Spiele fliegen aus Steam-Store: Warum nicht einfach alles ab 18?

Der 15. November ist Stichtag: Dann will Valve alle Spiele aus dem deutschen Steam Store ausblenden, die kein Alterskennzeichen auf ihrer Store-Seite zeigen. Heise online hat die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengetragen.

Was genau passiert am 15. November bei Steam?

Steam-Betreiber Valve will ab dem 15. November alle Spiele aus dem deutschen Steam Store ausblenden, die keine Alterskennzeichnung auf ihrer Store-Seite zeigen. Betroffene Spiele können dann nicht mehr direkt im Steam Store gekauft werden.

Warum will Valve Spiele ohne Alterskennzeichen entfernen?

Valve entspricht damit der Novelle des Jugendschutzgesetzes. Es verschreibt digitalen Plattformen, die Filme und Videospiele vertreiben, eine Kennzeichnungspflicht. Solche Plattformen dürfen Spiele und Filme nur dann anbieten, wenn sie mit einer "deutlich wahrnehmbaren Kennzeichnung" versehen sind, heißt es in Paragraph 14a des neuen Jugendschutzgesetzes. Das betrifft auch Plattformbetreiber aus dem Ausland, die mehr als eine Million Nutzer haben. Für die Durchsetzung ist die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) zuständig, die mit Valve im Austausch steht.

Das neue Jugendschutzgesetz ist bereits 2021 in Kraft getreten. Warum Valve die Regeländerung ausgerechnet am 15. November durchsetzen möchte, ist unklar. "Dem Datum liegt kein uns bekanntes Ereignis zugrunde", sagte die BzKJ heise online. Valve hat auf Nachfragen nicht reagiert.

Wie kommen Spiele überhaupt an ein Alterskennzeichen?

Entwickler von Steam-Spielen haben zwei Möglichkeiten, an eine gültige Alterseinstufung zu gelangen. Einerseits gibt es die USK-Einstufung, die für alle Titel verpflichtend ist, die auch auf Datenträgern erscheinen. Ein einfacherer Weg ist Steams eigener Fragebogen, den Entwickler selbst ausfüllen können. Auf Basis der Antworten berechnet Valve ein Alterskennzeichen, das auf der Store-Seite angezeigt werden kann.

Es dauert daher nur wenige Minuten, um als Entwickler ein Alterskennzeichen zu bekommen. Seit einigen Jahren ist der Selbsteinstufungs-Fragebogen im Prozess zum Erstellen einer Store-Seite verankert, sodass alle aktuellen Spiele von Anfang an ein Alterskennzeichen tragen.

Welche Spiele sind betroffen?

Weil seit einigen Jahren alle neuen Spiele ein Alterskennzeichen haben, betrifft die Änderung einige Titel, die vor 2020 erschienen sind. In einer Stichprobe in der vergangenen Woche hat heise online vor allem Indie-Spiele gefunden, die kein Alterskennzeichen auf ihrer Store-Seite zeigen. Dazu gehörten etwa "Return of the Obra Dinn", "Papers, Please", "Pathologic", "Undertale", "Cave Story", "FEZ" und "Slay the Spire". Aber auch einige größere Titel verstoßen noch gegen die neue Steam-Regel, darunter "Hellblade" und "Prey (2017)" von Microsoft oder "Rainbow Six Vegas 2" und "Far Cry 2" von Ubisoft. Diese Spiele haben eine USK-Freigabe, zeigen die Kennzeichnung aber aktuell nicht im Steam-Store an.

Dass nicht alle aktuell betroffenen Spiele letztlich ausgeblendet werden müssen, zeigt der Fall von "Papers, Please!" und "Return of the Obra Dinn", die vom Solo-Entwickler Lucas Pope entwickelt wurden. Auf Nachfrage von heise online erklärte Pope, er sei schlicht noch nicht dazu gekommen, den Fragebogen für beide Spiele auszufüllen. Mittlerweile hat er das nachgeholt. "Valve macht das mit dem Selbsteinstufungssystem ziemlich leicht", sagte Pope. Seine beiden Spiele bleiben also im deutschen Store. Auch bei "Slay the Spire" zeigt die Store-Seite mittlerweile ein Alterskennzeichen. Weitere Titel dürften folgen.

Trotzdem ist es wahrscheinlich, dass das eine oder andere Spiel am 15. November ausgesiebt wird. Es könnte insbesondere verwaiste Titel treffen, für die sich niemand mehr zuständig fühlt.

Werden betroffene Spiele auch aus meiner Bibliothek entfernt?

Nein. Kunden, die bereits eine Lizenz für ein betroffenes Spiel haben, können es ohne Einschränkung weiter herunterladen und spielen, bestätigt Valve.

Gibt es Probleme mit Early Access und Vorbestellungen?

Nein. Den Altersfreigabe-Fragebogen füllen Entwickler aus, sobald sie die Store-Seite für ihr Spiel erstellen. Sollten sich die Inhalte eines Spiels im Entwicklungsprozess ändern, können Entwickler ihre Antworten bearbeiten.

Könnte Steam nicht einfach alle Spiele ohne Kennzeichen als "ab 18 Jahren" anzeigen?

Eine pauschale Darstellung nicht gekennzeichneter Spiele ab 18 Jahren als Ausweichlösung ist nicht gestattet, schreibt die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz auf Nachfrage von heise online. "Neben dem Aspekt des Schutzes vor unangemessenen Inhalten soll auch unbeschwerte und sichere Teilhabe an geeigneten Medienangeboten für Kinder und Jugendliche ermöglicht werden. Weil eine pauschale Kennzeichnung mit der Bewertung 'ab 18' insbesondere diesem Teilhabeaspekt zuwiderlaufen würde, ist ein solches Vorgehen unzulässig."

Wie gehen andere Stores damit um?

Sowohl im Epic Games Store als auch bei GOG finden sich aktuell noch Spiele ohne Alterskennzeichen, obwohl beide Spieleplattformen dem Jugendschutzgesetz unterliegen. Auf Nachfragen von heise online haben die Betreiber bislang nicht reagiert. Auch die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz wollte sich zu "laufenden Ermittlungen und Verfahren" nicht äußern.

(dahe)