Die Reparatur-Rebellen

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Außerdem halten die Hersteller die Reparaturanleitungen unter Verschluss und verklagen sogar jene, die sie im Netz zur Verfügung stellen. Kyle Wiens, Gründer der Reparatur-Community iFixit, kritisiert das scharf: "Diese Politik läuft letztlich auf eine Strategie der geplanten Obsoleszenz hinaus, denn sie macht es dermaßen schwierig und teuer, defekte Elektrogeräte zu reparieren, dass viele Verbraucher sie einfach kurzerhand entsorgen." Und zu guter Letzt sperren die Hersteller den Konsumenten auch noch aus seinem eigenen Produkt aus. Mit exotischen Schrauben, die mit normalen Drehern nicht zu öffnen sind, versiegeln Notebook-Hersteller wie Dell und Apple ihre Laptops. Oder designen die Schrauben gleich ganz weg, so wie bei Tablets und Smartphones. Will man dann vielleicht nur den Akku wechseln, droht Garantieverlust.

Weil er in vielen Geräten nur noch fest verbaut wird, ist der Akku zur Sollbruchstelle geworden. Nur so könnten sie die Geräte leicht und schlank bauen, sagen die Hersteller. Eine EU-Richtline schreibt zwar für batteriebetriebene Geräte die "problemlose Entnehmbarkeit der Batterien und Akkumulatoren" vor, lässt aber offen, wer die Batterie entnehmen soll – der Kunde oder der Recyclingdienst. Zwar sind die Hersteller zum Recycling verpflichtet, lagern diese Tätigkeit aber in der Regel an externe Dienstleister aus.

Je schwieriger die Akku-Entnahme, desto unwirtschaftlicher wird sie – was dazu führt, dass der Akku nicht entnommen wird. Eigentlich ist das gesetzeswidrig, aber es wird nicht kontrolliert. Allmählich formiert sich Widerstand: "Immer mehr Gruppen, NGOs und Unternehmen positionieren sich", sagt Stefan Schridde von Murks-nein-danke. Auch die Politik ist auf das Thema Obsoleszenz aufmerksam geworden. Für die Grünen hat Schridde gerade zusammen mit dem Ökonomieprofessor Christian Kreiß ein Gutachten erstellt. Fazit: Geplante Obsoleszenz, schätzen Schridde und Kreiß, koste die deutschen Verbraucher jährlich 100 Milliarden Euro.

Nicht nur in Repair Cafés vernetzen sich die von den Herstellern im Stich gelassenen Verbraucher, sondern vor allem online. "Reparatur bedeutet Unabhängigkeit. Sei kein Sklave der Technik, sei ihr Meister", lautet eine weitere These des Repair Manifesto. Nirgendwo sonst ist das konsequenter umgesetzt worden als bei iFixit, der größten Repair-Community im Netz. 500000 Nutzer haben dort mittlerweile über 2000 Reparaturanleitungen für mehr als 500 Geräte erstellt – vom Toaster übers iPhone bis hin zum Auto. iFixit begann vor zehn Jahren in einem Schlafsaal an der California Polytechnic State University. Die beiden Studenten Kyle Wiens und Luke Soules saßen über einem defekten Apple iBook und ärgerten sich, weil es keine Reparaturanleitung gab. Bis heute hält Apple diese Informationen für seine Produkte unter Verschluss. Wiens und Soules gelang es trotzdem, das Gerät zu reparieren. Damit andere es leichter haben würden als sie, starteten sie iFixit.

Das Urteil der Repair-Experten hat mittlerweile Gewicht. Regelmäßig zerlegen sie neue Produkte und analysieren sie auf Reparier- und Recyclingfähigkeit. Diese sogenannten "Teardowns" werden in einer Schritt-für-Schritt-Bilderstrecke dokumentiert. Wenig verwunderlich kassiert Branchenprimus Apple bei iFixit oft schlechte Noten. Aber Überraschungen gibt es immer wieder: "Das iPhone 5 ist das am besten reparable iPhone seit Langem", lautete das Fazit der Reparaturexperten zu dem letzten Apple-Telefon. Zufall oder Absicht? (jlu)