Der Weg zu 5G: Mobilfunk in Deutschland

Seite 2: Das Internet wird mobil

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Mit der zunehmenden Liberalisierung des Telekommunikationssektors sanken auch die Preise. 1994 startete E-Plus mit zugeteilten Frequenzen im 1800-MHz-Band, drei Jahre später kam mit Viag Interkom (heute O2) der zweite E-Netz-Anbieter dazu. In der Zeit dazwischen wurde die Bundespost aufgelöst und die Deutsche Telekom gegründet. Auch die SMS, eigentlich für Störungsmeldungen geplant, begann Mitte der 1990er Jahre ihren Siegeszug als Messaging-Dienst und Cash-Cow der Netzbetreiber.

Internet war im Mobilfunk zunächst kein Thema. Das änderte sich schlagartig mit dem Boom der New Economy an den globalen Börsen. Es herrschte Goldgräberstimmung: Das Internet war ein riesiges digitales Neuland, das jetzt auch aufs Handy kommen sollte. Möglich wurde das durch die dritte Mobilfunkgeneration (3G): UMTS, spezifiziert vom Standardisierungsgremium 3GPP, sollte dem mobilen Internet den Durchbruch bringen.

Das 1999 eingeführte WAP mit seinen erbarmungswürdigen 9,6 kBit/s machte keinen Spaß – daran änderte auch der GSM-Beschleuniger GPRS nicht. Die 384 kBit/s, die mit UMTS möglich sein sollten, verhießen Internet immer und überall – in einer Zeit, in der über einen ISDN-Kanal gerade mal 64 kBit/s flossen. Das heizte die Fantasie in Chefetagen und auf Aktienmärkten ordentlich an.

Knapp 100 Milliarden Deutsche Mark blätterten die Netzbetreiber und solche, die es werden wollten, im August 2000 für ein bisschen Spektrum im 2,1-GHz-Band hin. Es war der bei weitem höchste Betrag, der weltweit für UMTS-Frequenzen gezahlt wurde – die ganze Kohle fehlte dann für den Netzausbau, der nur langsam voranging. Nicht allen ist der Hype gut bekommen: Quam gab nach nur einem Jahr wieder auf und auch Mobilcom hat sich an dem UMTS-Paket fast übernommen.

Ein Selbstläufer war das mobile Internet dann auch nicht. Eine UMTS-Karte für den PCMCIA-Slot des Laptops sollte etwa bei Vodafone 360 Euro kosten – aber nur in Verbindung mit einem Datentarif. Und die hatten es bei allen Anbietern in sich: Eine "Flat" mit 500 Megabyte Verkehrsvolumen kostete bei T-Mobile zur Einführung 110 Euro im Monat. Zehn Jahre nach der Auktion war erst ein Fünftel der über deutschen 100 Millionen Mobilfunkkunden auch UMTS-Nutzer.

Die vierte Mobilfunkgeneration (4G) hatte es da leichter: Ende der 2000er war das Internet schon ein Massenmedium. Das iPhone hatte 2007 einen Evolutionsschub ausgelöst. Krücken wie WAP oder iMode waren vergessen. Mit den neuen Smartphones konnte man das mobile Internet sinnvoll nutzen. 2010 versteigerte die Bundesnetzagentur die deutschen Frequenzen für insgesamt 4,4 Milliarden Euro, wenig später begannen die Netzbetreiber mit dem Ausbau.

Streng genommen erfüllt die erste LTE-Generation nicht die technischen Kriterien, die die 3GPP für 4G formuliert hatte - weshalb man bei LTE auch von 3.9G spricht. Die Marketingabteilungen der Netzbetreiber haben das geflissentlich ignoriert – und inzwischen dafür auch den Segen der Internationalen Fernmeldeunion (ITU). Bei LTE Advanced (LTE-A), dass mit Trägerbündelung und MIMO auf Bitraten von 1 Gbit/s und mehr kommt, darf man von "echtem" 4G sprechen.

Mit den steigenden Bitraten wird die zentrale Ressource der Mobilfunknetze immer wertvoller: Spektrum ist das neue Öl, sagen nicht nur die Netzbetreiber. Viel hilft viel, denn die Physik setzt den Nutzungsmöglichkeiten der Frequenzen Grenzen, die sich bei Durchsatz und Reichweite manifestieren. Deshalb wird auch die noch laufende Versteigerung wieder ein gutes Geschäft für den Finanzminister – sollte sie nicht aufgrund der Klagen der Netzbetreiber gegen die Auktionsbedingungen nachträglich gekippt werden.

Wie es mit 5G weitergeht, ist also noch offen. Nur eins wissen die Netzbetreiber schon jetzt: Ein erneutes Milliardengrab wie UMTS wollen sie sich nicht mehr leisten. (vbr)