College für Drohnenpiloten

In den USA kann man sich an Hochschulen nun zum Kapitän für unbemannte Luftfahrzeuge ausbilden lassen. Die Jobchancen sind unklar.

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Von
  • Elizabeth Woyke
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Gondelpilot Richard Varney verbringt seine Wochenende üblicherweise damit, Touristen in riesigen, bunten Heißluftballons durch Massachusetts zu transportieren. Doch an einem Sonntag vor wenigen Wochen fuhr er zu einem örtlichen Community College und lernte, ein anderes Luftfahrzeug zu fliegen. "Ich will etwas Neues ausprobieren", sagte er, während der einem Dozenten dabei zu sah, wie der eine 2.000 US-Dollar teure Kameradrohne steuerte. "Das könnte mir helfen, ein Nebengeschäft aufzubauen, indem ich Luftaufnahmen der umliegenden Gemeinden anfertige."

Varney ist nicht der einzige, der auf diesen neuen Job setzt. Mindestens 15 Community Colleges in den ganzen USA haben Kurse gestartet, in denen man lernen kann, wie man ein Drohnenpilot wird. Der Trend beschleunigte sich im vergangenen Jahr, nachdem die Luftfahrtbehörde Federal Aviation Administration (FAA) neue Regeln aufstellte, die von kommerziellen Drohnenpiloten das Ablegen eines Tests verlangt – samt Zertifizierung als "Fernpilot".

Einige vierjährige Hochschulen und Privatfirmen bieten ebenfalls Trainings an. Die Kurse in den Community Colleges sind aber besonders interessant, weil sie derart unterschiedliche Lernende anzuziehen scheinen. Darunter sind auch erwachsene Menschen, die eine neue Karriere suchen. Viele der Colleges bieten die Drohnenkurse im Rahmen ihrer "Workforce Development"- oder "Workforce Solutions"-Institute an, die versuchen, praktisches Wissen zu vermitteln, dass sich dann direkt bei der Arbeit einsetzen lässt – oder dazu führt, dass man einen neuen Job erhält.

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Es ist schwer zusagen, ob die Kurse, die in den Community Colleges normalerweise keine Punkte bringen, wirklich sinnvoll sind. Manchmal sind sie nur ein Wochenende und manchmal ein ganzes Semester lang. Interessierte zahlen zwischen 130 und 1.250 Dollar. Teilnehmen dürfen Schüler ebenso wie Senioren. Einen formalen Prozess, der dabei hilft, passende Arbeitgeber zu finden, gibt es normalerweise nicht. Erfasst, wer später wirklich einen Drohnenjob bekommt, wird ebenfalls nicht – das macht auch nicht die FAA oder die amerikanische Industrieorganisation Association for Unmanned Vehicle Systems International (AUVSI).

Warum die Menschen sich hier ausbilden lassen, was ihnen beigebracht wird und wie sie ihre neuen Kenntnisse einsetzen wollen, ist ganz unterschiedlich. Ein Kurs, der im September am Quinsigamond Community College in Worcester, Massachusetts, durchgeführt wurde, zog neun Lernende an. Varney, den Heißtluftballonpiloten, einige Personen, die die Drohnen zum Fotografieren und Filmen nutzen wollen und zusätzlich zwei Polizisten und ein Feuerwehrmann. Der Wochenendkurs umfasste einen Tag an Vorbereitung für die FAA-Prüfung im Klassenraum. Der Test ist zwei Stunden lang und umfasst 60 Fragen. Tag zwei deckte das eigentliche Flugtraining ab, bei dem eine dreieinhalb Kilo schwere Drohne der chinesischen Firma DJI über den College-Parkplatz bewegt wurde.

Nahezu alle Teilnehmer wollen die FAA-Prüfung in Zukunft ablegen. Polizisten und Feuerwehrmann möchten Drohnen künftig für Rettungs- und Suchaktionen sowie zur Dokumentation von schweren Verkehrsunfällen nutzen. Die anderen Teilnehmer wollen Fotos und Videos von Immobilien erstellen oder Infrastruktur überprüfen, etwa Brücken, wie Dozent Michael Bush sagte.

Das Tulsa Community College, das Dabney S. Lancaster Community College in Clifton Forge, Virginia und das Sauk Valley Community College in Dixon, Illinois, hatten bei ihren Drohnenklassen ebenfalls eine Mischung aus unterschiedlichen Personen. Einige wollten das Wissen für ihren aktuellen Job, andere für eine neue Teilzeitbeschäftigung oder die Gründung einer Firma.

Kursteilnehmer am Mountain Empire Community College in Virginia bei Flugübungen mit kleinen Drohnen.

(Bild: Mountain Empire Community College)

Die Angebote wurden in diesem oder im letzten Jahr gestartet – und zwar als Reaktion auf die Nachfrage und nicht etwa, um einem Hype aufzusitzen, wie die College-Leitungen betonen. "Wir denken, dass Drohnen große Auswirkungen auf eine ganze Reihe von Industrien haben werden und es ist besser, die Leute auf diese Disruption vorzubereiten, anstatt zu sagen, wir müssen uns darum nicht sorgen", meint Kathleen Manning, Leiterin des Quinsigamond Community College's Center for Workforce Development and Continuing Education.

Die FAA schätzt, dass die Zahl der zertifizierten Drohnenpiloten in den USA von 107.800 im Jahr 2017 auf 422.000 im Jahr 2021 steigen wird. Wie viele davon mit ihren Skills Geld verdienen werden, ist aber unklar. Fernpilotlizenzen wurden bislang mehr als 63.000 ausgegeben.

Bei der AUVSI schätzt man, dass die Drohnenbranche zwischen 2015 und 2025 direkt rund 50.000 Jobs schaffen wird. Bijan Vasigh, Professor für Wirtschaft und Finanzen an der Embry-Riddle Aeronautical University, der bei der Berechnung dieser Zahlen geholfen hat, meint, dass viele Drohnen-Jobs spezialisierte technische Ausbildungen voraussetzen. Community Colleges seien jedoch ein idealer Ort dafür, den Menschen elementare Kenntnisse des Fliegens, Reparierens und Überwachens kleiner Drohnen mitzugeben. "Wie man eine Drohne beherrscht sowie einfache Drohnenlogistik kann sicher in einem Zertifizierungsprogramm gelehrt werden."

Harte Daten fehlen bislang noch, weshalb man mit Ausbildern reden muss. Fred Coeburn vom Mountain Empire Community College in Big Stone Gap, Virginia, hat so laut eigenen Aussagen seit 2015 mehr als 100 Studenten ausgebildet. Sowohl junge Menschen als auch ältere Arbeitnehmer, deren Industriejobs weggefallen sind, weil die Kohle-, Textil und Tabakindustrie einging, wurden zu Drohnenpiloten oder Technikern ausgebildet. Das Ziel sei die Schaffung eines ausreichend großen, kostengünstigen Arbeitnehmerpools gewesen, um Drohnenfirmen anzulocken. Bislang gibt es aber mehr Arbeitssuchende als Jobs.

Man habe "viele Versprechen" von Unternehmen bekommen, aber wenig habe sich dann tatsächlich ergeben, so Coeburn. Es sei ein Henne-und-Ei-Problem. "Neue Firmen kommen erst, wenn genügend Arbeitnehmer ausgebildet werden oder ausgebildete Arbeitnehmer vorhanden sind. Aber die Ausbildung lohnt sich nicht, wenn Jobs nur für die Zukunft versprochen werden." Wenn er nur einer Person zu einer Arbeit verhelfe, gehe es voran.

(bsc)