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  • Phil oSoph

mehr als 1000 Beiträge seit 25.02.2004

Das Usenert hat sich überlebt. Doch die Foren haben ein Problem

Das Usenet passt leider nicht mehr in die heutige Zeit. Es fordert
zuviel technisches Verständnis vom Nutzer. Ein Verständnis, das heute
die Masse nicht mehr hat. Damals tummelten sich viele, die
grundlegendes Wissen über die Technik und Programme hatten, im
Internet. Der liebevoll mit dem Kosenamen "DAU" umschriebene
"AOL-User" war die Ausnahme. So, wie vor 30 Jahren die meisten
Autofahrer die wichtigsten Reparaturen selbst ausführen konnten,
konnte der größter Teil der Surfer ihren Rechner gut bedienen. 

Heute besteht der größte Teil der Anwender aus Laien, die sich mit
den technischen Details nicht mehr auseinandersetzen wollen. So, wie
sie die Glühbirne im Auto durch die Werkstatt ersetzen lassen, wollen
sie die technischen Geräte einfach nur noch benutzen und sich nicht
mehr mit dem System herumplagen. Übrigens der Hautpgrund für den
Erfolg Apples und namentlich der iPods und des iPhones, IMHO. Um das
Usenet am Leben zu halten, bedarf es einfach zu benutzende
Newsreader, vernünftig strukturiert und nicht funktionell überlastet.
Mit selbstlernenden Filtern, die nahezu automatisch lernen, wie
Beiträge zu bewerten und entsprechend zu filtern sind (Scoring und
Ignorelisten). Die Spam erkennen und ausblenden. Gab es damals einige
wenige DAU, so gibt es heutre iPhone -- in Scharen, und sie werden
mehr.

Aber auch das führte zum Verlust der Attraktivität von Newsgroups:
unzeitgemäße Regularien bzw. Menschen, die Empfehlungen für Gesetze
hielten und unerfahrene Nutzer vor den Kopf stießen. Damals(tm), als
das Internet noch überschaubar und der Zugang teuer war (es sei denn,
man war Student, was sich sicherlich auch auf das Verhältnis der
fortgeschrittenen Anwender zum DAU ausiwrkte), war die Schar der
Anwender relativ homogen und überschaubar. Es war überhaupt kein
Problem, mit seinem echten Namen zu schreiben. Heute gibt es immer
mehr Firmen und Headhunter, die zumindest ab einer bestimmten
Position mehr oder weniger öffentlich zugängliche Informationen über
den Bewerber (oder unliebsamen Mitarbeiter) besorgen. Und meinem Chef
geht es überhaupt nichts an, ob ich gerne Angel oder Verabredung auf
Parkplätzen bevorzuge. Der Focus im Usenet muss auf dem Zweck dessen
und nicht auf den RFC oder Regeln liegen. Das hat nichts mit Anarchie
zu tun, sondern der Notwendigkeit jeder Regel und jedes Gesetzes, den
aktuellen gesellschaftlichen und rechtlichen Erfordernissen
anzupassen.

Schade, dass es soweit gekommen ist. Ich selbst habe vor gut 2 Jahren
eine Newsgroup, in der ich früher aktiv war, besucht. Sie ist
mittlerweile unbenutzbar. Zumindest für Besucher. Es überwog der
Spam, unterbrochen von Beschimpfungen untereinander. Die Zeit, einen
vernünftigen Dialog zu finden stand in keinem Verhältnis um Ergebnis.

Foren haben, aus meiner Sicht, 2 große Nachteile gegenüber dem
Usenet. Zum einen habe ich keinen zentralen Anlaufpunkt, wo ich die
aktuellen Threads zu einem Thema aus unterschiedlichen Quellen
schnell und effizient aufrufen kann. Zum anderen, und das ist viel
schwerwiegender, steht den Foren die Zensur weit offen. Im Usenet ist
eine Zensur, mangels Moderation, schlichtweg nicht möglich. Insofern
passt natürlich, dass die Foren sich weiter ausbreiten und die
Newsgroups sterben, zur heutigen Zeit, zur heutigen Gesellschaft.

Phil o'Soph, ehemaliger C=64 Besitzer, MS-Dos 6.02 Anwender und
Turbo-Pascal-Programmierer -- iMac Besitzer, latenter iPhoner.
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