Der stille Tod der SD-Speicherkarte in der Fotografie

SD Express löst auch über fünf Jahre nach dessen Fertigstellung keine Begeisterungswelle aus. Karten- und Kamerahersteller schielen in Richtung CFexpress.

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SD-Karten auf braunen Untergrund

Zu UHS-I-Zeiten schritt bei SD-Karten die Entwicklung noch rasant voran. Im nächsten Schritt auf UHS-II kam eine zweite Kontaktreihe hinzu.

(Bild: c't)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Matthias Proske
Inhaltsverzeichnis

Zeitgleich mit dem Boom der Digitalkameras Anfang der 2000er-Jahre, setzten sich SD-Karten in der Fotografie durch. Keine 25 Jahre später scheint sich die zuständige SD Card Association endgültig in eine Sackgasse manövriert und das Format jede Perspektive auf eine rosige Zukunft verloren zu haben. Der Konkurrenzstandard CFexpress macht derweil vieles besser.

Über Begriffe wie UHS-III (nicht zu verwechseln mit der Video-Geschwindigkeitsklasse U3) oder SD Express ist der technisch Interessierte vielleicht schon einmal gestolpert, allerdings eher in den Nachrichten als im Handel. Seit sieben Jahren konnte sich kein neuer Standard der SD Card Association am Markt durchsetzen.

Bis sich neue Standards am Markt etablieren, vergehen in der Technikwelt meist einige Jahre. Beispiel: USB 4.0 ist fünf Jahre nach der Vorstellung an vielen neuen Desktop-PCs und Notebooks zu finden, externe SSDs und andere Endgeräte sind dagegen noch eher Exoten.

Fast schon raketengleich startete dagegen die UHS-I-Schnittstelle für SD-Karten, die die maximal mögliche Übertragungsgeschwindigkeit von 25 auf 104 MByte/s mehr als vervierfachte: Im Mai 2010 kam die Version 3.01 der SD-Spezifikationen, schon zur IFA im September desselben Jahres präsentierte Toshiba eine erste UHS-I-Speicherkarte, Nikon folgte einen Monat später mit der DSLR-Kamera D7000 und zum Jahreswechsel 2011 war die gesamte Produktkette von Karten, Kartenlesern und Kameras im Handel.

Auch wenn die vergleichsweise einfache Implementierung sicherlich ihren Teil dazu beigetragen hat – der Takt der Schnittstelle stieg von 50 MHz (SDR25) auf 208 MHz (SDR104) und UHS-I SD-Karten durften mit 2,88 W nun auch viermal so viel elektrische Leistung aufnehmen – dennoch zeugten knappe sechs Monate bis zur Marktverfügbarkeit von einer guten Zusammenarbeit aller Beteiligten.

Ein Jahr später, 2011, folgte der Komplettumbau der Schnittstelle: Mit UHS-II bekamen SD-Karten eine zweite Kontaktreihe, eine LVDS-basierte Übertragung (Low Voltage Differential Signaling), eine Verdreifachung der Übertragungsgeschwindigkeit und das bei gleichbleibender Leistungsaufnahme. Dennoch dauerte es "nur" etwa 2,5 Jahre, bis Fujifilm mit der X-T1 die erste UHS-II-Kamera vorstellte und zeitgleich passende SD-Karten den Markt erreichten.

2024 ist UHS-I de facto der Mindeststandard für Kameras, Kartenleser und SD-Karten. Auch UHS-II hat es in rund 100 verschiedene Systemkameras geschafft – nur bei den kleineren microSD-Karten setzte sich die schnellere Übertragung nie durch. Weder Smartphones egal welcher Preisklasse noch mobile Spielekonsolen à la Steam Deck oder Nintendo Switch erlauben mehr als 104 MByte/s (UHS-I).

Auf UHS-II folgte 2017 UHS-III mit einer erneuten Verdoppelung der Geschwindigkeit auf 624 MByte/s. Zumindest theoretisch, denn nicht einmal ein Mock-up eines Herstellers schaffte es auch nur auf eine der zahlreichen Technikmessen.

Nicht ganz so fatal steht es um SD Express: Beim erneuten Komplettumbau der Schnittstelle, wohlgemerkt nur sieben Jahre nach UHS-II, setzte auch die verantwortliche SD Card Association 2018 auf PCI Express (3.1) samt NVMe-Protokoll und hob das Limit für SD-Karten auf stattliche 985 MByte/s an – selbst winzige microSD-Karten könnten damit SATA-SSDs abhängen. 2020 folgte das quasi obligatorische Update auf PCI Express 4.0 sowie bis zu 3.938 MByte/s (PCIe 4.0 x2 mit dritter Kontaktreihe), allerdings nur für SD-Karten in Standardgröße.

Zwar gibt es eine Handvoll SD-Express-Speicherkarten und Kartenleser, jedoch eher von Herstellern aus der zweiten Reihe (Adata, DeLock, Ritz Gear, Sabrent). Branchengrößen wie Sandisk und Lexar beließen es bisher aber bei Demos beziehungsweise Ankündigungen, Samsungs microSD-Express-Karte soll im Laufe des Jahres erscheinen.

Hört man sich auf Fotomessen wie der CP+ in Japan um, ist vor allem Resignation zu vernehmen: Eine Kamera mit SD Express sei nicht zu erwarten, heißt es aus Kreisen der Speicherkartenhersteller, die in der Regel eng mit den Kameraherstellern zusammenarbeiten, um zum Marktstart der Kamera passende und kompatible Karten im Handel zu haben. Auch über das Warum herrscht Einigkeit.

PCI Express und UHS-II/III nutzen in der physischen Schicht inkompatible Signalübertragungsverfahren: High Speed Current Steering Logic (HCSL) beziehungsweise Low Voltage Differential Signaling (LVDS). Der SD-Express-Standard sieht weder für Endgeräte noch für SD-Karten einen Mechanismus vor, um auf Controller-Seite zwischen den beiden Übertragungsarten umschalten zu können.

Sowohl UHS-II/III als auch PCI Express belegen bei SD-Karten die untere Kontaktreihe. Daraus ergibt sich ein Kompatibilitätsproblem: Unternehmen müssen sich entscheiden, ob sie eine Kamera, eine Speicherkarte oder einen Kartenleser mit UHS-II oder PCI Express als Schnittstelle anbieten, nie beides (in einem Kartenfach). Lediglich die obere Kontaktreihe steht immer für UHS-I mit 104 MByte/s bereit.

Speicherkarten mit UHS-II und SD Express 7.0 im Vergleich (2 Bilder)

Links eine UHS-II-Karte, rechts eine mit SD Express 7.0. Äußerlich sind die Varianten nicht zu unterscheiden, intern verschalten sie die zweite Kontaktreihe aber unterschiedlich. (Bild: Matthias Proske / heise online)

Auf Kundenseite gibt es daher in der Regel keinen sinnvollen Upgrade-Pfad. Wer schon heute eine zukunftssichere SD-Express-Karte kauft, muss bis zu einer passenden Kamera mit UHS-I-Geschwindigkeit vorliebnehmen. Wer UHS-II-Karten besitzt, würde in einer hypothetischen SD-Express-Kamera nicht nur von 985 MB/s auf 312 MB/s (UHS-II), sondern auf 104 MB/s (UHS-I) zurückfallen.

Während SD-Karten als "Erblast" die erste Kontaktreihe mitschleppen, die langfristig nur noch als kleinster gemeinsamer Nenner für die Abwärtskompatibilität dienen kann, bietet der deutlich jüngere CFexpress-Standard (2017) von Anfang an PCI Express 3.0 und hohe Übertragungsraten.

CFexpress ist zwar der (Nach-)Nachfolger von CompactFlash und später XQD aus dem Profisegment, aber mit der Version 2.0 kamen 2019 weitere Formfaktoren hinzu, darunter der Typ A, der gegenüber SD-Karten nur 4 mm kürzer und schmaler ist. Sony nutzt die ähnlichen Formen kreativ und bietet in neueren Alpha-Kameras kombinierte Speicherkartenfächer für CFexpress Type A und SD (UHS-II). Canon, Fujifilm, Nikon & Co. setzen im Profisegment meist auf einen Mix aus je einem Fach für CFexpress Type B und SD (UHS-II).

In aktuelle Sony-Alpha-Kameras passen sowohl SD- als auch CFexpress-Karten. Hier zu sehen im oberen Speicherkartenfach der Alpha 7 IV.

(Bild: Matthias Proske / heise online)

So hat der Kunde einerseits die Wahl und andererseits die Möglichkeit, bereits gekaufte SD-Karten weiterzuverwenden. Zudem sind CFexpress-Speicherkarten inzwischen oft deutlich günstiger, zumindest bei Kapazitäten ab etwa 256 GB.

Mit dem Ende 2023 vorgestellten Upgrade auf PCIe 4.0 verdoppelt sich die mögliche Geschwindigkeit auf 2 (Type A) bis 4 GB/s (Type B). Entsprechende Speicherkarten und Kartenleser erreichen schon jetzt den Handel. Auch wenn entsprechende Kameras nicht vor 2025, eher 2026 erwartet werden, entstehen Endkunden beim Kauf entsprechender Karten heute keine Nachteile. Bisherige CFexpress-Karten mit PCIe 3.0 sollten in kommenden Kameras mit ihrer nativen Geschwindigkeit funktionieren.

SD-Speicherkarten werden uns wahrscheinlich noch lange erhalten bleiben, vor allem microSD-Karten sind für viele Mobilgeräte nach wie vor das Mittel der Wahl. Da sich UHS-II in der kompakten Bauweise nie durchgesetzt hat, ist auch die fehlende Abwärtskompatibilität zu UHS-II unkritisch und microSD Express könnte Chancen am Markt haben.

In der Fotografie sieht die Zukunft dagegen düsterer aus. Zwar wird auch hier die SD-Karte zumindest im Einstiegssegment ohne besondere Geschwindigkeitsanforderungen noch viele Jahre Bestand haben. Der Trend geht aber zu höherwertigen Kameras, bei denen CFexpress eine immer größere Rolle einnimmt. Im Jahr 2023 haben Deutsche für spiegellose Systemkameras durchschnittlich 1676 Euro ausgegeben.

Für SD-Karten ist derweil kein Ausweg aus der Entwicklungsfalle absehbar. Weder sind Bestrebungen bekannt, SD Express und UHS-II/III doch noch auf- und abwärtskompatibel zu machen, noch ist ein radikales Redesign wie beim Wechsel von CompactFlash zu XQD/CFexpress zu erwarten.

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