Kenne das zu gut. Habe lange im Universitären Bereich gearbeitet. Wenn du bei einem Kommerziellen Anbieter bist, dann hat der wenigstens ansatzweise den Ansporn weiterverwendet werden zu wollen. Auch wenn Universitäten Toleranter sind, was Probleme angeht. Oft bist du einer der größten Kunden eines eventuell sogar lokalen Anbieters der wieder bei dir Steuern zahlt. Selbst wenn das wie meistens nur ein Rebrand irgend welches OSS-Zeugs ist: Wenn du was brauchst kümmert der sich eventuell drum.
Wenn du irgend wo an einem Projekt beim Nachbarbundesland hängst, gibt es absolut 0 Anreize für die irgend was in deinem Sinn zu machen. In deren Prioritätenliste bist du ganz unten. Ganz im Gegenteil, weil man ja ständig aneinander gemessen wird, ist es sogar in deren Sinn dich zu sabotieren.
Schlimmer noch: Guckt euch mal an, wie alt so produktive Software ist: nginx, MS Office, haproxy, Jira, systemd, Slack, Windows, git, Chrome das sind schon die moderneren Varianten zu ihren älteren äquivalenten die sie erst vor kurzem ablösen konnten. Alles über 10 Jahre alt. Das sind mindestens 2 Regierungswechsel. Die das haben killen können und wollen. Letztendlich will ja jede Regierung neu gestalten. Aber selbst wenn das niemand wegen anderen Ideen killt. Wenn irgend ein Projekt nach immer nicht total abgehoben hat, wird es spätestens nach 4 Jahren eingestampft.
Passend hast du da nicht mal einen Anbieter der nur unwillig ist, sondern auch noch super unzuverlässig ist und dich eventuell morgen im Regen stehen lässt.
Das willst du nicht, wenn du irgend wie funktionierende Services anbieten willst.
Das Problem ist natürlich auch den Führungskräften bekannt. Als Reaktion darauf wird dann meistens irgend welche Kooperationen gesetzt. Im besten Fall wird dann frei nach Thit for That etwas entwickelt, dass allen Ansprüchen genügt. Manchmal funktioniert das.
Aber das leidet noch immer an der politischen Unsicherheit das jederzeit Partner abspringen können und bringt zusätzlich das Problem mit, dass du jetzt plötzlich 10 Mitarbeiter unter 5 unterschiedlichen Chefs mit unterschiedlichen Interessen hast. Effizient ist das selten.
Real zweckentfremdet man dann die Mitarbeiter die so nen Service für allen entwickeln sollen um eigene Lösungen zu bauen die einem auch im Fall einer Beendigung des Projektes bleiben und jederzeit ohne Verhandlungen an die Bedürfnisse anpassbar sind und versteckst ihn dann eventuell hinter so einem Service für alle Portal. Das ist zwar bekannt und wird bekämpft. Aber so lange alle Mitarbeiter langjährige angestellte an ihren Institutionen sind, sind die halt loyal zu denen und nicht zu irgend welchen Partnerschaftsprojekten, die in wenigen Jahren wieder eingestellt werden. Irgend wann scheitert das Portal und man betreibt seine eigene Lösung weiter, die dann über Jahrzehnte gewachsen ist. Und während das bei Softwareentwicklern als unwartbar verschrieen ist, ist es halt real eine Lösung die an jedes Eckbedrüftnis angepasst ist.
Wie man das verbessern könnte?
Mehr zwang Dienste zu nutzen, die offensichtlich nicht mal geschenkt angenommen werden ist IMHO extremer Unsinn.
Im letzter Zeit wird vermehrt versucht Dienste nicht nur aus Bundeshand zu finanzieren sondern wirklich auch passende Infrastruktur zu betreiben. Während ich sehe, dass das funktionieren kann, halte ich das für sehr Unwahrscheinlich. Am Ende ist die deutsche Sonderlösung genau so Kleinstaaterrei wie die Sonderlösung aus Bayern oder Hamburg und wird nur mit übermäßig viel Investment mit etwas mithalten können, das wirklich weltweit entwickelt wird. Wenn man mit Lösungen von Kommerziellen oder von den USA oder China mithalten will, müsste man das europaweit machen. Ich sehe aber keinen Wille für derartige Institutionen. Wenn sind es wieder Kooperationen. Und vor allem müsste da halt echtes Kommitment dahinter: Ein unkündbarer Beamtenaperat, ist träge genug, dass er kurze politische Strömungen überstehen könnte. Wird aber nicht mehr passieren. So lange da ein paar halbtags angestellte mit Gehältern weit unter denen der freien Wirtschaft sitzen, die eigentlich gucken, dass sie aus dem Projekt in ein neues wechseln können wo man weniger direkt auf dem Schleudersitz sitzt ist das zum scheitern Verurteilt.
Egal wie tolle Reden die Politik schwingt. Nach dem 500sten das ist jetzt aber wirklich das, was bleibt glaubt das niemand mehr. Und weil es keiner glaubt will sich keiner davon abhängig machen und entsprechend scheitert das.
Da müssten sich schon die Wähler ändern und Politiker nicht daran bewerten, was sie alles in die Wege geleitet haben sondern wie viel sie kaputt gehauen haben. Wird nicht passieren. Neu ist doch toll!
Die alternative sind halt Dienstleister. Wenn man die verpflichtet ihr zeug zu opensourcen, hat halt jede Stadt ihr eigens Branding übers gleiche OSS-Framework gezogen. So what?! Schreibt man das nicht vor sind irgend wann alle beim gleichen, der als Monopolist ordentlich abkassieren kann. Aber wenigstens funktioniert es. Es ist nunmal die Realität dass man bei Microsoft nicht die Gefahr läuft dass Microsoft 365 morgen eingestellt wird. Da hängen zu viele zahlende Kunden dran. Bei jedem staatlichen Projekt ist das eher die Regel als die außnahme.Ja eventuell ein funktionierendes Projekt. Aber das von meinem Vorgänger. Was habe ich davon?
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (19.10.2024 15:41).