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  • goebelmasse

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Statement eines ehemaligen Firefox-Nutzers – Cyberkrieg angenommen!

CliqzPR schrieb am 08.10.2017 10:28:

ich bin Thomas und kümmere mich bei Cliqz um die PR.

Sie haben einen Vornamen und sind fürs gewerbsmäßige Lügen, Menschenmanipulieren und Irreführen in Brot und Auftrag eines Unternehmens zuständig, das sich Teile seines Marketings von der Internetkriminalität abgeschaut hat. Letzteres ist ekelhaft und würde mich mit Scham erfüllen.

Dass hier mit so viel Leidenschaft diskutiert wird zeigt, wie eng viele von euch mit Firefox und den Werten von Mozilla verbunden sind. Das sind wir auch.

Wertbegriffe bekommen einen eher wertneutral beflissenen (oder deutlicher gesagt: einen beschissenen) Charakter, wenns um Geld geht.

Wir glauben, einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung des Internet beitragen zu können.

Kim Jong Un glaubt mutmaßlich auch, einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der menschlichen Zivilisation leisten zu können. Gut, das war zugegebenermaßen übertrieben polemisch. Aber was ist schon ein bisschen Polemik verglichen mit dem Geschäft mit klandestin installierter Schadsoftware und in Kooperation mit Mozilla verbreiteter Addon-Spam? Harmlos und lustig ist sie, während einem die Tatsachen nicht mehr viel zu Lachen lassen.

Mit einer neuen Art der Web-Suche, absolut kompromisslosem Datenschutz, aktivem Schutz vor Trackern und Transparenz durch Open Source. Mit einer Alternative zu marktbeherrschenden Angeboten leisten wir einen Beitrag zu einem offenen Internet.

Bei Verlagen, die in den Genuss des Listenprivileges gekommen sind und ohne Zustimmung der Betroffenen Daten handeln dürfen, glaube ich nicht an Datenschutz. Dieser Unglaube beruht auf sehr unerfreulichen Erfahrungen, die älter als das Web sind und auch im Webzeitalter nicht aufhörten.

Der Ersatz einer persönlich für einen Zweck ausgewählten Web-Suchmaschine durch ein intransparentes Suchdingens eines von Werbeplatzvermarktung lebenden Verlages ist das genaue Gegenteil von Offenheit.

Hier ein paar Entgegnungen zu den häufigsten Bedenken:

Ich habe keine »Bedenken«. Mir wurde von ihrem Arbeitgeber der Cyberkrieg erklärt, indem mir eine unerwünschte Schadsoftware auf dem Computer installiert werden soll. Diesen Krieg werde ich aufnehmen. Ich werde ihn mit allen meinen Möglichkeiten, Fähigkeiten und Erfahrungen kämpfen, weil er direkt in mein Leben hineinragt. Ich bin nicht der einzige.

Damit stellen wir uns der Monopolisierung von Daten durch Google uns Co. entgegen, die wir für eine der größten Gefahren für das offene Internet halten.

Ich mag Google auch nicht und nutze Google kaum noch – diese Möglichkeit zu haben ist übrigens der Vorteil von Offenheit und Freiheit. Aber ich bin froh darüber, dass das Oligopol der großen Contentunternehmen durchbrochen ist und hoffe, dass es niemals zurück kommt. Es ist schön, den Anfang vom Ende einer Presse zu erleben, die sich seit ihrem Bestehen in den Dienst jeder schlechten Sache gestellt hat.

In dem Experiment ist die Cliqz-Schnellsuchmaschine (aka Empfehlungsfunktion) und Human Web in Firefox standardmäßig angeschaltet. Firefox-Nutzer können Cliqz und Human Web einfach deaktivieren (Opt-Out). Opt-Out ist die im Zusammenspiel von Suchmaschinen und Browsern übliche, lange bewährte Vorgehensweise.

Opt-in wäre die einzig diskutable – von »akzeptabel« ist noch nicht die Rede – Vorgehensweise, die sich vom Vorgehen eines gewöhnlichen Kriminellen mit seiner trojanischen Schadsoftware unterscheidet. Out-out nebst klammheimlicher Installation, die für weniger informierte Leser nur wie ein »Oh, Firefox hat eine neue Suche in der Adressleiste« aussieht, ist ungefähr so bewährt wie eine Ohrfeige und eine Erklärung des Cyberkrieges an die davon betroffenen Menschen.

3.) Ja, Cliqz ist eine Mehrheitsbeteiligung Burda und ja, Cliqz möchte auf lange Sicht Geld verdienen. Ein weiterer Investor ist Mozilla. Wir arbeiten eng mit dem Firefox-Team zusammen und die schauen uns auch auf die Finger.

Das wusste ich schon. Jeder Leser hier wusste das schon.

Was so mancher Leser vielleicht nicht ganz so präsent hat: Burda hat an der in den Dunkelkammern des Reichstages lobbyistisch durchgesetzten »Depublizierungspflicht« für Inhalte des ÖR-Rundfunks und am Interneterwürgungsversuch durch das »Leistungsschutzrecht für Presseverleger« mitgewirkt. (Letzterer hat mich zwei persönlich bedeutsame Webprojekte gekostet, die nicht mehr rechtssicher weiterzuführen waren.) Das ist genau der Hintergrund, der keinerlei Vertrauen schafft und der den von Burda einseitig gegen jeden Firefox-Nutzer begonnenen Cyberkrieg noch schärfer machen wird. Das Maß der Gnade in den Reaktionen wird sich am erlebten Maß der Gnade der Reagierenden orientieren. Nach einem Opt-in Burdas wird genau so wenig gefragt werden, wie nach einem Opt-in der betroffenen Firefox-Nutzer gefragt wurde.

(…) die Nutzern einen echten Mehrwert bieten.

Wenn man etwas davon hätte, müsste es nicht in dieser Form »untergejubelt« werden, sondern würbe für sich selbst. Unvergessen übrigens, wie dieses angebliche »Mehrwert«-Dingens namens »Cliqz« als klandestine Zusatzinstallation bei unseriösen Download-Anbietern wie chip.de (Die Chip-Holding gehört vollständig dem Burda-Verlag) ausgeliefert wurde. Ich habe es bestimmt in den letzten Jahren hundert Mal bei hilflosen Anwendern mit geringen technischen Kenntnissen aus dem Firefox entfernt. Wer nach sicherlich sorgfältiger kaufmännischer Erwägung solche Vergewohltätigungen nötig hat, soll niemanden im »Ihr-wollt-das-doch-auch«-Tone etwas vom Mehrwert vorlügen.

Siehe als einfaches Beispiel für erfolgreiche Addons, die dem Nutzer wirklichen Mehrwert bieten und deshalb derartigen Cyberkriegs-Marketings nicht bedürfen: Adblocker. Ein echter Segen für das Web.

Ich hoffe, damit und mit den verlinkten Zusatzinfos (bitte unbedingt lesen) sind die wichtigsten Fragen geklärt.

Ich hoffe, mit meiner kurz gefassten Erwiderung sind die wichtigsten Fragen geklärt.

Frieden wäre mir lieber gewesen. Ich habe besseres mit meiner beschränkten Lebenszeit anzufangen, als sinnlose Kämpfe zu kämpfen, die mir von Ihresgleichen aufgezwungen werden.

Aber Frieden ist nicht gewollt. Von ihrer Seite nicht gewollt. Wundern sie sich nicht über die Reaktionen.

Nach Diktat verreist.

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