Die Neuerungen von Linux 3.15

Seite 2: Netzwerk, Treiber, Infrastruktur

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Keine größeren Neuerungen gab es diesmal beim Kernel-Code für Btrfs. Zusätzlich zu den klassischen "POSIX Locks" beherrscht Linux jetzt "Open File Description Locks" (u. a. 1). Über beide Techniken können Prozesse und Threads den Dateizugriff koordinieren; der neue Locking-Ansatz vermeidet aber eine ganze Reihe von Stolperfallen, in die Programmierer mit POSIX Locks immer wieder tappen.

Die Kernel-Entwickler haben den im Netzwerk-Subsystem angesiedelten Berkeley Packet Filter (BPF) grundlegend überarbeitet; er eignet sich dadurch für zahlreiche weitere Aufgaben und arbeitet schneller. Das ist für die Netzwerktraffic-Steuerung über Tc oder Sniffer Tools wie Tcpdump relevant, die auf den BPF zurückgreifen; auch der Browser Chromium profitiert indirekt von den Änderungen, denn er nutzt für Sandboxen den bei 3.5 eingeführten Syscall-Filter-Mechanismus, der den BPF verwendet. Da der neue Code mehr Möglichkeiten bietet, wollen einige Kernel-Entwickler auch den Funktions-Tracer Ftrace anpassen, damit auch er den BPF nutzt. Ftrace soll dadurch erheblich effizienter arbeiten und das System bei der Ablaufverfolgung erheblich weniger bremsen, was Störeffekte vermeidet.

In den Kernel ist ein WLAN-Treiber für den PCIe-80211n-Chip RTL8723BE von Realtek eingezogen (u. a. 1, 2). Der WLAN-Treiber RTL8180 unterstützt nun auch den Realtek RTL8187SE; der im Staging-Bereich für schlechten Code liegende Treiber für diesen Chip wurde daher rausgeworfen. Dafür ist dort ein Treiber für den USB-WLAN-Chip Realtek RTL8723AU eingezogen.

Der Linux-Kernel enthält jetzt wieder einen Treiber für USB Attached SCSI (UAS); dieser Treiber entlockt USB-3.0-Datenträgern mit UAS-Unterstützung oft bessere Performance als der USB-Mass-Storage-Treiber, weil UAS bei der Datenübertragung effizienter vorgeht. Der Code für den UAS-Treiber steckt schon lange im Kernel, bereitete aber von Anfang an Probleme und wurde daher bei Linux 3.8 lahmgelegt; die Entwickler wollen diese Probleme jetzt ausgeräumt haben.

Die Gast-Treiber und Hintergrunddienste zur Unterstützung von Microsofts Hyper-V können nun Dateien im Dateisystem von Linux-VMs ablegen, wenn Microsofts Hypervisor sie dazu auffordert; diese Funktion ist Teil der "Guest Integration Services" neuerer Windows-Versionen.

Das bei Linux 3.14 eingeführte Kernel Address Space Layout Randomization (KASLR) wurde weiter ausgebaut; Schadsoftware und Angreifer haben es dadurch auf x86-Systemen noch schwerer, Kernel-Code zu finden, der ihnen zusätzlicher Rechte verschafft. Verbessert wurde auch die Kompatibilität zur Compiler-Infrastruktur LLVM, damit sich Linux mittelfristig mit dem LLVM-Frontend Clang kompilieren lässt. Der Power-Management-Code von 3.15 kann Hardware-Komponenten eine Zeitspanne vorgeben, innerhalb der sie die Arbeit aufnehmen müssen. Dadurch können Komponenten, die Stromsparmodi autark ansteuern, Wechsel in zu tiefe Schlafzustände vermeiden, damit Performance und Reaktionsgeschwindigkeit des Systems nicht leiden (1, 2).

Der Firmware gegenüber meldet der ACPI-Code des Kernel jetzt Kompatibilität zu "Windows 2013". Der neue Kernel soll dadurch auch auf einigen neueren Systemen sauber laufen, bei denen ältere Versionen aufgrund von Firmware-Fehlern Probleme zeigen; in einigen Fällen bootet Linux nicht einmal. Der Kernel 3.15 beherrscht die neue x86-Instruktion RDSEED, die Zufallsdaten beim Prozessor abruft (1, 2). Neu ist auch Unterstützung für den Instruktionssatz AVX512 (1, 2); ihn sollen verschiedene, in den nächsten Jahren erwartete Intel-Prozessoren beherrschen, um über 32 Register à 512 Bit parallel 8 doppelt genaue Gleitkommawerte zu berechnen.