15 Jahre Windows Vista – nicht das Lieblings-Betriebssystem der Massen

Am Projekt Windows Vista hätte sich Microsoft fast verhoben. Verglichen mit dem Vorgänger XP und dem Nachfolger 7 kam es bei den Nutzern nicht so gut an.

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Eine Veranstaltung zum Start von Windows Vista – Werbeslogan: 'The "Wow" starts now'

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Günter Born
Inhaltsverzeichnis

Vor 15 Jahren, am 30. Januar 2007, gab Microsoft Windows Vista für Privatkunden frei. Geschäftskunden konnten das Betriebssystem bereits zum 8. November 2006 erhalten. Damit endete ein viele Jahre währendes Entwicklungsdrama, denn das schon 2001 angekündigt Windows Vista sollte bereits Ende 2003 das im Oktober 2001 veröffentlichte und überaus erfolgreiche Windows XP ablösen.

Ursache für die Verzögerungen waren für spätere Windows-Versionen (Blackcomb) geplante, aber für Windows Vista vorgezogene, neue Funktionen, deren Implementierung jedoch Probleme bereitete. Erst nachdem das Projekt um das Jahr 2004 neu aufgestellt und auf geplante Neuerungen wie die assoziative Dateiverwaltung WinFS verzichtet wurde, ließ sich die Vista-Entwicklung in einer "vernünftigen Zeitspanne" abschließen.

Unter dem Projektnamen Longhorn waren nach Schätzungen des US-Wirtschaftsmagazin BusinessWeek etwa 10.000 Angestellte fünf Jahre lang bei Microsoft an der Entwicklung des neuen Betriebssystems beteiligt. Microsoft gibt die Entwicklungskosten mit 6 Milliarden US-Dollar an, während BusinessWeek sie sogar 10 Milliarden US-Dollar schätzt.

Mit Windows Vista entwickelte Microsoft erstmals ein Betriebssystem, das vollständig dem vom Unternehmen eingeführten Security Development Lifecycle unterlag. Ab Ende August 2005 bestand für MSDN-Abonnenten und ausgewählte Beta-Tester die Möglichkeit, monatliche "Community Technical Previews" auszuprobieren. Der öffentliche Beta-Test begann am 8. Juni 2006 als sogenanntes "Customer Preview Program".

Erwähnenswert an Windows Vista ist, dass es auf Wunsch des Marketings in sieben verschiedenen Versionen verfügbar war. Sie reichten in den Consumer-Editionen von Windows Vista Starter, das lediglich für Schwellenländer verfügbar war, über Windows Vista Home Basic, das für Wachstumsmärkte und für die aufkommenden Netbooks geplant war, bis hin zu Windows Vista Home Premium. Die letztgenannte Version enthielt auch das Media Center. Für den Einsatz in Unternehmen vorgesehen waren Windows Vista Business (Zielgruppe: kleinere und mittlere Unternehmen mit Einzellizenzen) und Windows Vista Enterprise für Geschäftskunden mit Volumenlizenzen. Zudem gab es noch Windows Vista Ultimate, welches alle Funktionen der anderen Versionen vereinte.

Mit Windows Vista wurde erstmals die Funktion der Benutzerkontensteuerung (UAC) eingeführt. Diese ermöglichte Nutzern von Standardkonten für bestimmte Funktionen administrative Berechtigungen anzufordern. Diese konnten über die Benutzerkontensteuerung durch Eingabe des Passworts des ausgewählten Administratorkontos erteilt werden. Der Autor dieses Artikels hielt die Benutzerkontensteuerung für genial, ließ sich doch erstmals durchgängig unter Standard-Benutzerkonten arbeiten. Notwendige administrative Aufgaben konnte man mit der Benutzerkontensteuerung auf Anforderung erledigen.

Bei der breiten Masse der Anwenderschaft stand die Benutzerkontensteuerung aber arg in der Kritik, weil die Leute von den ständigen UAC-Abfragen genervt waren und diese Funktion vom Vorgänger Windows XP auch nicht kannten. Im späteren Windows 7 sprach die Benutzerkontensteuerung deutlich seltener an.

Windows Vista war Microsofts erstes Betriebssystem, das sowohl als 32-Bit- als auch als 64-Bit-Version verfügbar war – wobei der Großteil der Systeme aber als 32-Bit-Version mit den empfohlenen 1 GByte RAM und 40 bis 80 GByte Festplatten im Einsatz war. Zu den populärsten Neuerungen gehörten neben der Grafikschnittstelle Direct X 10.0 auch Aero Glass, eine vektorbasierte Benutzeroberfläche, die bei aktiviertem Glass-Modus Fenster mit Schatten, halbtransparenten Rahmen und Animationen ermöglichte.

Für Home-Anwender standen mit Windows Mail und der Windows-Fotogalerie sowie den Kontakten populäre Funktionen direkt im Betriebssystem zur Verfügung. Das Windows Media Center (WMC) war Bestandteil einiger Editionen und diente dem Verfolgen von TV-Programmen und dem Wiedergeben von Medien.

Weiterhin führte Microsoft die Sidebar mit den Mini-Anwendungen auf dem Desktop ein. Diese Mini-Anwendungen wurden später in Windows 7 aus Sicherheitsgründen deaktiviert, können aber als Vorläufer der heutigen Windows Apps gesehen werden. Unter Windows Vista Enterprise – und Ultimate – ließ sich der PC-Emulator Virtual PC Express verwenden, der x86-Gastbetriebssysteme virtualisieren konnte.

Unangenehmer hat der Autor in Erinnerung, dass Microsoft mit Windows Vista die bisher unter Windows XP zur Anbindung von Scannern und Kameras verwendete WIA 1.0-Schnittstelle durch WIA 2.0 ersetzte. In der Folge konnte man entsprechende Geräte nicht mehr mit den Windows XP-Treibern verwenden. Die Geräte waren Elektroschrott, wenn der Hersteller keine Treiberupdates mit WIA 2.0-Unterstützung lieferte. Für den Autor wurde dadurch ein relativ neuer und hochwertiger HP-Auflicht-Scanner mit zusätzlicher Durchlichteinheit zur Digitalisierung von Dias und Negativen mehr oder weniger unbrauchbar.

Eine Nachfrage bei den Windows-Entwicklern ergab: Microsoft hatte diese Änderung aus Sicherheitsgründen bereits für Windows Server 2003 eingeführt und auch an die Gerätehersteller weitergegeben. Im Sinne von "verkaufen und vergessen" dachten Hersteller wie HP jedoch nicht daran, die betreffenden Treiber für WIA 2.0 zu aktualisieren. Das brachte Windows Vista viel Kritik ein, da die Anforderungen ältere Hardware für dieses Betriebssystem unbrauchbar machte.

In Windows Vista wurden Updates erstmalig monatlich zum sogenannten Patchday bereitgestellt und in der Systemsteuerung über Windows Update verwaltet. Im Februar 2008 kam dann das Service Pack 1 (SP1) heraus, welches zum 29. April 2009 durch das Service Pack 2 (SP2) abgelöst wurde. Das Supportende für Windows Vista SP2 war am 11. April 2017. Nutzer von Windows Vista konnten aber auch nach dem Ende des Supports bis 2019 Updates für Windows Server 2008 von Microsoft aus dem Update Catalog installieren.

Unter dem Strich war Windows Vista sicherlich nicht das Lieblings-Betriebssystem der Massen, sondern wurde heftig kritisiert. Für Microsoft legte Vista aber die Basis für den sehr erfolgreichen Nachfolger Windows 7. Der erschien am 22. Oktober 2009 und findet in Firmenumgebungen nach wie vor Verwendung. Windows 7 erhält dabei im Rahmen des Extended Security Update Program (ESU) auch weiterhin Sicherheitsupdates bis Januar 2023.

(tiw)