Alt und gesund: Saudi-Arabien investiert groß in Anti-Aging-Medikamente

Das Öl-Königreich befürchtet, dass seine Bevölkerung schneller altert. Eine Stiftung mit Milliarden-Budget soll Mittel erforschen, um den Prozess zu verzögern.​

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(Bild: MS Tech)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Antonio Regalado
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Jeder, der mehr Geld hat, als er ausgeben kann, versucht irgendwann, das Altern zu heilen. Google-Gründer Larry Page hat es versucht. Jeff Bezos hat es mit Altos Labs versucht. Die Tech-Milliardäre Larry Ellison und Peter Thiel haben es versucht. Jetzt will es das Königreich Saudi-Arabien versuchen, das ungefähr so viel Geld hat wie die anderen alle zusammengenommen.

Die saudische Königsfamilie hat eine gemeinnützige Organisation mit dem Namen Hevolution Foundation gegründet, die jährlich bis zu einer Milliarde Dollar ihres Ölreichtums für zwei Hauptziele ausgeben will: die Förderung der Grundlagenforschung über die Biologie des Alterns sowie die Verlängerung der Lebenserwartung bei guter Gesundheit, ein Konzept, das als "Gesundheitsspanne" bekannt ist.

Die Investitionssumme könnte den Golfstaat zum größten Einzelsponsor von Forschern machen, die zu verstehen versuchen, was die Ursachen des Alterns sind und wie man es mit Medikamenten verlangsamen könnte. Zwar hat die Stiftung noch keine offizielle Ankündigung gemacht, aber der Umfang ihrer Ziele wurde auf wissenschaftlichen Tagungen skizziert und ist Gegenstand aufgeregter Gespräche unter Alternsforschern, die hoffen, dass die Hevolution Foundation große Humanstudien über potenzielle Anti-Aging-Medikamente finanzieren wird.

Der Fonds wird von Mehmood Khan geleitet, einem ehemaligen Endokrinologen der Mayo Clinic und ehemaligen Chefwissenschaftler von PepsiCo, der 2020 zum Geschäftsführer ernannt wurde. "Unser Hauptziel ist es, die gesunde Lebensspanne zu verlängern", sagte Khan in einem Interview. "Es gibt kein größeres medizinisches Problem auf der Welt als dieses."

Einige Langlebigkeitswissenschaftler gehen davon aus, dass man durch eine Verlangsamung des Alterungsprozesses den Ausbruch zahlreicher Krankheiten hinauszögern und die gesunden Jahre, die Menschen im Alter genießen können, verlängern kann. Khan sagt, dass der Fonds Zuschüsse für die wissenschaftliche Grundlagenforschung über die Ursachen des Alterns gewähren wird, so wie es auch andere getan haben. Darüber hinaus plant er aber auch einen Schritt weiterzugehen und Arzneimittelstudien zu unterstützen, einschließlich der Erprobung von "Behandlungen, deren Patent abgelaufen ist oder die nie auf den Markt gebracht wurden".

"Wir müssen diese Biologie in Fortschritte bei der klinischen Forschung am Menschen umsetzen. Letztendlich wird es keinen Unterschied machen, bis nicht etwas auf den Markt kommt, das den Patienten tatsächlich nützt", sagt Khan. Der Fonds sei befugt, auf unbestimmte Zeit bis zu eine Milliarde Dollar pro Jahr zu investieren. Als Vergleich: Die Abteilung des US National Institute on Aging, die die Grundlagenforschung zur Biologie des Alterns unterstützt, gibt jährlich etwa 325 Millionen Dollar aus.

Hevolution hat noch nicht bekannt gegeben, welche Projekte es unterstützen wird. Personen, die mit der Gruppe vertraut sind, sagen, dass die Organisation die Finanzierung eines mit 100 Millionen Dollar dotierten X-Preises für Technologie zur Umkehrung des Alters in Betracht gezogen hat und eine vorläufige Vereinbarung über die Finanzierung von Tests mit dem Diabetes-Medikament Metformin an mehreren tausend älteren Probanden getroffen hat.

Diese als "TAME" (für "Targeting Aging with Metformin") bekannte Studie wurde als der erste große Test eines Medikaments zum Aufschieben des Alterns bei Menschen angepriesen. Allerdings hat die Studie jahrelang auf sich warten lassen, ohne dass jemand bereit war, dafür zu bezahlen. Nir Barzilai von der Albert Einstein School of Medicine in New York, der die TAME-Studie konzipiert hat, erklärte im April dieses Jahres, dass Hevolution sich bereit erklärt habe, ein Drittel der Kosten zu übernehmen.

Sollte diese Vereinbarung zustande kommen, wäre dies eine Bestätigung der so genannten "Gerontowissenschaft-Hypothese" – der noch unbewiesenen Idee, dass einige Medikamente durch die Veränderung grundlegender Alterungsprozesse in den Zellen den Ausbruch vieler Krankheiten wie Krebs und Alzheimer verzögern können.

Der Begriff "Geroscience" wurde von Felipe Sierra geprägt, dem ehemaligen Leiter der Abteilung für Alterungsbiologie an den US National Institutes of Health, der kürzlich als wissenschaftlicher Leiter von Hevolution eingestellt wurde. Er bezeichnete die Gerontowissenschaft als die Beobachtung, "dass das Altern bei weitem der Hauptrisikofaktor für alle chronischen Krankheiten ist".

Die saudische Regierung ist möglicherweise zum Teil davon überzeugt, dass Alterskrankheiten eine besondere Bedrohung für die Zukunft des Landes darstellen. Es gibt Beweise dafür, dass die Menschen in den Golfstaaten "biologisch schneller altern als chronologisch", das zeigen von Hevolution erstellte und von MIT Technology Review eingesehene Unterlagen.

Im Grunde wird das Land von Wohlstandskrankheiten heimgesucht, die durch reichhaltige Ernährung und zu wenig Bewegung hervorgerufen werden. Obwohl Saudi-Arabien eine relativ junge Bevölkerung mit einem Durchschnittsalter von etwa 31 Jahren hat, nimmt die Zahl der Fettleibigkeit und Diabetes zu. In einer 2019 im "Saudi Medical Journal" veröffentlichten Studie erklärten Vertreter des saudischen Gesundheitswesens, dass der Wohlstand des Landes zu einem "dringenden Bedarf an Präventions- und Kontrollprogrammen" geführt habe.