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657 BeitrÀge seit 08.06.2001

Kurzer Abriss zu dunklen PhÀnomenen

„Dunkle Materie“ und „Dunkle Energie“ sind zwei sehr unglĂŒckliche Bezeichnungen, die der Wissenschaft im Allgemeinen und der Kosmologie im Speziellen eher geschadet als genĂŒtzt haben.
Auch gĂ€ngige Darstellungen (Tortendiagramme), in denen normale Materie nur 5% der Gesamtmenge im Universum ausmacht, sind zwar einerseits korrekt, vermitteln auf der anderen Seite aber eine falsche Vorstellung fĂŒr Laien. Es ist mitnichten so, dass wir 95% des Universums nicht erklĂ€ren könnten, eher umgekehrt.

Dunkle Materie und Dunkle Energie bezeichnen genau zwei(!) beobachtbare PhĂ€nomene unter Tausenden, die sich mit aktuellen physikalischen Modellen nicht ausreichend erklĂ€ren lassen, und die sich zudem nur in kosmologischen MaßstĂ€ben ĂŒberhaupt zeigen. Dunkle Materie ab der Ebene von Galaxien, also mindestens zehntausenden von Lichtjahren, Dunkle Energie nur auf kosmologischer Ebene, also Millionen oder Milliarden von Lichtjahren.

Die Beobachtung, dass die Rotationskurven von Galaxien, also die Geschwindigkeiten, mit der sich Sterne in Außenbereichen um das galaktische Zentrum drehen, von den durch die Newtonsche Mechanik oder der Allgemeinen RelativitĂ€tstheorie vorhergesagten Bewegungen abweichen, nannte jemand in einer spontanen Eingebung „Dunkle Materie“. (Fritz Zwicky, so sagt man.)
Auch die Bewegung von Galaxien in großen Clustern, die Bewegung zweier Galaxien bei der Verschmelzung sowie die StĂ€rke des Gravitationslinseneffekts einzelner Galaxien ist demselben PhĂ€nomen zuzuordnen.

Nicht sichtbare Materie war damals die einfachste ErklĂ€rung fĂŒr das PhĂ€nomen. Falls es sich aber tatsĂ€chlich um einen Materie-Effekt handeln sollte, also die gravitative Wirkung von Teilchen auf die Raumzeit, ist diese Materie keinesfalls „dunkel“, sondern vielmehr transparent oder unsichtbar. Es könnte aber auch eine unbekannte Eigenschaft der Raumzeit sein oder eine Kombination aus beidem.
Eine treffendere Bezeichnung fĂŒr dieses noch nicht erklĂ€rte PhĂ€nomen wĂ€re eher so etwas wie „Large Scale Gravitational Behavior Discrepancy“. Denn das ist es: eine Diskrepanz der Beobachtungen zur Vorhersage in Bezug auf das gravitative Verhalten.

Die Beobachtung, dass sich nahezu alle Galaxien im Universum von uns fortbewegen, und zwar umso schneller, je weiter sie entfernt sind, lĂ€sst sich ebenfalls nicht mit Newtonscher Mechanik, RelativitĂ€tstheorie oder Quantenmechanik erklĂ€ren. Es ist dennoch eine unbestreitbare Tatsache und wurde durch zahllose Messungen bestĂ€tigt. Lediglich der genaue Betrag der Geschwindigkeitszunahme im VerhĂ€ltnis zur Entfernung ist unsicher, da sich Entfernungen und Geschwindigkeiten von Objekten auf so großen Distanzen nur schwer bestimmen lassen.
Die gĂ€ngigste, und bisher beste, ErklĂ€rung hierfĂŒr ist eine Expansion des Universums, also des Raumes selbst, in dem sich alles befindet. Der Raum, oder die Raumzeit, expandiert (was immer das bedeuten mag) in diesem Fall und reißt dabei die Materie, sichtbare und nicht sichtbare gleichermaßen, mit sich. Die Expansion könnte in einer „Dehnung“ des bestehenden Raumes resultieren oder umgekehrt in einer Neubildung von „Raum“ begrĂŒndet sein.
In jedem Fall wirkt dieses PhĂ€nomen auf kosmologischer Ebene der Gravitation entgegen. Physikalisch gesehen ist es daher eine Kraft, aus der sich theoretisch Energie gewinnen ließe. Welchen Ursprung diese Kraft hat, ist jedoch unbekannt.

Energie ist aber weder hell noch dunkel, und die doppelte Verwendung des Wortes fĂŒhrt immer wieder zu MissverstĂ€ndnissen.
„Unbekannte Kosmologische Energie“ oder die altbekannte "Kosmologische Konstante" wĂ€re treffender. Selbst der Begriff „Inflaton Field“ (eine neuere Theorie) ist geeigneter, da es letztendlich genau das ist: ein Feld, das die Ausdehnung des Universums bewirkt.

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In Bezug auf den Artikel ist mir nicht ganz klar, wie jemand ĂŒber ein Experiment zum Nachweis Dunkler Materie plötzlich Dunkle Energie gefunden haben will. Nach allem, was wir wissen, haben diese beiden PhĂ€nomene nichts miteinander gemein, und ihre Ursachen und Auswirkungen sind gĂ€nzlich verschieden. Aber vielleicht erklĂ€ren die Wissenschaftler das ja noch so, dass auch ein Laie wie ich es versteht ...

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