Der lange Rückbau des AKW Unterweser

Seite 2: 193.000 Tonnen Abfälle

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Im sogenannten Ringraum, der den unteren Teil des Kraftwerkes ringförmig umläuft, wird derzeit Platz geschaffen für die Reststoffverarbeitung. An den Wänden des schlauchförmigen und zwei Meter unter der Erdoberfläche verlaufenden Ringraums sind Gradzahlen zur Orientierung angebracht, die bis 360 Grad gehen. Es gibt viele Gänge, Treppen und Aufzüge. "Wer das erste Mal hier ist, der kann sich nur verlaufen", sagt Werkssprecher Jörg Gaspar. Ungefähr auf 67,5 Grad wird derzeit ein 4,10 Meter hoher Nischenraum vermessen, wo bis vor kurzem ein riesiges Nachkühlsystem stand. Dort soll eine Nassstrahlanlage hin, um abgebaute Montageteile zu reinigen.

Insgesamt fallen beim Rückbau im Kontrollbereich 193.000 Tonnen Abfälle an. Nur zwei Prozent sind radioaktiver Abfall wie die Brennelemente, die für die Endlagerung bestimmt sind. Vom Gesamtvolumen sollen 11.600 Tonnen "freigemessen" werden. In dem nicht unumstrittenen Freimessungsverfahren gelten Baureste dann als unbedenklich, wenn sie eine Strahlendosis von 10 Mikrosievert pro Jahr und Person nicht überschreiten. Alles was darunter ist, gilt als freigemessen und fällt nicht mehr unter die strengen Regeln der Atomrechts, sondern kann als Müll nach Abfallrecht deponiert, verbrannt oder recycelt werden.

Der Arbeitskreis Wesermarsch kämpfte seit 1980 für die Stilllegung des KKU und gegen das Atomprogramm und ist nun einer der schärfsten Kritiker des Rückbauprozesses. Die Initiative klagte gegen die Stilllegungsgenehmigung, weil sie wichtige Vorgaben für nicht erfüllt hält, und den Rückbau sieht Hans-Otto Meyer-Ott vom Arbeitskreis mehr als kritisch. Er will eine Lagerung der Abfälle auf der 20 Kilometer entfernten Deponie Brake-Käseburg verhindern. "Nach der Strahlenschutzverordnung ist sie dafür nicht geeignet", sagt er.

Erst Ende Oktober warnten 57 Initiativen, darunter der Arbeitskreis, in einem offenen Brief an die Umweltministerkonferenz, dass aus dem Abbau der Kraftwerke in Deutschland Millionen Tonnen Müll zu erwarten seien, die als "freigemessene" Abfälle auf Deponien landeten und in der Umwelt verteilt würden. Sie forderten einen Stopp der Freigabe und eine Lagerung am Kraftwerksstandort, bis ein Konzept zur langfristigen Aufbewahrung erarbeitet sei.

Wo der Abfall des Atomkraftwerks Unterweser landet, ist noch unklar. PreussenElektra will aber nach Worten Reinstroms bis Ende November einen überarbeiteten Einzelfallnachweis für die Deponie Käseburg bei den Behörden einreichen. Er könne sich vorstellen, dass der Prozess dann im ersten Quartal 2020 entscheidungsreif sein könnte. "Das ist aber nicht unsere Entscheidung, sondern die des Umweltministeriums in Hannover."

Drei AKW sind noch in Deutschland in Betrieb (7 Bilder)

Seit März 1984 ist Block C des AKW im bayerischen Gundremmingen in Betrieb. Block A war von 1967 bis 1977 in Betrieb. Der 1984 ans Netz gegangene Block B wurde am 31. Dezember 2017 abgeschaltet, Block C – ebenfalls 1984 in Betrieb genommen – folgte Ende 2021. (Bild: kkw-gundremmingen.de)

(anw)