Adventure-Games: Sechs Oldschool-Abenteuer, die kaum jemand kennt

Seite 2: Erben der Erde (1994)

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"The Dreamers Guild" ist kein Name von besonders mächtigem Klang. Was vor allem daran liegen dürfte, dass der größte Teil des Portfolios der Ex-Kalifornier aus Konvertierungen von Spielen wie "The Legend of Kyrandia" oder "PGA Tour Golf" auf das 90er MacOS bestand. Hin und wieder wagte sich die verträumte Gilde aber auch an komplett selbst entwickelte Spiele, und da in erster Linie an Point-n-Click-Abenteuer. Das bekannteste Resultat dieser Bemühungen dürfte wohl die 1995er Spielbarmachung des Science-Fiction-Buchklassikers "I Have No Mouth, and I Must Scream" sein, entwickelt in Zusammenarbeit mit Cyberdreams. Aber das deutlich interessantere Spiel erschien bereits im Jahr zuvor: "Inherit the Earth: Quest for the Orb", das bei uns "Erben der Erde: Die große Suche" hieß.

Dem einschläfernd langweiligen Titel zum Trotz handelt es sich bei der großen Suche um ein hochgradig ungewöhnliches Abenteuer. Denn man spielt hier zur Abwechslung mal keinen normschönen Helden, sondern den Fuchs Rif, dem der Diebstahl der sogenannten "Sturmkugel" vorgeworfen wird, ein extrem bedeutendes Artefakt. Denn ganz ähnlich wie bei "Planet der Affen" spielt das Ganze auch hier in einer nicht näher definierten Zukunft, in der die Tiere die Herrschaft über die Erde übernommen haben, da die Menschen verschwunden sind – aber ihre Spuren sind immer noch überall zu finden.

"Erben der Erde" ist kein sonderlich anspruchsvolles Adventure, sehr viel länger als einen oder zwei verregnete Nachmittage wird man nicht benötigen, um Rifs Unschuld zu beweisen. Und seine Bedienungs-Anleihen bei den LucasArts-Vorbildern könnten kaum deutlicher sein. Und dennoch ist das auch schon wieder eines dieser liebevollen, kreativen, ungewöhnlichen Abenteuer, in dessen Welt man einfach versinken kann wie in einem bequemen Sitzkissen, und bei dem man traurig ist, wenn man es gemeistert hat. Erhältlich bei GOG und bei Steam.

Erben der Erde (1994) (7 Bilder)

Rif ist der ungewöhnliche Held des Spiels – ein Fuchs, der auf zwei Beinen läuft! Genauso wie Elche, Wildschweine, Maulwürfe oder Katzen. (Bild: The Dreamers Guild)

Wenn die Stichworte "Sierra Entertainment" und "Al Lowe" fallen, dann ist der Fall glasklar, oder? Hier geht es um ein Spiel der legendären "Leisure Suit Larry"-Serie. HA! Von wegen! Denn der gute Al hat für Sierra noch deutlich mehr erschaffen als nur die Abenteuer des liebenswerten Losers Larry Laffer: Unter anderem Lernspiele (wie "Donald Duck's Playground", 1984), Filmumsetzungen (wie "The Black Cauldron", 1986) sowie eine Tonne an Spielen, die nichts mit schiefgelaufenen Anbaggerversuchen zu tun haben.

Sowie "Torin’s Passage", das zwar der Al Lowes Vita dominierenden Point-n-Click-Maxime folgt, aber in eine ganz andere, deutlich leichtherzigere und familienfreundlichere Richtung geht als die Abenteuer, für die der Amerikaner berühmt geworden ist. Dieses Spiel dreht sich um den namensgebenden Jungen Torin, der zusammen mit seinem gestaltwandelnden Freund Boogle loszieht, um seine von der bösartigen Magierin Lycentia entführten Eltern zu retten.

Al Lowe hat das Spiel mit voller Absicht so gestaltet, dass es sowohl von Erwachsenen als auch von Kindern gleichermaßen genossen werden kann. Die handgezeichnete Comicgrafik ist liebevoll und voller verspielter kleiner Details. Die Puzzles laden zum Experimentieren und Ausprobieren ein, ohne die Spieler wie sonst bei Sierra üblich mit spontanen Toden zu bestrafen. Und es gibt sogar ein internes Hilfesystem, falls man mal an einer Stelle gar nicht weiterkommen sollte. Oder anders ausgedrückt: "Torin’s Passage" funktioniert auch heute noch ganz wunderbar – und sogar am besten in einer Groß-/Klein-Spielerkombination! Erhältlich bei GOG.

Torin's Passage (1995) (7 Bilder)

Die schicke, handgezeichnete Comicgrafik erinnert stilistisch an die Filme von Don Bluth.
(Bild: Sierra Entertainment)

Zum großen Abschluss unserer Empfehlungsliste von sechs möglicherweise nicht ganz so bekannten Oldschool-Adventures gehen wir nach Frankreich – das speziell in den späten 80ern und frühen 90ern Geburtsstätte von zum Teil komplett abgefahrenen Spielen war. "Eternam" aus dem Hause Infogrames ist dabei zwar nicht ganz so bizarr wie zum Beispiel "Robinson’s Requiem", "Commander Blood" oder "Gobliiins", aber es ist definitiv eine sehr einzigartige Mischung aus Adventure, Geschicklichkeitsspiel und 3D-Shooter.

Spieler übernehmen dabei die Rolle von, ahem, Don Jonz, der von einem auf fünf Inseln verteilten Freizeitpark entkommen muss: Auf der 3D-Oberwelt warten Gegner, in den 2D-Städten und -Gebäuden dagegen Gespräche mit NPCs (darunter fernsehsüchtige Statuen, ein erstaunlich gesprächiges Skelett und ein durchgeknallter deutscher Wissenschaftler), Sprungpassagen, jede Menge Puzzles und viele unerwartete Tode, die zum Teil recht blutig inszeniert werden.

"Eternam" ist schwer und oftmals frustrierend, die Bedienung, die auf eine reine Tastaturkontrolle setzt, ziemlich umständlich und fummelig, die Rätsel ergeben nur in den seltensten Fällen wirklich Sinn – das ist ohne jede Frage ein hochgradig ungewöhnliches Spiel, definitiv der große Ausreißer in dieser Auflistung sonst eher klassischer Point-n-Clickereien. Das aber gleichzeitig eine ganz einzigartige, zum Teil schon unwiderstehliche Atmosphäre und ein absolut ungewöhnliches Spielerlebnis bietet. Eben typisch französisch. Erhältlich bei GOG und bei Steam.

Eternam (1992) (8 Bilder)

Wer ist Tracy? Und welche Rolle spielt sich in Eternam?
(Bild: Infogrames )

Siehe auch:

(bme)