Die Biologie der Einsamkeit

Ähnlich wie Hunger: Die menschliche Sehnsucht nach Gesellschaft hat einen festen Platz in den Schaltkreisen des Gehirns. Kann diese Erkenntnis helfen?

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Es scheint sie zu geben: Zellen, die für Einsamkeit verantwortlich sind.

(Bild: Karolina Skiścim (/unsplash))

Lesezeit: 15 Min.
Von
  • Adam Piore
Inhaltsverzeichnis

Kay Tyes Suche begann lange bevor die Welt etwas von COVID-19 gehört hatte. Doch die Fragen der Neurowissenschaftlerin vom Salk Institute of Biological Sciences im kalifornischen La Jolla haben im Zeitalter der sozialen Distanzierung noch mal besondere Bedeutung gewonnen: Ähnelt die Einsamkeit von Menschen, die sich nach sozialen Interaktionen sehnen, dem Hungergefühl von Menschen, die sich nach Essen sehnen? Und wenn das so ist, lässt sich dieser „Sozial-Hunger“ in den neuronalen Schaltkreisen des Gehirns aufspüren und vielleicht sogar befriedigen?

Lange erwies sich die Vermessung – oder gar nur eine Definition – der Einsamkeit als so schwierige Herausforderung, dass Neurowissenschaftler das Thema gänzlich gemieden haben. Dabei „ist Einsamkeit etwas Universelles. Wenn ich Leute auf der Straße fragen würde: ‚Weißt du, was es bedeutet, einsam zu sein?‘, dann würden wahrscheinlich 99 oder 100 Prozent von ihnen mit ‚Ja‘ antworten“, sagt Tye. „Da ist es nur logisch, das neurowissenschaftlich zu erforschen. Nur hat eben noch niemand einen Weg gefunden, Einsamkeit zu testen und in bestimmten Zellen zu verorten. Das versuchen wir nun.“

Bisher wurden meist nur die Auswirkungen der Einsamkeit erforscht. So ist in den letzten Jahren umfangreiche wissenschaftliche Literatur darüber entstanden, wie Einsamkeit mit Depressionen, Angstzuständen, Alkoholismus und Drogenmissbrauch in Verbindung steht. Eine wachsende Zahl epidemiologischer Arbeiten zeigt zudem, dass Einsamkeit die Wahrscheinlichkeit erhöht, krank zu werden. Sie scheint die chronische Freisetzung von Hormonen auszulösen, die eine gesunde Immunreaktion unterdrücken.

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