Bezahltes Sozialnetz mit Superstars

Ein Start-up will eine neue Art von sozialem Netzwerk aufbauen: Bekannte Personen leiten Themen-Gruppen, an denen sich normale Nutzer nur gegen Bezahlung beteiligen können.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Bezahltes Sozialnetz mit Superstars

Alle in einem Netz?

(Bild: Michael Traitov/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Angela Chen
Inhaltsverzeichnis

Ein neues soziales Netzwerk will Millionen Nutzer dazu bringen, Geld dafür zu bezahlen, dass sie Superstars aus Technologie, Wirtschaft und Forschung nah sein können. Das geht aus einer Investoren-Werbung hervor, die der US-Ausgabe von Technology Review unverlangt zugesandt wurde. Demnach hat der neue Dienst mit dem Namen Column schon wichtige Verbindungen. Unter anderem ist daran ein Mann beteiligt, der die juristische Strategie für das Ende des Klatsch-Blogs "Gawker" ausgearbeitet hat. Angeblich ist auch der Silicon-Valley-Investor Peter Thiel involviert, was dieser aber dementiert.

Laut der Präsentation wird Column ein "soziales Netzwerk, das uns alle klüger macht". Der Geschäftsmann Aron Ping D'Souza wird darin als CEO bezeichnet, Thiel als Gründungsnutzer. D'Souza ist bislang nicht sehr bekannt. Aber er war der Kopf hinter den Bemühungen von Thiel, Gawker zu zerstören, weil die Seite ihn als homosexuell geoutet hatte – im Jahr 2016 musste sie tatsächlich Insolvenz anmelden. Weitere Führungskräfte bei Column sind die Investorin Sarah Cone, in deren Wagniskapitalfonds Social Impact Capital der neue Dienst entstand, und Jake Lodwick, Mitgründer des Video-Dienstes Vimeo.

Offenbar soll Column eine Art bezahlte Version von Facebook werden, die nur auf Einladung genutzt werden kann. Die Hauptattraktion dabei sind die Personen, die an der Spitze der privaten Gemeinschaften stehen sollen. Thiel, der auch im Board von Facebook sitzt, wird in der Präsentation als "fest zugesagt" bezeichnet, ebenso wie Rob Hayes, einer der ersten Uber-Investoren. Der Salesforce-CEO Marc Benioff und der Computerexperte Stephen Wolfram werden als "interessiert" aufgeführt.

Der Plan ist, dass diese Vordenker sich in den Dienst einkaufen: Laut der Präsentation will Column 50 Millionen Dollar Kapital von "500 Anteilseignern, bei denen es sich um bekannte Intellektuelle handelt", einsammeln. Jeder von ihnen soll 100.000 Dollar investieren und dann seine eigene private Gemeinschaft (oder Column, also Säule) leiten. Das Netzwerk selbst soll zwar nur für Abonnenten offen sein, aber nicht derart exklusiv: Jeder kann sich anmelden, und die Hoffnung ist, dass der Bezahldienst statt des oft hässlichen Sumpfes wie in anderen sozialen Medien hochwertige Inhalte entstehen lässt.

Dem Anschein nach sollen Nutzer auf Column in öffentlichen oder privaten Bereichen Beiträge und Medien austauschen können; bei jeder Säulen-Gruppe würde ein "Head" – also eine prominente Person wie Thiel oder Hayes oder eine Organisation – Mitglieder zum bezahlten Beitritt einladen. Laut der Präsentation sollen Nobelpreisträger je 50.000 Dollar bekommen, damit sie eine Säule bilden. Bekannten Experten für ein Fachgebiet will Column 10.000 Dollar bieten.

Mehr Infos

Normale Nutzer könnten Beiträge sehen, mit anderen Mitgliedern kommunizieren und eigene Inhalte veröffentlichen. Statt "Likes" wie bei Facebook soll es einen "Wahrheit"-Knopf geben, mit dem Aussagen als wahr oder falsch bewertet werden können, sowie eine interne "Punkte-Ökonomie". Die Leiter jeder Community würden den Abo-Preis festlegen und auch kostenlose Mitgliedschaften sollen möglich sein.

Außer von Prominenten will sich Column auch von Marken und Unternehmen Geld beschaffen. Eigene Umsätze plant der Dienst, indem er "Steuern" erhebt: Er behält einen Anteil der mit Abonnements erzielten Einnahmen ein. Laut einer Folie in der Präsentation könnte allein der Think-Tank Milken Institute auf rund 1,3 Milliarden Dollar Jahresumsatz kommen, indem er seine 4.000 wohlhabenden Mitglieder dazu bringt, Column zu abonnieren oder andere dafür zu gewinnen. Zu den technischen Grundlagen gibt es noch keine Angaben. Für externe Finanzierungen enthält die Präsentation keine Anhaltspunkte.

Unabhängig davon, welche Ausrichtung Column letztlich wählt und ob bekannte Nutzer zum Mitmachen gewonnen werden, hat sich der neue Dienst für eine interessante Ausrichtung entschieden. Und er lässt vielleicht erkennen, welche Funktionsweise von sozialen Medien sich bestimmte mächtige Menschen wünschen würden.

(sma)