Stimmy schrieb am 02.04.2024 12:23:
Guckstu schrieb am 29.03.2024 01:14:
Der Reaktorkern würde das Salz nicht schmelzen, sondern verdampfen: Der Siedepunkt von Steinsalz liegt bei 1465°C, eine Reaktorschmelze bei 6000°C.
Wenn der Dampf so viel Volumen einnimmt, dass die Deckschicht über dem Salzstock reißt, war's das dann mit dem Abschluss, und man kann dann auch nichts mehr aufräumen.
Und wir könnten nicht mal testen, was Salzdampf in einem Salzstock anrichtet. Wir kriegen ja mit normalen Mitteln keine 6000°C hin.Nur der Vollständigkeit halber: 6000 °C bekommt man mit einem elektrischen Lichtbogen locker hin, testen könnte man das also durchaus.
Ah, okay, an diese Möglichkeit hatte ich nicht gedacht.
Man darf nicht vergessen, dass es eine Schmelzwärme gibt: Steinsalz/Natriumchlorid schmilzt bei 800°C, und rein der Übergang von festem Salz zu flüssigem Salz erfordert 482 Joule Energie pro Gramm Salz, oder 0,14 kWh pro kg. Klingt erstmal (fast wörtlich) nach einem Tropfen auf dem heißen Stein, nur darf man nicht vergessen, dass der Reaktor von Millionen Tonnen Salz umgeben ist. Und er nach der Kernschmelze keine irre Leistung mehr abgibt (nur noch die Nachzerfallswärme von einigen zig Megawatt). Schon darum kann ich mir nicht vorstellen, dass da massiv viel Salz verdampft.
Nachzerfallswärme direkt nach dem Abschalten ist ungefähr 6% der Reaktorleistung, nach einem halben Tag bleibt noch 0,5%.
Das klingt nach wenig, ist bei 300 MW aber immer noch 0,3 MW.
Ich habe leider keine Erfahrung damit, wie schnell Salz die Wärme abführt, und ohne das kann ich keine Temperaturverläufe abschätzen. Mein Bauchgefühl sagt mir, da verdampft zumindest anfangs was, aber wie viel - keine Ahnung.
Was auf jeden Fall passiert: Das Corium schmilzt sich durchs Salz nach unten.
Es braucht also auf jeden Fall einen Core Catcher.
Wenn der Reaktor bei der Kernschmelze hypothetisch auĂźer Kontrolle permanent (= tage- bis wochenlang) hunderte Gigawatt Leistung abgeben wĂĽrde, wie der Tschernobyl-Reaktor bei seiner Explosion,
Gibt es dazu Zahlen, wie viel der Reaktor an Leistung abgegeben hat?
Im Regelbetrieb waren es immerhin 3,2 GW, mehrere hundert GW wĂĽrde ich jetzt instinktiv nicht erwarten, aber ich stelle gerade fest, dass ich es nicht weiĂź.
bis er endlich seinen Kernbrennstoff aufgebraucht hat, würde ich dir Recht geben. Nur verhält sich eine Kernschmelze nicht so. Nur die Anordnung der Brennstäbe (Oberfläche/Volumen-Verhältnis) und das Vorhandensein eines Neutronenoderators sorgen dafür, dass in dem Reaktor eine Kernspaltungs-Kettenreaktion aufrechterhalten wird.
Schmilzt der Kern, passt die Anordnung nicht mehr. Außerdem wird sich der Kernbrennstoff in das Salz schmelzen und vermutlich zum Teil in der Schmelze auflösen, zumindest verteilt er sich aber immer weiter. Damit kommt die Kernspaltungs-Kettenreaktion sehr schnell zum Stillstand, und nur die Nachzerfallswärme (hoch radioaktive Spaltprodulte zerfallen weiter und setzen dabei Energie frei) lassen den Kern weiter ins Salz schmelzen.
In dem Fall wäre Tschernobyl wohl unterhalb von 3 GW geblieben.
Ist aber auch nicht so wichtig, finde ich. So oder so bin ich nicht dafĂĽr, solche Reaktoren zu bauen. Weil sie sicherlich unsinnig teuer werden.
Da sind wir uns einig.
Und vermutlich auch darin, dass der Bau viel zu lange dauern wĂĽrde. Das sind ja immer noch Prototypen, was die bauen.
Was die Befürworter auch alle nicht auf dem Radar haben: Die Fehlerabläufe sind garantiert immer noch nicht vollständig erforscht. Die Kritiker sagen ja, dass die ganzen SMR-Konzepte im Grunde nur die von Leichtwasserreaktoren bekannten Fehlerpfade durch unbekannte ersetzen.