Kalender statt Barrikaden: Der Protestonaut-Kalender 2017
Sollen Kalender immer nur Schönes zeigen? Die Fotografin Sophia Hauk ist nicht dieser Ansicht. Ihr Protestonaut-Kalender will zu Diskussionen anregen.
- Andreas Th. Fischer
Nach und nach stellen Verlage und kleinere Anbieter ihre neuen Kalender für 2017 vor. Eher ungewöhnlich ist dabei der Protestonaut-Kalender mit Arbeiten der Fotografin Sophia Hauk (geb. Lukasch). In diesem Jahr stehen die „Auswirkungen der in vielen Ländern Europas vorherrschenden Kürzungspolitik” im Zentrum ihres Kalenders. Die beiden früheren Ausgaben beschäftigten sich mit den Gründen und Folgen der Migration und Themen wie Armut, Freihandelsabkommen und Datenschutz.
In allen Motiven taucht ein Astronaut auf, den die Kalendermacher „Protestonaut“ nennen. Der Raumfahrer in seinem weißen Schutzanzug soll Distanz schaffen und doch auch gleichzeitig für Nähe zum Objekt sorgen. "Im All haben Astronauten einen außergewöhnlichen Blick auf die Erde und schweben über Problemen des blauen Planeten. Im Kostüm könnte jeder stecken", beschreibt Hauk ihre Arbeit.
Extremismus im Aufwind
In diesem Jahr will sie die Auswirkungen der sogenannten Austeritätspolitik auf Griechenland zeigen. Auf einer Recherchereise habe sie zusammen mit dem Diplom-Politologen Alexander Hauk mit vielen Menschen gesprochen. Dabei sei ihnen klar geworden, dass die Sparpolitik "wie ein Beschleuniger auf das Auseinanderdriften der europäischen Staaten" wirke und zu den Ursachen zähle, warum sich der Extremismus in Europa im Aufwind befinde. Längst gehe es nicht mehr nur um Griechenland. Sophia Hauk "Die Austeritätspolitik und die damit verbundenen jahrelangen Entbehrungen haben Griechenland nicht gerettet."
Mit dem Kalender wollen die beiden Hauks "zur Diskussion mit Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen einladen". Die wichtigste Herausforderung bei der Produktion sei gewesen, „ernste Themen so umzusetzen, dass wir sie in einem Wandkalender darstellen können, den sich die Menschen auch an die Wand hängen wollen”.
Vor Ort unterstützt wurden sie von der Projektmanagerin Lea Aimee und dem Journalisten Odysseas Athanasiadis. Die Aufnahmen sind in Athen, Thessaloniki, Kalandra, Kassandria (Halkidiki), Gythio (Peloponnes) und Idomeni entstanden. Sie werden ergänzt durch Texte und Zahlen aus Studien, Fachliteratur und Medien in den Sprachen Deutsch, Englisch und Griechisch.
Der Protestonaut-Kalender 2017 soll am 4. November im Verlag Hans Högel erscheinen und 18 Euro kosten (ISBN 978-3981672596). Für kommendes Jahr plant die Fotografin eine Ausstellung, in der die Bilder nochmals gezeigt werden sollen. (keh)