40 Jahre Ghostbusters: Eben mal die Welt retten

Ghostbusters war die erste erfolgreiche Symbiose von Science-Fiction-Horror und Komödie, ein Meilenstein. Dabei standen alle Zeichen dagegen.

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Filmkamera

"Es ist der allseits beliebte Marshmallowmann..."

(Bild: Columbia Pictures)

Lesezeit: 12 Min.
Von
  • Gerald Himmelein
Inhaltsverzeichnis

New York 1984: Paranormale Forscher entwickeln eine Waffentechnik, um durch die Stadt irrende Geister zu fangen. Als sich ein präsumerischer Gott manifestiert, um die Erde zu versklaven, setzen sie alles daran, New York (die Welt auch, aber vor allem New York) zu retten. Ach ja, eins wäre beinahe untergegangen: Das Ganze ist eine Komödie.

Science-Fiction-Komödien gehen nur selten gut. Komödien setzen Spontaneität und intuitives Timing voraus, Special Effects verlangen viel Vorbereitung, Präzision und Nacharbeit. Einer der beiden Aspekte muss meistens leiden, wie beispielsweise bei "Galaxina" von 1980 zu sehen ist.

Bei "Ghostbusters – Die Geisterjäger" gelang es Regisseur Ivan Reitman weitgehend, zwischen diesen widersprüchlichen Ansprüchen ein Gleichgewicht aufzubauen. Die meisten Pointen sitzen immer noch; die Special Effects sind für damalige Verhältnisse großartig.

Vor Ghostbusters wurden böse Geister meist mit Bannkreisen und Zaubersprüchen bekämpft oder per Exorzismus ausgetrieben, meist von Männern des Glaubens. Die Geisterjäger von New York tragen hingegen Overalls, schnallen sich atomar betriebene Protonenrucksäcke auf den Rücken, schießen mit Strahlenwerfern um sich und sperren Geister in tragbaren Fallen ein: Sie sind Kammerjäger für übernatürliche Erscheinungen.

Das Aussehen dieser Erscheinungen umfasst ein breites Spektrum: Es gibt klassisch über dem Boden schwebende Bibliothekarinnen, aber auch kartoffelförmige grüne Monster, gehörnte Riesenhunde, untote Taxifahrer und den eingangs erwähnten sumerischen Gott in Gestalt einer androgynen Frau mit rot glühenden Augen. Auch hier alles andere als Horrorstandardkost also.

Herkömmliche parapsychologische Konventionen behandelt der Film nur selten mit Respekt, telepathische Tests mit Zenerkarten ebenso wenig wie das traditionell von Medien abgesonderte Ektoplasma. Letzteres wird von den Ghostbusters-Gespenstern geradezu kübelweise abgesondert, was in der berühmten Dialogzeile "He slimed me" mündet (Deutsch: "Er schleimte mich voll").

Das Bestiarium von "Ghostbusters": Geister und Dämonen (9 Bilder)

Die übernatürlichen Erscheinungen in Ghostbusters: Die Bibliothekarin will eigentlich nur Ruhe ...

Die Geisterjäger ergänzen sich gut: Dan Aykroyd spielt Dr. Raymond Stantz, einen teils übereifrigen Fan paranormaler Phänomene. Harold Ramis verkörpert Dr. Egon Spengler, einen emotional zurückgezogenen wissenschaftlichen Experten. Ernie Hudson erdet die Gruppe als Winston Zeddemore, Sinnbild des pragmatischen Arbeiters. Zu dritt geben sie Bill Murray eine Bühne für seinen arroganten, geradezu aggressiv tiefenentspannten Dr. Peter Venkman.

Venkmans Verhalten war schon damals grenzwertig, heute wäre es komplett inakzeptabel. Er baggert die erste Kundin der Ghostbusters auf eine Weise an, die sich heute nur noch damit entschuldigen lässt, dass der Film halt "ein Produkt seiner Zeit" ist. Heute sind sich die Macher dessen durchaus bewusst, was die Mid-Credits-Sequenz in "Ghostbusters: Legacy" (Ghostbusters: Afterlife, 2021) unterstreicht, wo der Zenerkartentest die Richtung wechselt.

Die von Venkman ins Auge gefasste Kundin, Dana Barrett, wird glücklicherweise von Sigourney Weaver gespielt, Sci-Fi-Fans als Ellen Ripley aus "Alien: Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt" (Alien, 1979) bekannt. So zeigt sie sich gegen Venkmans Avancen ähnlich resistent wie gegen saure Aliens.

Venkman ist zugutezuhalten, dass er Danas Fall durchaus ernst nimmt, selbst wenn das beim ersten Sehen des Films kaum auffällt. Als sich Dana unerwartet willens zeigt, erkennt Venkman auch sofort, dass das nicht mit rechten Dingen zugeht, und lehnt dankend ab: "Es klingt, als hättest du schon mindestens zwei Leute da drin. Könnte ein kleines Gedränge geben."

Großartig auch die Besetzung der Nebenrollen: Annie Potts als mit nichts zu schockierende Bürokraft, Rick Moranis als Louis Tully, der hilflose Nachbar, und William Atherton als Walter Peck, der schäumende Vertreter des Umweltschutzamts. Atherton überzeugte als Kotzbrocken derart, dass er in zwei Stirb-Langsam-Filmen eine ähnliche Rolle übernahm: das Reporterekel Richard Thornburg.

Die Cast von "Ghostbusters – Die Geisterjäger" (10 Bilder)

Dan Aykroyd als Dr. Raymond "Ray" Stantz, Fan übernatürlicher Ereignisse

Von der Idee bis zum finalen Film war es ein steiniger Weg. Das erste Drehbuch von Dan Aykroyd von 1981 hieß "Ghost Smashers" und spielte dreißig Jahre in der Zukunft. Dort im fernen 2012 war Geisterjäger ein Beruf wie jeder andere.

Die Ghost Smashers waren zu dritt und reisten durch Raum und Zeit. Am Ende der Geschichte wurden die Geisterjäger in unterschiedliche Dimensionen geschleudert. Als Hauptdarsteller hatte Aykroyd sich selbst, seinen besten Freund John Belushi und Eddie Murphy im Kopf. Dann verstarb Belushi.

Regisseur Ivan Reitman gefiel das Konzept an sich, der Rest weniger. Schon von den Kosten her hielt er das Drehbuch nicht für umsetzbar. Er schlug wesentliche Änderungen vor: eine Geschichte vom Zusammentreffen und Aufstieg der Geisterjäger in der Gegenwart, mit einer auf möglichst wenige Orte konzentrierten Handlung.

Reitman brachte Aykroyd mit Harold Ramis zusammen, mit dem er bei zwei anderen Filmen zusammengearbeitet hatte. Ramis sollte Aykroyd beim Umschreiben des Drehbuchs helfen und eine Hauptrolle übernehmen. Aykroyd und Ramis machten sich an die Arbeit.

Im März 1983 stellte Ivan Reitman das Filmkonzept dem Studio Columbia Pictures vor – ohne fertiges Drehbuch. Das Studio biss an, bewilligte ein Budget von 25 bis 30 Millionen US-Dollar und bestimmte, dass der Film im Juni 1984 in die Kinos kommen müsse.

Jetzt wurde es hektisch. Zwischen Juni und August entstanden drei neue Drehbuchversionen: "Ghost Busters" spielte jetzt in der Gegenwart, die Bedrohung wurde örtlich eingegrenzt und die Struktur der Handlung entwickelte sich langsam in Richtung des fertigen Films. Parallel dazu begann der Regisseur mit dem Casting.

Für die Visual Effects griff Columbia Pictures auf das frisch gegründete Studio "Boss Films" von Richard Edlund zurück, der gerade Industrial Light & Magic (ILM) verlassen hatte. Edlund startete bei Null – ohne Büros, ohne Personal – und das nur zehn Monate vor dem fest eingeplanten Filmstart.

Am 7. Oktober wurde das endgültige Drehbuch ("Shooting Script") fertig. Die Dreharbeiten begannen in New York und wurden nach sechs Wochen in Los Angeles fortgesetzt. Das Hochhausdach mit dem Gozer-Tempel wurde in Halle 16 der Burbank Studios aufgebaut, einer der größten verfügbaren Drehhallen; die Skyline von New York war ein riesiger Vorhang. Anfang Februar waren die Dreharbeiten endlich abgeschlossen. Für die aufwendigen Effekte blieben Boss Films nur vier Monate – wohlgemerkt: das alles mit analoger Technik.