De-Globalisierung: Kann Europa sich selbst mit Stahl und Aluminium versorgen?

Seite 2: Aluminium: Bedarf und Recycling

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(Bild: Curioso.Photography/Shutterstock.com)

Für Aluminium, das andere Metallmassenprodukt, sieht die Bilanz aus deutscher Sicht nicht so gut aus. Mehr als drei Millionen Tonnen Aluminium werden jährlich in Deutschland benötigt. Etwa die Hälfte davon geht in den Flugzeug- und Autobau. Die Bauindustrie, Maschinenbau und Elektrotechnik sowie Verpackungshersteller sind die übrigen Abnehmer. Dem gegenüber steht eine deutsche Produktion von 1,2 Millionen Tonnen im Jahr 2019.

Deutschland setzt dabei auf Wertstoffrecycling. 692 Tausend Tonnen stammen aus dieser Quelle, berichtet der Gesamtverband der Aluminiumindustrie (GDA). Die Chancen, dass die Produktion an wiederverwertetem Aluminium weltweit steigen wird, stehen gut. Denn der technische Aufwand für die Rückgewinnung des Aluminiums ist verglichen mit der Herstellung von Neu-Aluminium deutlich kleiner, weil das Metall schon bei niedrigen Temperaturen schmilzt. Dadurch verringern sich die Energiekosten auf etwa fünf Prozent. Derzeit stammen 20 Prozent der globalen Produktion aus dem Recycling.

Ohne den Weg des Recycling werden weder Europa noch Deutschland ihren Aluminiumbedarf decken können. Aluminium ist zwar das dritthäufigste Element in der Erdkruste, aber in Europa gibt es nur in Griechenland kleinere Lagerstätten, deren Abbau sich lohnt. Das wichtigste Aluminium-Mineral ist Bauxit. Doch der technische Prozess der Herstellung ist aufwändig. Nach Berechnungen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe müssen für eine Tonne Aluminium fast neun Tonnen Gestein abgebaut werden, ein Drittel davon landet als Abraum auf der Halde.

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Typische Bauxitlagerstätten sind nur zwei bis zehn Meter dick, der Tagebau benötigt deshalb viel Fläche, um größere Mengen zu fördern. Australien, China und Guinea in Westafrika sind derzeit die größten Abbauländer. Als es im September 2021 im westafrikanischen Land einen Militärputsch gab, stieg sofort der Aluminiumpreis auf dem Weltmarkt.

Deutschland hat kaum Möglichkeiten, das bauxithaltige Gestein selbst zu verarbeiten. Das geschieht nur in geringen Mengen, die hierzulande verwendeten Erze stammen aus Guinea, Liberia und Australien. Die Gesteine müssen über ein Zwischenprodukt aufgearbeitet werden. Als erstes wird aus Bauxit Tonerde (Aluminiumoxid) gewonnen, das passiert häufig nicht in den Abbauländern.

China, Australien und Brasilien teilten sich im Jahr 2020 mehr als 75 Prozent des Weltmarkts für Tonerde, mehr als die Hälfte stammt aus China. Meistens liegen Abbau, Transport und Aufbereitung in der Hand der gleichen Firma. Die Chinesen verarbeiten eigene Bauxit-Vorkommen und importieren zusätzlich aus Guinea, Australien und Indonesien.

Auch die Tonerde wird oft in einer Aluminiumhütte in einem anderen Land weiterverarbeitet. Dafür wird das Aluminiumoxid bei hohen Temperaturen mit viel Energieaufwand während einer Elektrolyse ins reine Metall umgewandelt. Wer Aluminium herstellen will, braucht viel Strom und ist auf günstige Energie angewiesen. Deshalb üben auch die Energiepreise einen großen Einfluss für die Standortwahl aus.

Im Jahr 2021 stammten nach Angaben des International Aluminum Insititut (IAI) 57 Prozent des neu hergestellten Aluminiums aus China. Danach folgen Indien (5,7 Prozent), Russland (5,4 Prozent) und Kanada (4,6 Prozent). Auch die Golfstaaten VAE und Bahrein zählen zu sieben größten Herstellern weltweit.

(jle)