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Avatar von ArchimedesMP
  • ArchimedesMP

459 Beiträge seit 11.03.2008

Rechnen wir doch mal schnell...

Sehe ich kritisch. 18 bis 25 USD (16,06 bis 22,32 Euro) klingen zwar erstmal gut, aber rechnen wir doch mal ein wenig.

tl;dr: 1200 bis 1800 Euro nach Ausgaben + Abzügen bei 8h/Tag und maximaler Auslastung [und vorhandenem Auto].
Wird aber schnell weniger wenn es zu wenig Pakete gibt und man die Auslastung nicht mehr erreicht.

Die volle Milchmädchenrechung/Abschätzung:

Wenn ich innerorts fahre, komme ich im Schnitt auf 35km/h (ohne dabei anzuhalten um Pakete zuzustellen). Mit dem Auto bewegen tut man sich... hm... sagen wir 2/3 der Zeit.
Macht eine zurückgelegte Distanz von 35km/h * (2/3)h = 23,33km, gerundet auf 25km.
Im ländlichen Bereich wird man aber definitiv weiter fahren -> der Verdienst schrumpft!

Jahresfahrleistung bei 8h pro Tag und 228 Arbeitstagen sind dann etwa 45000km (für Amazon).

Laut Autokostencheck kommt man bei meinem Volvo S60 mit den Parametern auf etwa 19c/km. Ein VW Polo Diesel sogar <10c/km.
Da sind Verbrauch, Versicherung, Steuer und Wartung mit drin.
Da der Verbrauch im Stop&Go aber sehr hoch geht und etwa 66% der Kosten ausmacht, rechne ich die Werte * 1,5.

Macht also kosten pro Stunde für den Wagen von 15 bis 30c/km, oder bei 25km pro Stunde verliert man damit 3,75 bis 7,5 Euro.
Weil vermutlich keiner so doof ist mit (m)einer 170PS Spritschleuder Zustellung machen zu wollen, rechnen wir mal mit 4 Euro weiter.

Was geht noch ab vom Verdienst? Steuern.
Wir sind jetzt bei 12 bis 18 Euro pro Stunde (Ausgaben fürs Fahrzeug sollten ja Absetzbar sein und können deswegen - für eine Abschätzung - einfach raus gerechnet werden).
Vollzeit (8h pro Tag, 152h pro Monat) macht das 1800 bis 2700 Euro Netto im Monat.
Ist man 26 Jahre, keine Kinder, kommt man nach Abzügen auf ca. 1200 bis 1750 Euro im Monat.

Natürlich hat man sich dann noch kein Auto gekauft. Sagen wir, der Wagen kostet 12000 Euro. Bei 0% Finanzierung und 200 Euro Abzahlung im Monat sind das dann 5 Jahre, in denen man weniger Geld zur Verfügung (dafür aber auch weniger Steuern zahlt).
Minimiert man das etwas und kauft sich eine Schrottkarre für 2000 Euro (dann aber eher nicht 0%), so ist man nach etwa einem Jahr Schuldenfrei.

Einige Dinge sind dabei noch nicht beachtet:
1. Wenn man eh schon für Amazon fährt, kann man auch gleich für Hermes fahren.
=> Eventuell mehr Asche, prima.

2. Wenn das Auto in der Werkstatt ist, braucht man einen Ersatzwagen, sonst bekommt man garkein Geld.
=> Am besten wohl ein Zweitwagen, der kostet aber leider Geld. Bei Doppelversicherung wenn man immer nur einen der beiden Wagen bewegt (geht das mittlerweile?) mindestens mal TÜV und zeitabhänginge Wartungen.

3. Wie oben geschrieben, ich fahre 35km/h in der Stadt. Auf dem Land muss man schnell weiter fahren. Da lohnt es sich sehr schnell überhaupt nicht mehr.

und hier liegt das größte Problem:
4. Sobald gerade nichts ausgeliefert werden muss, bekommt man auch kein Geld.
=> Wer also mit 8h wie oben rechnet, aber auf einmal im Schnitt nur 4h Fahren kann, hat schnell ein ziemliches Problem, weil 50% der Einnahmen einfach weg sind.

Die 1200 bis 1800 Euro klingen zwar erstmal akzeptabel, aber sobald man weiter Fahren muss oder die Auslastung runter geht, wird es sehr schnell weniger.

Mein persönliches Fazit:
Für Menschen, die eine schlechte Zeit überbrücken müssen und sowieso schon ein Auto haben, kann das durchaus interessant sein. Vor allem, wenn man auch für Hermes arbeitet (gleichzeitig ist natürlich am Besten, aber man kann ja auch 2h Hermes und 2h Amazon machen).
Um davon zu Leben ist es aber viel zu unsicher (wie vermutlich jede Anstellung* als Arbeiter bei Amazon).
Ich wöllte das jedenfalls nicht machen,...

*) jaja, das ist etwas abstrahiert, weil das - zumindest in den USA - ja keine Anstellung ist. In Deutschland ist das ohne weiteres aber nicht möglich. Stichwort Scheinselbstständigkeit.

P.S.: Die 50 Euro p.M. für die Handyflatrate + aktuelles Handy bezahlt doch eh jeder Deutsche Depp, die rechne ich deswegen mal nicht mit rein.

P.S. (2): Hab ich eben woanders im Forum geschrieben, sollte hier aber wohl besser auch drunter:

Und noch kurz meine Wertung, dass das ja niemand falsch versteht:
Amazon wältzt hier unternehmerisches Risiko auf "freie Angestellte" ab. Aber Menschen, die diese Arbeit machen, werden häufig keine andere Wahl haben. Und insbesondere haben sie keine gigantischen Rückstellungen für schlechte Zeiten (=nicht genug Bestellungen in der Gegend) wie ihr Auftraggeber Amazon. Und können mit diese mit dem Lohn auch nicht aufbauen.

Wenn prekäre Beschäftigungsverhältnisse an Universitäten doof und Zeitarbeit scheiße ist, dann ist das, was Amazon hier macht, unter aller Sau. Mal wieder.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (29.09.2015 18:55).

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