25 Jahre "Counter-Strike": Von der Mod zur Weltherrschaft​

"Counter-Strike" ist eine der erfolgreichsten Mods aller Zeiten. Nicht umsonst dominierte der Ego-Shooter die LAN-Partys der Jahrtausendwende. Nun wird er 25.

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Die erste Beta von "Counter-Strike" erschien vor 25 Jahren.

(Bild: Valve)

Lesezeit: 14 Min.
Von
  • Paul Kautz
Inhaltsverzeichnis

Man muss Underdog-Geschichten einfach lieben, gerade in der Computer- und Videospielbranche. Games wie "Stardew Valley" oder "Minecraft", die in jahrelanger Blut-, Schweiß- und Tränenarbeit von verbissenen Einzelkämpfern entwickelt wurden, und es tatsächlich schafften, die Welt im Sturm zu erobern. Passiert nicht besonders oft, klar. Aber wenn es passiert, dann sind die Auswirkungen umso spürbarer.

"Counter-Strike" ist auch so ein Fall. Heute ist das eher schwer vorstellbar. Der aktuelle Teil, "Counter-Strike 2", ist der unangefochtene King der Online-Shooter, der seit seiner Veröffentlichung am 27. September 2023 unverrückbar die Steam-Charts anführt – zu jeder Tages- und Nachtzeit sind da mehr als eine Million Spieler gleichzeitig online. Das war nicht immer so, denn die Anfänge von "Counter-Strike" könnten kaum bescheidener sein.

Der junge Student Minh Le hatte sich gegen Ende der 90er unter dem Namen "Gooseman" bereits einen kleinen Namen in der "Quake"-Modderszene gemacht. Die 1998er-Veröffentlichung von "Half-Life" und dessen Grafikstil inspirierte ihn zur Entwicklung einer "Räuber und Gendarm"-Mod, die optisch einen eher realistischen Ansatz haben sollte. Minh kümmerte sich um alles, was mit dem Spiel an sich zu tun hatte: Programmierung, 3D-Modelle, Teile des Kartendesigns. Währenddessen betrieb sein Freund Jess "cliffe" Cliffe nicht nur die offizielle Webseite des in Entstehung befindlichen Spiels, sondern ist auch die Stimme, die man in den ersten Fassungen von "Counter-Strike" auf beiden Seiten dauernd hört.

Allerdings hieß die Mod am Anfang noch gar nicht so: Laut einem Gespräch der beiden, das am 15. März 1999 via ICQ erfolgte, standen unter anderem Namen wie "Counterrorism", "Strike Force", "Frag Heards", "Counter-Terror", "Terrorist Wars", "Terror-Force" oder "Counter-Terrorist Forces" zur Debatte. Letzteres war ursprünglich Goosemans Favorit, allerdings warf cliffe ein, dass der Name etwas lang sei. Woraufhin man sich schnell auf "Counter Strike" einigte.

Nach einigen Wochen des Werkelns wurde die allererste Beta von "Counter Strike" am 19. Juni 1999 kostenlos veröffentlicht. Sie enthielt einen Spielmodus (Geiselrettung), jeweils ein Figurenmodell für Polizisten und Terroristen, die sich noch zum Verwechseln ähnlich sahen, neun Waffen und vier Levels: "cs_siege", "cs_mansion", "cs_wpndepot" und "cs_prison".

Sehr bescheidene Anfänge – aber das Resultat schlug in der Online-Shooterszene ein, wie eine strategisch gut platzierte Bombe. Angestachelt von der überwältigend positiven Reaktion pumpten Gooseman, cliffe sowie einige Modder aus der "Half-Life"-Szene, die sich um das Leveldesign kümmern, im Laufe der folgenden Monate eine erweiterte Beta-Version nach der anderen heraus: Die mit weitem Abstand populärste CS-Karte, de_dust, kam erst mit der Beta 4 (5. November 1999) ins Spiel, zusammen mit der dazu passenden Bombenentschärfungs-Spielvariante. Auch wenn der Sprengsatz da noch frei im Level platziert werden durfte. Zwischenzeitlich spielte Gooseman sogar mit dem Gedanken, Fahrzeuge und stationäre Geschütze zu integrieren. Aber beide Pläne wurden schnell aufgegeben, da sie sich mit dem funktionierenden Spielprinzip nicht sinnvoll vereinbaren ließen.

"Counter-Strike" wird 25 (12 Bilder)

So sah "Counter-Strike" in seiner allerersten Fassung aus – die "Half-Life"-Wurzeln sind noch sehr offensichtlich.​ (Bild: Vave)

All der Trubel weckte natürlich auf Aufmerksamkeit von Valve, der Firma hinter "Half-Life" – die das "Counter-Strike"-Team kurzerhand anheuerte, woraufhin das Spiel ab der Beta 5 offiziell unter Valve-Flagge veröffentlicht wurde. Die finale Beta 7.1 erschien am 13. September 2000 und war praktisch fixfertig. Wie man schon kurz darauf an der offiziellen Veröffentlichungsfassung 1.0 sehen konnte, die am 9. November 2000 das Tageslicht erblickte.

Mit Version 1.0 war "Counter-Strike" in zwei Versionen erhältlich: Zum einen als regulärer kostenloser Download, heftige 82 Megabyte dick. Und zum anderen als Komplettpaket namens "Half-Life: Counter-Strike", welches das Hauptprogramm mit dem "#1 played online action game" und weiteren Extras auf einer CD bündelte.

Das Spielprinzip unterschied sich deutlich von der großen Masse der damals erhältlichen Shooter, die meist dem vertrauten "Aliens überrennen die Erde, irgendjemand sollte sie aufhalten"-Design-Credo folgten. "Counter-Strike" setzte von Anfang an auf eine eher realistische Schiene: Terroristen gegen Gesetzeshüter (wie Navy Seals, SAS oder GSG9): Die einen versuchen, Böses zu tun (Geiseln gefangen halten, Dinge sprengen), die anderen geben ihr Bestes, um sie aufzuhalten. Beide Parteien spielen sich zwar grundsätzlich recht ähnlich, aber ihre jeweiligen Ziele könnten kaum weiter voneinander entfernt sein. Und die muss man blind draufhaben, um beim Online-Spiel auch nur den Hauch einer Chance zu haben. In jedem Fall ist koordiniertes Teamwork essenziell – "Counter-Strike" ist kein Spiel für Ruhm und Ehre suchende Einzelkämpfer.

Jede Runde beginnt mit einer Shoppingtour: Ein Druck auf die Taste "B" öffnet das Einkaufsmenü, in dem man sich mit Peng machenden Dingen eindeckt – jedenfalls so lange es das Konto hergibt. Denn Pistolen, Maschinengewehre, Schrotflinten, Rauchgranaten oder kugelsichere Westen wachsen nicht auf Bäumen, sondern müssen teuer erkauft werden. Das dafür benötigte Geld erhält man sowohl für erfolgreich abgeschlossene Runden als auch für erfüllte Einzelziele wie das sichere Geleiten der Geiseln in die Rettungszone oder das Entschärfen des Sprengsatzes. Da der Countdown zum Rundenende aber von der ersten Spielsekunde an lostickert und man nur wenige Minuten Zeit hat, seine Mission zu erfüllen, sollte man besser nicht zu tief im Kaufrausch versinken. Essenziell sind an dieser Stelle die Tastatur-Shortcuts, die einem ratzfatz in Fleisch und Blut übergehen: Jeder, der mehr als nur ein paar Minuten mit "Counter-Strike" verbracht hat, dürfte wohl noch wissen, wofür "B43B6" bzw. "B42B6" stehen*.

Dieses unerwartete Wirtschaftssystem bringt interessante taktische Abwägungen mit sich, denn man muss ständig zwischen den Ausgaben für die aktuell benötigten Waffen und dem langfristigen Sparziel balancieren: Gebe ich mich in dieser Runde mit einem schwächeren Modell zufrieden, damit ich mir potenziell in der nächsten meine Lieblingswaffe leisten kann?

Alternativ darf man auch die Knarren gefallener Gegner aufsammeln, muss dafür aber die eigene Wumme wegwerfen. Denn anders als in den "Dooms" und "Duke Nukems" dieser Welt fassen die Rücken der "Counter-Strike"-Figuren nur eine Primärwaffe, eine Sekundärknarre und vier Granaten. Sowie natürlich das Messer für den absoluten Notfall bzw. den beschleunigten Sprint.

*B43B6 = Kauf der M4A1 Carbine plus Extramunition. B42B6 = das Gleiche für die AK47 auf Terroristen-Seite.