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mehr als 1000 Beiträge seit 08.01.2004

"Nazi"-Schreireflex

+++ FT: Brünette werden polizeilich erfasst +++

Wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel auf seinem Web-Ableger Spiegel
Online meldet, sollen die von den Polizeibehörden in Bayern,
Nordrhein-Westfalen und Thüringen genutzen Informationssysteme "IGVP"
und "PVP" eine Registrierungsmöglichkeit für alle in Straf- und
Ermittlungsverfahren verwickelten Personen als Brünette vorsehen.
Brünette werden als Tätergruppe klassifiziert, ihre Aufenthaltsorte
als mögliche Tatorte -- obwohl der so genannte Brünettenparagraph
bereits 1945 ersatzlos gestrichen wurde.

Politischer Widerstand etwa seitens des Grünen-Abgeordneten im
Bundestag Volker Beck, der die Parallelen zum so genannten Lebensborn
im Dritten Reich anmahnt, in dem blonde und blauäugige
"Herrenmenschen" gezüchtet werden sollten, wie auch Bedenken seitens
Bettina Sokol, der Datenschutzbeauftgaten Nordhein-Westfalens,
scheinen indes nicht auf taube Ohren zu stoßen. So soll ein Sprecher
des Innenministeriums von Thüringen bereits Überarbeitungsbedarf
eingestanden und die kritisierten Funktionen der Software - Speichern
von Haar-, Haut- und Augenfarbe der Betroffenen, des Weiteren
Körpergröße, Masse, Alter/Geburtsdatum, Nationalität, Wohnort, Beruf
und Geschlecht - als "historisch überholt" bezeichnet haben.

+++ Ende FT +++

Also jetzt mal halblang - die Polizei speichert bei Straftätern und
Verdächtigen die sexuelle Präferenz. Ein durchaus nicht unwichtiges
Merkmal bei der Verbrechensaufklärung, denn viele homosexuelle Männer
tummeln sich nun mal in einer abgeschlossenen Gemeinschaft, dem
sogennanten "Schwulenmilieu" (auch wenn ich den Begriff persönlich
schrecklich finde).

Sie gehen in Schwulenbars, verkehren (no pun intended) mit anderen
Schwulen, und es finden eben auch - wie in jeder anderen
Bevölkerungsgruppe - in dieser Szene Straftaten statt. Wer Beispiele
braucht, soll sich nur einmal an die prominenten schwulen Mordopfer
Walter Sedlmayr und Rudolph Moshammer erinnern, der eine wurde wegen
eines Streits um die Bezahlung homosexueller Dienstleistungen
stranguliert, beim anderen (Sedlmayr) gibt es viele Spekulationen,
dass sein Tod mit seiner Homosexualität zusammenhing, auch wenn bis
heute nichts feststeht.

So wie anderswo Straftaten in türkischen oder (v.a. in den USA)
schwarzen Kreisen stattfinden, und daher eine Zuordnung Täter-Opfer
über die Mitgliedschaft in solchen "Parallelgesellschaften"* sinnvoll
ist.

*) Ich persönlich glaube nicht, dass es überhaupt "Die Gesellschaft"
gibt, somit besteht die ganze Welt aus zahllosen mehr oder minder
parallel voneinander existierenden Gesellschaften.

Daraus auf generellen Schwulenhass bei der Exekutive der
entsprechenden Bundesländer zu schließen, und Parallelen zum 3. Reich
aufzustellen, ist total überzogen, und lachhaft.

Sicher kann man darüber diskutieren, ob diese Einordnung überhaupt
sinnvoll ist, und ob der Datenschutz und die Persönlichkeitsrechte
der Betroffenen nicht am Ende wichtiger sind, als der mögliche Nutzen
aus der Klassifizierung mutmasslicher und bekannter Täter nach
sexueller Präferenz. Aber das soll doch bitte sachlich passieren, und
ohne das politische Gegenüber gleich als Nazi zu diffamieren. Denn 
das unsachliche Anschwärzen und Beschimpfen Andersdenkender war AUCH
eine hässliche Tradition des 3. Reichs. Diese Art der
Auseinandersetzung ist einer demokratischen Diskussion unwürdig, und
ich bitte inständig um etwas mehr Bodenhaftung.

Gruß,
Wiki-Nger
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