit Indigo soll das Projekt in Version 0.8 erscheinen.
Graphiti ist aber nur eines der Projekte, die SAP in letzter Zeit in die Eclipse Foundation eingebracht hat oder an denen es beteiligt ist. Weitere auf dem Code-Camp präsentierte waren EGit und Skalli. EGit, das mit Indigo in Version 1.0 erscheinen soll, wurde im Zusammenspiel mit dem Code-Review-Werkzeug Gerrit, dem Continuous-Integration-System Jenkins (wobei Hudson wohl auch ginge) und dem Task-orientierten Eclipse-Plug-in Mylyn gezeigt. Skalli kommt ebenfalls bei SAP zum Einsatz. Es ist ein mittlerweile auch von Angestellten der Deutschen Telekom und Red Hat entwickeltes Projektmanagement-Werkzeug, das über kurz oder lang die bestehende Infrastruktur auf eclipse.org ablösen soll.
SAP betreibt schon länger eine aktive Position bei der Unterstützung von Eclipse, aber auch von anderen Open-Source-Organisationen. Dass Eclipse als Entwicklungsplattform eine wichtig Rolle bei der Entwicklung eigener Produkte spielt, wird nicht nur anhand der erwähnten Projekte offenbar, auch das Demo-Camp wird schon zum dritten Mal bei SAP ausgetragen. Mit dieses Mal etwa 120 Teilnehmern dürfte es das größte deutsche Indigo-Demo-Camp bleiben, auch wenn noch zehn weitere folgen. Dass sich SAP in der Eclipse-Community wohlfühlt, wurde durch Björn Goerkes Loblied auf die Eclipse Foundation deutlich. Der Technikchef für die NetWeaver-Produktfamilie bezeichnete die Eclipse Foundation als verlässlichen Gegenüber, so wie er ihn sich auch bei anderen Open-Source-Protagonisten wünschen würde, denn dadurch würde die Welt für SAP besser werden.
Weitere Vorträge behandelten das von Eclipse Foundation und IBM gehypte Eclipse Orion, die Modellierung in verteilten Teams mit UML Lab der Firma Yatta Solutions, das als IDE 2.0 bezeichnete Eclipse Code Recommenders und ein Vorgehen, eine SWT-Anwendung auf das iPad zu bekommen.
Insbesondere Orion wurde von den Teilnehmern kontrovers diskutiert. Es stellt einen von IBM geschriebenen Editor dar, der die Softwareentwicklung im Browser ermöglichen soll. Zielgruppe sind mit JavaScript, HTML und CSS vertraute Webentwickler. Boris Bokowski, der der Entwicklung vorsteht, war es wichtig zu betonen, dass Orion keine IDE im Browser sei, sondern über das Konzept verlinkter Seite funktioniere. Dadurch dass die einzelnen Werkzeuge in unterschiedlichen Tabs zu finden sind, die wiederum unterschiedliche Server bedienen könnten, erscheint Orion erst mal als schnelles Werkzeug. Allerdings ist die Funktionalität zum jetzigen Zeitpunkt eher rudimentär. Zu wenig Entwickler sind bei IBM an der Entwicklung beteiligt, weshalb man mit der Eclipse Foundation zur EclipseCon im März einen Hosted-Service eingerichtet hat, durch den die Entwickler mehr Feedback einzuholen hoffen.
Wer fragt, warum sich IBM in die Domäne der Webentwicklung begibt, dem wird Orion vielleicht dadurch schlüssig, dass laut Bokowski nahezu alles eh schon im Browser läuft. Daran anknüpfend sieht er für die Technik eine Schlüsselrolle, fehlende Punkte wie Editor, Software Configuration Management und Unit-Tests mit den Webwerkzeugen zu integrieren. Einen ersten Meilenstein hat das Orion-Projekt dadurch erreicht, dass es seit kurzem mit ihm selbst möglich ist, Orion weiterzuentwickeln ("eat your own dog food").
Manche der Themen dürften auch zum Programm anderer Demo-Camps gehören, doch auch viele andere, nicht in Walldorf gebrachte Themen aus dem Eclipse-Ökosystem werden zur Sprache kommen, weswegen es Sinn macht, sich einen Überblick auf den einzelnen Demo-Camp-Seiten zu verschaffen: Angekündigt sind sie für Kassel (27. Mai), Frankfurt (7. Juni), Bonn (14. Juni), München (20. Juni), Dresden (21. Juni), Braunschweig (21. Juni), Darmstadt (21. Juni), Jena (22. Juni), Hamburg (28. Juni) und Berlin (29. Juni). (ane)