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  • andreas.c.hofmann, Andreas C. Hofmann

5 Beiträge seit 09.01.2018

#dsgvo Hochschule erwägt wegen Datenschutz Vernichtung von Abschlussarbeiten

Mit Entsetzen berichtete mir kürzlich ein befreundeter Hochschullehrer aus einem naturwissenschaftlichen Fach über die neueste Datenschutzposse, in diesem Fall an seiner Hochschule. Es werde von verschiedenen beteiligten Stellen (Fakultät, Bibliothek, Archiv) nunmehr erwogen, sämtliche Abschlussarbeiten nur noch so lange aufzubewahren, bis die Anfechtungsfrist für die Prüfungen abgelaufen sei. Für eine längere Archivierung bestünde keine Rechtsgrundlage und somit eine Löschpflicht im Sinne der Datschutz-Grundverordnung. Ältere Abschlussarbeiten müssten vernichtet werden, wenn nicht eine Einverständniserklärung der Verfasser erlangt werden könne.

Ich habe bereits an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass ich die Datenschutz-Grundverordnung für ein entweder mutwillig verpfuschtes oder böswillig konzipiertes Konstrukt halte. Historiker werden sich irgendwann daran erinnern, dass das Jahr 2018 einen Einschnitt für die Geschichtsschreibung bedeutete. Einen Einschnitt, da nur noch die Quellen überliefert werden, für deren Bewahrung auch eine Rechtsgrundlage besteht. Was eine solche 'gesetzes- und datenschutzkonforme' oder besser 'gesetzes- und datenschutzgesteuerte' Geschichtsschreibung bedeuten wird, ist heute noch nicht abzusehen. Wird als Quelle zukünftig nur noch übrigbleiben, was Einzelpersonen freigeben?

Wollen wir in einer Gesellschaft leben, in der wir über unsere Vergangenheit bald nur noch wissen, was als "berechtigtes Interesse" im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO anerkannt wird. Wollen wir weiter lamentieren, dass unsere Gesellschaft immer anonymer, um nicht zu sagen dissoziierter wird, wenn wir auf der anderen Seite Vereinen und Gemeinden in Paranoia versetzen, wenn Sie Bürgern und Mitgliedern ohne "berechtigtes Interesse" zum Geburtstag gratulieren. Wollen wir uns um unseren Nachbarn kümmern, wenn wir dabei Angst haben müssen, gegen den 'Ungeist' der DSGVO zu verstoßen? Ich sage ganz klar: Die DSGVO schützt den Datenschutz, nicht die Daten und erst recht nicht die Bürger!

#datenschutzunrecht

Links:
https://www.einsichten-online.de/2018/05/9322
https://www.einsichten-online.de/2018/09/9596/

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