Das Ende des PC?
Tastatur, Maus und möglichst viele Gigahertz unter der Haube – das erwartete man bislang von einem Computer. Doch Smartphones und Tablets machen den universell einsetzbaren PCs immer mehr Konkurrenz – eine neue IT-Epoche beginnt.
- Holger Dambeck
Tastatur, Maus und möglichst viele Gigahertz unter der Haube – das erwartete man bislang von einem Computer. Doch Smartphones und Tablets machen den universell einsetzbaren PCs immer mehr Konkurrenz – eine neue IT-Epoche beginnt.
Die erste Million ist ja angeblich die schwierigste. Beim iPad dauerte es allerdings nicht mal 30 Tage, bis die magische Grenze von einer Million verkaufter Geräte Âgeknackt war. Auch die Deutschen lieĂźen sich Anfang Juni von diesem Hype infizieren, erkennbar allein schon an Zigtausenden von Downloads des „Spiegel Online“-Apps fĂĽr das neue Kultgerät von Apple. Wie schon zuvor das iPhone ist das iPad das richtige Gerät zur passenden Zeit. Apple, die amerikanische Computerschmiede mit der Nase fĂĽr innovative Trends, hat dabei von einem gigantischen Medienrummel um den Tablet-Computer mit ÂberĂĽhrungsempfindlichem Display profitiert.
Das Timing hätte kaum besser sein können: Sparsame Chips für Mobilcomputer sind leistungsstärker und günstiger denn je. Der Touchscreen ist weithin akzeptiert – auch durch die Vorarbeit des iPhones. Über WLAN und UMTS können Surfer sich mittlerweile fast überall günstig ins Internet einklinken. Zudem haben die Nutzer erkannt, dass sie in vielen Fällen auf einen großen PC mit Browser verzichten können. Auf Knopfdruck Mails checken und herausfinden, wann die nächste U-Bahn kommt – dazu genügt auch eine App.
Und so bĂĽndelt das iPad gleich mehrere Trends der jĂĽnÂgeren Zeit in einer Geräteklasse, die kurioserweise nicht mal neu ist. Im Jahr 2002 hatte Microsoft mit groĂźem Tamtam die „Tablet PC Edition“ auf den Markt gebracht – eine spezielle ÂVariante des Betriebssystems Windows XP, die auch ohne Tastatur auskommt. Gedacht war die Software fĂĽr mobile Kleincomputer mit berĂĽhrungsempfindlichem Display. Bedient wurde der Touchscreen eines solchen Tablet PC mit einem Stift. Mit groĂźem Aufwand hatte Microsoft eine Handschrifterkennung fĂĽr eine Vielzahl von Sprachen entwickelt, darunter auch Chinesisch. Doch das innovative Betriebssystem kam um Jahre zu frĂĽh: Die Spezialdisplays kosteten noch zu viel, das mobile Internet war zu langsam, die Stiftbedienung zu umständlich.
Nicht zuletzt fehlte den Tablet PCs ein ĂĽberzeugendes Design und das spielerische Element. Mit der Bewegung zweier Finger in ein Bild zoomen wie beim iPad, mit einer WischÂbewegung Seiten umblättern – eine solch intuitive Bedienung erlaubte ein Stift nicht. Während das iPad fĂĽrs entspannte Surfen auf dem Sofa konzipiert ist, hatte Microsoft Business-Anwender im Visier. Doch nur in einigen Nischen, etwa im Gebäudemanagement oder im medizinischen Bereich, setzte sich das mobile ÂMicrosoft-System durch.
Der durchschlagende Erfolg des iPads und seines kleinen ÂBruders iPhone hat natĂĽrlich auch mit der besonderen Haptik und der klaren Formensprache zu tun. Man trägt die Handschmeichler wie ein Modeaccessoire zur Schau. Menschen definieren ihre Persönlichkeit zunehmend auch ĂĽber ihr Handy. „Das iPhone hat Ausweisqualität wie frĂĽher eine Zigarettenmarke oder das Auto“, konstatiert Peter Wippermann vom Hamburger TrendbĂĽro. Der Zukunftsforscher berät Unternehmen ĂĽber die Chancen des technologischen und gesellschaftlichen Wandels.
Gerade mal vier Monate auf dem Markt, ist das iPad nicht nur bereits eine Stilikone, sondern repräsentiert auch ein neues Zeitalter der IT-Geschichte. Statt klobiger Desktop-Computer nutzen immer mehr Menschen kleine, smarte Geräte. Sie greifen zu Smartphone, Tablet oder Laptop – je nachdem, was sie gerade vorhaben. Der PC, das bewährte Arbeitstier der vergangenen 20, 30 Jahre, wird an Bedeutung verlieren. Der amerikanische Informatiker Mark Weiser hatte bereits 1991 prophezeit, dass PCs mit Allround-Fähigkeiten eines Tages durch eine Vielzahl intelligenter Gegenstände ersetzt werden. Weiser prägte ÂdafĂĽr den Begriff des Ubiquitous Computing, was so viel wie Allgegenwart von Rechnern bedeutet.
Keine Frage: Desktop-PCs punkten mit ihrer Vielseitigkeit. Man kann mit ihnen Texte schreiben, endlose GleichungsÂsysteme ausrechnen und komplexe Simulationen laufen lassen, surfen, Fotos bearbeiten, Videos schneiden. Doch genau wegen dieser universellen Fähigkeiten hält Joseph Reger, Technologie-Chef des IT-Unternehmens Fujitsu, die Computer in vielen ÂFällen fĂĽr ĂĽberdimensioniert ... (kd)