Ausprobiert: Automatisch bezahlen

Amazon hat seinen vollautomatischen Supermarkt Amazon Go gestartet. TR-Autorin Rachel Metz konnte ein ähnliches System im kalifornischen Santa Clara testen.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Rachel Metz

Metz ist Redakteurin der US-Ausgabe von Technology Review.

Vergessen Sie die störanfälligen Selbstbedienungskassen im Supermarkt. Mit künstlicher Intelligenz will das Start-up Standard Cognition dem Self Checkout auf die Sprünge helfen. In einem Testladen im kalifornischen Santa Clara probiere ich das System aus. Kameras verfolgen dort die Kunden in Echtzeit – und registrieren alle Waren, die sie aus den Regalen nehmen. (Eine Gesichtserkennung führt das Unternehmen laut Mitgründer Michael Suswal nicht durch.)

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Ein großer Bildschirm an der Wand zeigt das System bei der Arbeit: Ein farbiger Marker kennzeichnet in Echtzeit jede Person im Raum. Nimmt jemand ein Produkt in die Hand, wird es im laufenden Video mit einem Kreis markiert und das entsprechende Etikett eingeblendet. Dahinter steckt ein tiefes neuronales Netzwerk. Um es zu trainieren, nehmen Mitarbeiter die Waren in die Hand, drehen sie vor den Kameras hin und her und legen sie in einen Einkaufskorb. Das Ganze dauert etwa zwei Minuten pro Produkt.

Ich schnappe mir einen Einkaufskorb und lege Waffeln, Colaflaschen und viele andere ähnlich aussehende Gegenstände hinein und nehme sie wieder heraus. Heimlich schiebe ich mir auch eine Dose Red Bull unter das Hemd – in der Hoffnung, dass die Kameras es nicht mitkriegen würden.

Schließlich gehe ich zum Ausgang. Ein Tablet zeigt mir dort alle Produkte, die Standard Cognition in meinem Korb vermutet. Das Ergebnis ist etwas ungenau: Die KI hat eine der beiden Colaflaschen übersehen und dafür eine weitere Seifenflasche hinzugefügt. Die Leistung war aber immer noch beeindruckend, denn ansonsten war die Liste korrekt, einschließlich der versteckten Getränkedose. Mit der Checkout-App auf dem Tablet kann ich die Liste korrigieren.

Mitgründer Brandon Ogle sagt, dass die Trefferquote im Demoladen derzeit 98 Prozent beträgt. Durch weiteres Training will das Start-up die Quote noch steigern. In einem halben Jahr, hofft sein Kompagnon Suswal, könne das System echte Kunden in einem realen Geschäft bedienen – entweder in einem eigenen oder dem eines Partners, wahrscheinlich in der Gegend um San Francisco. Bis dahin soll es auch eine entsprechende Smartphone-App für Kunden geben, mit der sie gleich bezahlen können.

Auch Amazon arbeitet mit Amazon Go an einem ähnlichen Projekt. In einem Laden in Seattle läuft derzeit ein geschlossener Betatest. Und ein Stockholmer Start-up namens Wheelys testet ein solches Modell in China. Trotzdem könnte es noch eine Weile dauern, bis automatische Kassen zur Norm werden.

Tom Davenport, Professor am Babson College in Massachusetts, glaubt zwar, dass sich solche Systeme verbreiten werden, aber wahrscheinlich nicht besonders schnell. Schließlich, sagt er, gebe es Selbstbedienungskassen in den USA schon seit etwa zwei Jahrzehnten, und sie hätten den Checkout-Prozess noch immer nicht revolutioniert.

(bsc)