25 Jahre Netflix: Kriegserklärung via Spülstein

Seite 3: Blockbuster hat’s vergeigt

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"Bright" (2017) war die erste Blockbuster-Produktion, in die Netflix einen dreistelligen Millionenbetrag investiert hat.

(Bild: Netflix)

Ende 1998 überzeugte Hastings Randolph, als Vorstandsvorsitzender abzudanken und stattdessen Geschäftsführer zu werden. Unter Hastings’ Ägide zog Netflix ins nur rund 15 Kilometer südwestlich von San Jose gelegene Los Gatos; mit einer 30-Millionen-Dollar-Finanzspritze der "Groupe Arnault" im Juni 1999 restrukturierte Netflix sein Verleihsystem. Für einen Pauschalpreis von 16 Dollar pro Monat konnten Nutzer nun so viele Discs leihen, wie sie wollten – nur durften nie mehr als vier gleichzeitig bei der Kundschaft sein. Und Netflix entwickelte Empfehlungsalgorithmen, um das Publikum bei der Stange zu halten – damals Neuland.

Das half – aber im Oktober 2000 platzte die Dotcom-Blase. Dieselben Investoren, die Monate zuvor noch wie nicht gescheit jedem Start-up Geld hinterherwarfen, solange es nur "irgendwas mit Internet" machte, drehten plötzlich auch aussichtsreichen Unternehmen den Geldhahn zu. Netflix aber brauchte noch Cash. Der erwähnten Videothekenkette Blockbuster ging es zu diesem Zeitpunkt blendend – die Netflix-Gründer wollten ihr Unternehmen für 50 Millionen Dollar an Blockbuster verkaufen. Dessen Chefetage lachte Netflix nur aus – schon zum damaligen Zeitpunkt eine Torheit, denn der Verleih in Filialen und der per Post hätten sich hervorragend ergänzt, Blockbuster mit Netflix sofort Zugang zum Internetgeschäft gehabt.

Insgesamt war das Umfeld für Netflix aber günstig, denn DVD-Spieler durchdrangen die Märkte rasend schnell – 2001 gab es bereits die ersten Modelle für rund 300 US-Dollar. So ging Netflix im Mai 2002 an die Börse, um frisches Geld zu sammeln. In einem Interview kurz danach äußerte Hastings, Blockbuster werfe auf Netflix "everything but the kitchen sink" (wörtlich: alles außer dem Spülbecken, sinngemäß: "Sie greifen uns an, wo sie können"). Wenige Tage darauf schickte Blockbuster tatsächlich ein Spülbecken an Netflix – eine offene Kriegserklärung. Gründer Randolph verließ nach dem Börsengang das Unternehmen, um sich neuen Projekten zu widmen – und Blockbuster war 2010 pleite.

Randolphs Rückzug schadete Netflix nicht: 2006 verklagte man erfolgreich Blockbuster, weil dessen – viel zu spät gestarteter – DVD-Verleih sich etwas zu offensichtlich an Netflix’ Arbeitsweise orientierte – die hatte Netflix patentiert bekommen. Und 2007 waren in den meisten Teilen der USA die Internetverbindungen schnell und günstig genug, um aus der Idee der digitalen Videothek endlich Wirklichkeit werden zu lassen. Zusätzlich kamen Heimkino-PCs und eine neue Generation von Spielekonsolen auf – die Rechenleistung von wohnzimmerkompatibler Hardware reichte endlich für Echtzeit-Videodekodierung.

Microsoft und Netflix beschlossen 2008, Filme via Internet auf der Xbox 360 anzubieten; ab 2009 kamen Smart-TVs hinzu und die Fernseher konnten sich direkt mit Streamingdiensten verbinden. Zunächst war Netflix eine unter vielen Optionen in den jeweiligen "Smart"-Menüs. Seit 2011 gibt es in den USA die Netflix-Taste auf TV-Fernbedienungen; in Europa, wo der Dienst in vielen Ländern erst 2014 startete, erschienen 2015 die ersten Fernseher mit dem rotweißen Button. Für die TV-Hersteller, so der Sprecher eines Anbieters zu heise online, ist der Netflix-Knopf "Segen und Verpflichtung. Netflix zahlt uns dafür, was bei den knappen Margen in diesem Geschäft hilft. Gleichzeitig kann der Dienst aber gegenüber den Geräteherstellern auch Druck ausüben, denn die Zertifizierung der Netflix-App auf den jeweiligen TVs kann sehr flink, aber auch sehr langsam gehen. In einem Geschäft mit halbjährlichem Modellwechsel ist Zeit Geld."