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Avatar von Holger Voss

mehr als 1000 Beiträge seit 07.01.2000

traurig, dass etwas so Offensichtliches so lange bestritten wird

IP-Adressen werden (nicht nur in Deutschland) seit vielen Jahren regelmäßig benutzt, um Personen zu identifizieren, die im Internet irgendwas getan haben ... oder getan haben sollen ... oder jemanden kennen, der/die über den eigenen Internetanschluss etwas getan hat ... oder getan haben soll.

Das war schon im Jahr 2002 nichts Neues, als das Amtsgericht Münster mich wegen einer sarkastischen, antimilitaristischen Äußerung verurteilen wollte ("Billigung von Straftaten"). Damals wurde bei Heise (ich hatte meinen Text hier im Forum veröffentlicht) die verwendete IP-Adresse abgefragt, und bei der Telekom (damals: T-Online) wurde abgefragt, wer zum fraglichen Zeitpunkt die ermittelte IP-Adresse hatte.

Dass T-Online gar nicht hätte speichern dürfen, wer zum fraglichen Zeitpunkt die IP-Adresse hatte, hat das Amtsgericht nicht interessiert. Die haben lieber einen Kriegsgegner im Heise-Forum verfolgt, als die massiven Datenschutz-Verstöße der T-Online.

Die IP-Adresse hat dazu geführt, dass ich als Autor bestätigt werden konnte. Damit konnte (und kann) eine IP-Adresse genau das, was ein personenbezogenes Datum ausmacht: Sie kann auf eine Person bezogen werden. - Völlig absurd, dass heute, 15 Jahre später, immer noch angezweifelt wird, ob IP-Adressen personenbezogene Daten sind.

Ich wurde freigesprochen und konnte in einem eigenen Verfahren gegen T-Online durchsetzen, dass der Provider die Zuordung von IP-Adressen zu meiner Person nicht mehr wie gewohnt monatelang speichern durfte, sondern unverzüglich löschen musste. IP-Adressen hatten (und haben) einen Personenbezug, und das wollte ich ändern. Konnte ich aber leider nur für mich ändern. Es kam dann die Vorratsdatenspeicherung (2008), die wurde 2010 für verfassungswidrig erklärt. Es kam die zweite Vorratsdatenspeicherung (2015/2017), auch die wird wohl für verfassungswidrig erklärt werden.

Es ist immer wieder absurd, dass viele Hardliner in Politik, Justiz und Medien immer noch anzweifeln, dass IP-Adressen personenbezogene Daten sind.

Es ist traurig, dass 15 Jahre später noch immer als umstritten gilt, was doch völlig klar auf der Hand liegt: IP-Adressen sind personenbezogene Daten. Sie werden allein in Deutschland jedes Jahr zig tausend Male benutzt, um einen Personenbezug herzustellen.

Wenn Webhoster speichern dürfen, mit welchen IP-Adressen wann ihre Webseiten besucht wurden, und wenn staatliche Stellen auf diese Daten zugreifen dürfen, dann haben wir einen Überwachungsstaat. Dann lässt sich auch nachträglich ermitteln, wer wann online welchen Artikel gelesen hat, welche Mail geschrieben hat, welches Video gesehen hat, welche Wegbeschreibung gesucht hat, zu welchem Thema recherchiert hat, nach welchen Gesundheitsthemen gegoogelt hat und sich für welche sexuellen Vorlieben interessiert hat.

Mein herzlicher Dank an Patrick Breyer, der mit viel Geduld, präzisen Formulierungen, beeindruckender Sachkenntnis und einer sehr angenehmen persönlichen Art seit vielen Jahren dafür streitet, dass die Macht des Staates über die Menschen nicht noch mehr ausartet.

Chapeau, Patrick!

Viele Grüße

Holger

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