Vorweg: Ich bin Arzt mit einigen Jahren Intensiverfahrung und Kenntnis von Beatmungstherapie.
Leider wird von vielen im Rahmen solcher Diskussionen nicht verstanden, dass es bei der Beatmung von Patienten mit respiratorischer Insuffizienz im Rahmen einer viralen Pneumonie und ggf. ARDS, ein einfaches Hineinpumpen von Luft in die Lunge des Pat. nicht ausreichend ist.
Atmung und Gasaustausch in der Lunge beinhalten drei verschiedene VorgÀnge:
1. Ventilation. Der mechanisch Akt von Ein- und Ausatmen
2. Perfusion. Die Durchblutung des Lungengewebes.
3. Diffusion. Der Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid (weitere Gase vernachlĂ€ssigen wir hier mal) durch die Alveolar- und GefĂ€Ăwand.
Wenn ein Pat. nur ein Problem mit der Ventilation hĂ€tte, also eine LĂ€hmung der Atemmuskulatur oder ein Ausfall des Atemantriebs, dann wĂŒrde ein relativ schlichtes BeatmungsgerĂ€t mit einem einfachen Beatmungsmodus wie z.B. IPPV ausreichen. Allerdings mĂŒsste der Pat. dann sediert sein, denn von so einer "Campingluftpumpe" im festen Rhythmus beatmet zu werden, ist im wachen Zustand nicht tolerabel.
Und damit beginnen die Probleme: Man versucht Beatmungspatienten möglichst wenig zu sedieren und sie im eigenen Rhythmus atmen zu lassen, damit sie spĂ€ter möglichst rasch wieder vom BeatmungsgerĂ€t entwöhnt werden können (sog. weaning). Es nutzt nĂ€mlich wenig, wenn man Menschen ĂŒber Wochen beatmen muss und sie dann ĂŒber Monate in Weaningzentren entwöhnt werden mĂŒssen. FĂŒr die Beatmung teils wacher Pat. braucht man dann aber einen moderneren Beatmungsmodus wie z.B. BiPAP. Dies erhöht jedoch die Anforderungen an das BeatmungsgerĂ€t.
Bei respiratorischer Insuffizienz bei Covid-19 haben wir jedoch das Problem der Ventilation nicht als primĂ€res Problem, sondern nur als sekundĂ€res, wenn sich die Atemmuskulatur der Pat. aufgrund rascheren Atmens erschöpft. Das primĂ€re Problem ist dann die Behinderung der Diffusion durch entzĂŒndliche Prozesse im Lungengewebe sowie eine Störung der Perfusion einzelner Areale. Die entzĂŒndlichen Prozesse im Lungengewebe fĂŒhren dazu, dass das Lungengewebe empfindlicher und verletzlicher wird.
Solche Pat. benötigen ein BeatmungsgerĂ€t, mit dem eine sog. lungenprotektive Beatmung mit feiner Regulation der DrĂŒcke in den Atemwegen sowie sehr genauer Steuerung des Tidalvolumens möglich ist, das ganze dann noch kombiniert mit Beatmungsmodi wie APRV und BiPAP und ggf. einigen noch moderneren Verfahren. Einfache BeatmungsgerĂ€te wĂŒrden ganz rasch schwere LungenschĂ€den erzeugen, an denen die Pat. versterben können. Bei besonders schweren FĂ€llen von ARDS ist oftmals eine Beatmung alleine nicht mehr ausreichend und eine ECMO (Extra Corporal Menbrane Oxygenation), also der Einsatz einer "Herz-Lungen-Maschine" nötig, weil die Lunge so schonend beatmet werden muss, dass man nicht mehr genĂŒgend Sauerstoff ins Blut kriegen wĂŒrde, trotz Beatmung mit 100% Sauerstoff.
Man könnte jetzt hier noch stundenlang weiter Probleme aufzĂ€hlen. So z.B. die Entwicklung der Software, die so ein GerĂ€t steuert. Solche Software ist mit dem MCAS einer 737 MAX8 gut zu vergleichen. Und wir sehen seit 12 Monaten, was fĂŒr Probleme eine Firma wie Boeing damit hat. Es reicht nicht, einfach mal schnell ein paar tausend Zeilen Code hinzurotzen, da muss eingehend getestet werden.
Hier werden vermutlich gleich wieder Todschlagsargumente wie "besser eine schlechte Lösung als gar keine" oder "wenn es deine Mutter wĂ€re ..." kommen, die absolut keinerlei faktischen Wert haben, sondern nur versuchen, auf emotionaler Basis zu punkten. Ich weiĂ, liebe Leute, dass ihr Angst habt um euch oder eure Lieben. Das Ă€ndert jedoch nichts an der Tatsache, dass brauchbare BeatmungsgerĂ€te nicht einfach mal schnell konstruiert werden können. Dazu ist die grundlegende Problematik viel zu komplex. Von Dingen wie Zertifizierung und Haftungsfragen fange ich da erst mal gar nicht an.