Künstliche Intelligenz: Deep Learning soll Leben von Feuerwehrleuten retten

Ein neues KI-Modell kann das Überspringen von Flammen in brennenden Häusern schneller und genauer als je zuvor vorhersagen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 7 Kommentare lesen

Kurz vorm Überspringen des Feuers: ein Blick in die eingerichtete "Burn Observation Bubble" (BOB) der NIST-Forschenden.

(Bild: NIST)

Lesezeit: 3 Min.

(This article is also available in English)

Im Chaos eines brennenden Gebäudes ist es extrem schwierig, die Anzeichen eines drohenden "Flashover" zu erkennen. Denn wenn sich durch die Brandhitze einzelner brennender Gegenstände, die sich bildenden Pyrolysegase und weitere Gegenstände weit genug erhitzen, kann sich der Brand schlagartig ausbreiten – was immer wieder zum Tod von Feuerwehrleuten führt.

Mit Hilfe von Computermodellen untersuchen Fachleute die Dynamik solcher Brände, um kritische Situationen vorab besser einschätzen zu können. Die physikalische Brandsimulation benötigt allerdings viel Rechenzeit und -kapazität. Seit einigen Jahren arbeiten Forschende weltweit daher an Software, die Methoden des maschinellen Lernens nutzen, um Feuerwehrleute während des Einsatzes vor kritischen Entwicklungen zu warnen.

Forschende am JPL beispielsweise stellten 2018 einen Ansatz vor, in dem sie so genannte GANs (Generative Adversial Networks) nutzen, um die Bilder von Helmkameras der Feuerwehrleute zu verbessern – damit lässt sich der Rauch aus den Bildern herausrechnen. Die eigentliche Vorhersage eines möglichen Flashover erzeugten sie dann auf der Basis der verbesserten Bilder des Brandes. Forschende am National Institute of Standards and Technology (NIST) verwendeten maschinelles Lernen, um die Daten ausgefallener Temperatursensoren zu rekonstruieren. Und Tianhang Zhang von der Hong Kong Polytechnic University entwickelte 2021 eine Methode, die mit LSTM-Netzwerken (Long Short Term Memory) arbeitet, um den zeitlichen Verlauf von Bränden vorherzusagen – allerdings nur jeweils für spezielle Bedingungen.

Jetzt haben Wai Cheong Tam, ebenfalls vom NIST, und Kollegen der Hong Kong Polytechnic University, der China University of Petroleum und von Google eine Software entwickelt, die für eine Vielzahl von Grundrissen und Randbedingungen ein Flashover mit bis zu 30 Sekunden Vorwarnzeit und 90 Prozent Genauigkeit vorhersagen kann.

Um der Variabilität realer Brände gerecht zu werden, nutzen die Forschenden neuronale Netze auf der Basis von Graphen, sogenannte GNN. GNN repräsentieren die zur Verfügung stehenden Daten – in dem Fall Temperaturverläufe in verschiedenen Zimmern – in Form von mathematischen Graphen, also Strukturen, die Beziehungen zwischen den Daten darstellen können (Temperaturverläufe aus nicht benachbarten Räumen zum Beispiel sind nicht unmittelbar miteinander verknüpft). Das GNN lernt aus Beispielen, wie sich einzelne Brandherde in einer Wohnung oder einem Haus gegenseitig beeinflussen. In einem zweiten Teil des Modells nutzen die Forschenden dann konvolutionale neuronale Netze, um den zeitlichen Verlauf der Temperatur an einzelnen Sensoren – und damit auch einen drohenden Flashover – vorherzusagen.

Allerdings wurde die Software bislang nur mit Daten simulierter Brände trainiert und getestet. Die Forschenden simulierten mehr als 41.000 Brände in 17 Gebäudetypen, die einen Großteil des typischen Wohngebäudebestands in den USA repräsentieren. Neben dem Grundriss variierten sie auch Faktoren wie den Ursprung des Feuers, die Art der Möbel und die Frage, ob Türen und Fenster offen oder geschlossen waren. Die Genauigkeit des Modells – im besten Fall 92,1 Prozent bei 30 Sekunden Vorlaufzeit – übertraf fünf andere auf maschinellem Lernen basierende Tools, darunter das vorherige Modell der Autoren. Als nächsten Schritt planen sie, das Modell mit realen und nicht mit simulierten Daten zu testen.

(wst)