Den Artikel selbst fand ich ganz nett, vielleicht einfach, weil ich kurze Schlaglichter auf verschiedene maĂźgebliche Personen mal ganz gerne lese. Das eigentlich Bezeichnende aber sind hier mal wieder die Kommentare!
Dabei wurde einiges gesagt, dem ich zustimmen kann, wurden einige Einwände und Positionen gebracht, die durchaus nachvollziehbar sind. Auch hinsichtlich eines möglichen Ziels wird etwa „Geschlecht sollte bei der Auswahl eigentlich keine Rolle spielen“ angeboten.
Was mir aber in erster Linie fehlt, ist das Einbeziehen des Ist-Zustandes und eine Betrachtung auf dessen Grundlage. Tatsache ist nämlich: Frauen sind in diesem Bereich unterrepräsentiert. Wenn man dies anerkennt, ergeben sich drei Möglichkeiten:
a) Ist mir egal
b) Finde ich gut
c) Finde ich nicht gut
Wer Position A vertritt, fĂĽr den ist die Diskussion als solche uninteressant und er oder sie sollte sich aus Achtung vor den Leuten, denen sie wichtig ist, am besten etwas zurĂĽckhalten.
Die Vertreter von B und C sollten ihre ihre Positionen begrĂĽnden, sie mit Argumenten untermauern und idealerweise ein konkretes Ziel benennen. Dann kann man darĂĽber reden.
Das größte Problem sehe ich für die, die das oben erwähnte Ziel anstreben: Um etwas am Status quo zu ändern - und Geschlechtsangehörigkeit langfristig irrelevant zu machen - müßte nämlich zunächst tatsächlich über selbige gesprochen werden. Andernfalls sind wir nämlich bei „Frauen in der IT? Findet nicht statt!“. Das sollte man auch als Gegner dieses Ziels zugestehen.
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Ich selbst verorte mich übrigens bei „finde ich nicht gut“ aber mit „sollte keine Rolle spielen“ nicht völlig einverstanden. Frauen sollte die IT-Welt offenstehen - und das ist nach meiner Erfahrung für viele in erster Linie dann gegeben, wenn sie kein gefühltes Haifischbecken ist, also wenn bereits einige Frauen da sind. Wohlgemerkt deshalb, weil sie sich dann nicht allein an männlichen Kollegen messen lassen müssen (was beim Schulsport noch jeder einsieht gilt nämlich auch für andere Lebensbereiche!). Die abstrakte „geschlechtslose Leistung“, die einige Männer in die Waagschale werfen ist ein nettes Verstandeskonstrukt, der Mensch ist aber neben seinem Verstand auch ein Gefühlswesen und das sollte man anerkennen, anstatt anderen zu sagen, wie idiotisch ihr fühlen ist.
Frauen grundsätzlich zuzugestehen (im Sinne einer Selbstverständlichkeit, nicht gönnerisch) hat wenig damit zu tun, seine Hände bei sich zu lassen und auf dumme Sprüche zu verzichten - denn das ist einfach nur ein Gebot des fundamentalen Respektes vor einem anderen Menschen, fachliche Wertschätzung und dergleichen fängt erst weit dahinter an. Und da machen wir Männer derzeit noch immer keine extrem gute Figur.
Die extremen Auswüchse einer Genderdiktatur lehne ich übrigens, bevor mir das jemand unterstellt, auch ab. Mir liegt das derzeit aufgekommene Gewese um m/w/p („männlich, weiblich, pervers“) fern. Auch halte ich eine Frauenquote für falsch. Da aber nun einmal das weibliche Gehirn anders funktioniert als das männliche, bin ich guter Dinge, daß langfristig ein Wert darin gesehen wird, gerade auch weiblichem Denken Raum zu geben. Worte wie „Bereicherung“ und „Diversität“ sind leider inzwischen regelrecht verbrannt - im guten Sinne liefe es aber genau darauf hinaus, wenn wir etwas ausgeglichenere (ohne Zwang, verordnete Parität und dergleichen, die nur die Konfliktlinien vertiefen würden) Verhältnisse hätten.
Kurz: Frauen in der IT sollten wir Männer nicht als „Bedrohung“ wahrnehmen (wenn sie das wirklich wären - was würde das über unser Selbstbild aussagen?!), sondern ihnen mit der gleichen Wertschätzung wie männlichen Kollegen begegnen. Und aufgrund der besonderen derzeitigen Situation, die eben zu ihren Ungunsten liegt, sollten wir auch kein Geschrei um „Diskriminierung!“ machen, wenn es irgendwo ein Programm geben sollte, das sich eben gezielt an Frauen und Mädchen richtet.