Ich hätte gerne ein Hass- und Hetze-Forum. Ernsthaft jetzt. Also ein Forum, in dem es zum guten Ton gehört, einen schlechten Ton zu haben. Freilich ohne irgendwas Justiziables (versteht sich von selbst), aber dafür einen Disclaimer, in jenem Forum seien die User dazu angehalten, in aller Regel negativ zu sein.
Warum? Nicht, weil ich mehr Leute will, die sich verletzt fühlen, sondern im Gegenteil:
(1) Ich liebäugele seit geraumer Zeit mit der These, dass die Verletztheit bloß ein Auseinanderklaffen von Ansprüchen und Erwartungen ist (um es jetzt mal in der merkwürdigen Terminologie der relativen Deprivation auszudrücken), dass also Leute, die davon ausgehen, in jenem Forum gehe es harscher zu, das nicht so krumm nehmen werden wie Leute, die meinen, alles müsse sich nett verhalten.
(2) Dazu ist das edukativ sinnvoll, zugunsten eines möglichst gewieften Angehens anderer Nutzer (eines, dass eben auf einer Metaebene befriedigt, weil der Anwurf oder Angang so gekonnt ist, und nicht darüber, diesen womöglich Schmerz zuzufügen). Ein solches Paradigma ließe sich über derlei Forum imho realisieren (bräuchte allerdings am Anfang ein wenig Betreuung und »Liebe«).
(3) Darüber hinaus mag dies womöglich die sachliche Auseinandersetzung in anderen Foren erleichtern, als eine Art Ventil: »Komm, lass vor die Tür… Quatsch, ins Hass- und Hetze-Forum gehen!«
Sofern dort die Gepflogenheit Einzug halten würde, andere (pseudonyme, das halte ich für wichtig) User gewitzt anzugehen, könnte es konstruktiv den Ton für einen kritischen Umgang möglichst verletzungsfrei setzen helfen, anstatt -- wie derzeit überall -- eine Art Last-resort:-insult-Mentalität heraufzubeschwören, die imho nur für eine Verhärtung sorgt.
Klingt paradox? Mag sein, für mich aber nicht.
Experimentell? Klar.
Missverständlich, bei dem Namen? Klar (aber irgendwann muss man Hass mal wieder besser belegen, derzeit wird das ja fast schon mit Schwerkrimininalität gleichgesetzt).
Aber imho intelligenter als der ganze Rest an Ansätzen, der Verletzung via soziale Medien beizukommen. Und allemal besser als eine »Trollwiese«. Zudem sehne ich mich nach Moderationen herbei wie »Dein Beitrag wurde gelöscht, Du hast nicht stilvoll genug 'beleidigt'«, hihi.
Herrje, es gibt Restaurants, die sind genau deshalb überlaufen, weil die Bedienungen da angehalten sind, immer mürrisch und schlechtgelaunt zu sein. Solange das jeder der Gäste weiß, ist das eher ein Magnet und in Bahnen leitend als zum Exzess verleitend. Das Wesentlichste ist, dass eben nicht jeder gleich alles persönlich nimmt. Denn dann ist nichts mehr zu retten…
Saludos aus dem Jahr 21!