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  • Trittbretttreter

467 Beiträge seit 20.03.2009

Perspektiven

Perspektive 1:

Der Fahrer arbeitet aus freien StĂĽcken in San Francisco und ĂĽbernachtet in seiner Freizeit auf einem Spielplatz. Tragisch, dass er dort ermordet wird, aber was hat das mit Uber zu tun?

Perspektive 2:

Wenn ein LKW-Fahrer auf Tour übernachtet und in seinem LKW angegriffen wird, wird niemand ernsthaft behaupten, der wäre da in seiner Freizeit gewesen und das hätte nichts mit seiner Arbeit zu tun gehabt.

Perspektive 3:

Der Uber-Fahrer hätte liebend gerne zu Hause bei seiner Familie übernachtet, aber wirtschaftliche Zwänge haben dazu geführt, dass er stattdessen in seinem Auto auf einem Parkplatz geschlafen hat - sowohl die Heimfahrt als auch ein Motel wären unwirtschaftlich. Uber ist sich dieses Problems bewusst und nimmt es billigend in Kauf - Gig-Economy halt.

*****

FĂĽr die Beurteilung dieses Falls habe ich schlicht nicht genug Informationen. Ăśbt Uber irgendeine Art von Druck auf die Fahrer aus? Hat Uber selbst den Fahrer gebeten, lieber in San Francisco zu fahren statt in Sacramento, oder hat der Fahrer das aus freien StĂĽcken und vielleicht sogar ohne das Wissen von Uber gemacht?

Wenn ich es bei Google Maps richtig sehe, sind es so ganz grob 100 km von Sacramento bis San Francisco. Dem Fahrer gehen dann pro Schicht mindestens 2 Stunden verloren, um zwischen Wohnort und Arbeitsort zu pendeln. Laut Artikel mĂĽssen Fahrer nach 12 Stunden Arbeit 6 Stunden Pause machen. Will er das Maximum an Arbeit leisten, bleiben ihm zu Hause bestenfalls 4 Stunden Ruhepause zwischen den Schichten. Da ist ja sicherlich klar, dass das keiner leisten mag, und auch nicht lange leisten kann.

Aber letztlich komme ich immer wieder auf die Frage zurĂĽck: Wie viel davon ist Schuld von Uber? Jetzt mal alle negativen Aspekte der Gig-Economy bei Seite, hat Uber in diesem ganz konkreten Fall den Fahrer animiert oder motiviert, in San Francisco statt in Sacramento zu arbeiten? Oder hat er das fĂĽr sich beschlossen, weil es vielleicht in San Francisco mehr Arbeit gibt?

Ich könnte mir gut vorstellen, dass dieser Fall noch einige Zeit die Gerichte beschäftigen und für Uber und Co ganz fundamental wichtig sein wird - genau so wie dann möglicherweise auch für die Gig-Worker.

Wenn es keine gesetzliche Regulierung gäbe, bin ich mir ja recht sicher, dass beispielsweise der Weg zur Arbeit bei uns auch noch als Freizeit angesehen würde.

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Nochmal eine andere Perspektive sind die anderen Forderungen.

Mit welchem Recht will MIT Technology Review die FahrtenbĂĽcher von diesem Fahrer einsehen? Aber hallo ist das eine Frage des Datenschutzes, jedenfalls aus meiner deutschen Perspektive.

Und 4 Millionen Dollar Soforthilfe: Wie lange hätte der Fahrer für Uber fahren müssen, um das zu verdienen? Die Forderungen im amerikanischen Rechtssystem scheinen mir manchmal, gelinde gesagt, etwas fantasievoll zu sein.

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