Boost für Biokraftstoff: Wie KI für mehr Algen-Wachstum sorgen soll

Mithilfe maschinellen Lernens ermitteln Forscher den richtigen Zeitpunkt zur Ernte von Mikroalgen, bevor sich die Pflanzen gegenseitig verschatten.

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"Blüte" von Cyanobakterien (oft auch als Blaualgenblüte bezeichnet) in einem Baggerweiher.

(Bild: Wikipedia / Christian Fischer / cc by-sa 3.0)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jan Oliver Löfken

Mikroalgen liefern in gut belichteten Zuchttanks viel schneller Biomasse als Energiepflanzen auf dem Acker wie etwa Raps oder Mais. Beim schnellen Wachstum nehmen sie zudem zugesetztes Kohlendioxid – freigesetzt beispielsweise durch Abgase von Kraftwerken – auf. Viel Hoffnung bestand daher, über die Algenzucht schnell, günstig und klimaschonend Biomasse für die Gewinnung von grünen Treibstoffen oder auch Futtermitteln zu gewinnen.

Doch viele Pilotprojekte blieben hinter den hohen Erwartungen zurück. So reduziert die gegenseitige Verschattung der Mikroalgen in den Zuchtbehältern die Ausbeute an Biomasse. Eine pfiffige Lösung für dieses Problem fanden nun texanische Forschende. Mit Methoden der künstlichen Intelligenz konnten sie die Wachstumsraten wieder deutlich steigern.

"Ein begrenztes Durchdringen von Licht und ein schlechtes Wachstumsverhalten verursachten die geringen Ausbeuten", sagt Joshua Yuan vom Synthetic and Systems Biology Innovation Hub der Texas A&M University in College Station. Mit seinem Team entwarf er eine Zuchtstrategie für genetisch veränderte Cyanobakterien der Art Synechococcus elongatus UTEX 2973.

In den Zuchttanks sorgten sie nicht nur für sehr gute Lebensbedingungen, sondern optimierten die Belichtung der Mikroalgen mit Methoden des maschinellen Lernens – genauer mit einer stetigen Rückkopplung zwischen Messwerten und Wachstumsrate. Dafür analysierten sie während vieler Testläufe die Reproduktionsraten der Algen in Abhängigkeit von der jeweils in den Tanks vorherrschenden Belichtung. Mit diesen Daten ließen sich die Zuchtbedingungen Schritt für Schritt anpassen und optimieren.

Als Ergebnis dieser Analysen ergab sich eine klare Zuchtstrategie. So zeigten die Cyanobakterien zunehmende Wachstumsraten bis die verschatteten Bereiche im Zuchttank einen Anteil von 43,1 Prozent erreichten. Nahmen diese dunklen Bereiche 65 Prozent des Tankvolumens ein, sackte das Wachstum deutlich ab. Daher entnahmen die Forschenden die Biomasse jeweils kurz vor Erreichen der 43-Prozent Schwelle. Hilfreich erwies sich dabei, dass die Cyanobakterien beim Wachstum die organische Substanz Limonen bildeten. Dieses Limonen steigerte die wasserabstoßenden Eigenschaften der Zelloberflächen und förderte so ein schnelles, die Entnahme erleichterndes Absetzen der Cyanobakterien am Boden des Tanks.

(Bild: Texas A&M AgriLife Research)

In ihren Versuchen erreichten Yuan und Kollegen eine Biomasse-Ausbeute von 2,2 Gramm pro Tag und Liter. Dieser Wert liegt um ein Vielfaches über der Ausbeute bisheriger Algenzuchten ohne optimierte Belichtung und Entnahmezyklen. Nach ersten Abschätzungen der Forschenden könnte eine deutlich größere Algenzucht Biomasse zu Kosten von knapp unter 300 US-Dollar pro Tonne liefern. Ab dieser Schwelle könnte Biomasse aus Algen wettbewerbsfähig werden. Zum Vergleich: Eine Tonne Mais-Biomasse wurde im März 2022 zu knapp 250 Euro gehandelt. Wird zudem parallel aus der Biomasse die Substanz Limonen – in der chemischen Industrie als Duftstoff begehrt – extrahiert, könnten Algenzuchten ihren Profit weiter steigern.

(jle)