Die ganze Welt im Blick

Ein Start-up aus den USA kontrolliert seit diesem Februar die größte Satelliten-Flotte der Welt. Jeden Tag kann es bald Bilder von der gesamten Erdoberfläche machen – und auch die Auflösung soll besser werden.

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Von
  • Nick Romeo
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Den Start der größten Zahl von Satelliten auf einen Schlag – das kann sich das US-Startup Planet auf die Fahnen schreiben. Im Februar hatte die indische Weltraumagentur seine 88 winzige Satelliten in eine Umlaufbahn geschickt – ein Weltrekord. Doch damit nicht genug. Mit insgesamt 149 Satelliten im Orbit hat es jetzt auch die größte private Flotte der Geschichte.

Innerhalb von drei Monaten werde die erhöhte Kapazität das Unternehmen in die Lage versetzen, jeden Tag Bilder der gesamten Erdoberfläche zu machen, was seine Kernmission darstellt, sagt Mike Safyan, Leiter des Bereichs Starts und Regulierung bei Planet. Bislang ist das noch keinem anderen Unternehmen gelungen. Bereits heute bildet Planet jeden Tag rund 50 Millionen Quadratkilometer der Erde ab – das Doppelte der Fläche von Nordamerika.

Jeder der Satelliten ist ungefähr so groß wie ein Rucksack und wiegt vier Kilogramm. Diese Gewichts- und Größenreduzierung bedeutet, dass die Kosten für Start und Wartung von großen Satelliten-Flotten für Planet und eine Handvoll Konkurrenten deutlich gesunken sind.

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"Im Vergleich zu Behörden wie die NASA ist Planet sehr agil", sagt Simone D'Amico, Assistant Professor für Aeronautik und Astronautik und Gründerin des Space Rendezvouz Lab an der Stanford University. "Das Unternehmen macht ständig neue Starts und Upgrades, und die Auflösung der Bilder ist zwar nicht außergewöhnlich hoch, aber die Abdeckung ist unglaublich gut."

Zu den Kunden von Planet zählen Unternehmen, Regierungen und gemeinnützige Organisationen in mehr als 100 Ländern – von landwirtschaftlichen Betrieben und Dienstleistern für Kundenanalysen bis zu Katastrophenhelfern. Mit Hilfe von Software automatisiert Planet die Kategorisierung des massiven Stroms an Bildern von seinen Satelliten und kann auf diese Weise rasch durchsuchbare Datensammlungen erstellen, die für viele Branchen relevant sind.

Die Bilder des Unternehmens werden für alle möglichen Zwecke verwendet. Kunden benutzen sie, um den Schiffsverkehr an Häfen als Indikator für die wirtschaftliche Gesundheit eines Landes zu beobachten, um anhand der von Öltanks geworfenen Schatten die Höhe von Reserven einzuschätzen oder um in Ländern wie Peru und Vietnam illegalen Rohstoff-Abbau und Abholzung von Wäldern zu erkennen. Nach dem Erdbeben im April 2015 in Nepal halfen Bilder der Satelliten von Planet dabei, Dörfer zu identifizieren, die auf Karten der betroffenen Region nicht zu sehen waren.

Die Auflösung der von der Satelliten-Flotte von Planet geschossenen Bilder beträgt derzeit etwa drei Meter pro Pixel, was ausreicht, um Autos und Bäume zu erkennen, nicht aber Menschen. Vor kurzem hat das Start-up von Google Terra Bella übernommen; das früher als Skybox Imaging bekannte Unternehmen ist ebenfalls im Bereich Satelliten-Bildgebung tätig. Laut D'Amico wird Planet dadurch bald in der Lage sein, die Auflösung auf einen Meter pro Pixel zu erhöhen. Mit den Satelliten von Terra Bella könnten Kunden zunächst auf Bildern mit niedrigerer Auflösung nach interessanten Bereichen suchen und sich diese dann genauer ansehen. Die höhere Auflösung wird, zusammen mit täglichen Neuaufnahmen der gesamten Erdoberfläche, eine riesige und stets aktuelle Datensammlung von beispielloser Größe entstehen lassen.

Viele Menschen vergleichen Satelliten mit Raubvögeln, weil sie in der Luft schweben und stets zum Zuschlagen bereit sind. Planet-Mitgründer Will Marshall und sein Team aber sprechen nur von "Tauben", um die altruistischen und friedlichen Ziele zu betonen, die ihrer Hoffnung nach durch diese Daten erreichbar werden. Laut Safyan engagiert sich das Unternehmen sehr für den Schutz von Wäldern, die Verhinderung von illegalem Bergbau, für Lebensmittelsicherheit und andere Umweltschutzfragen.

Allerdings dürfte die höhere Auflösung zugleich Bedenken bezüglich Privatsphäre und Sicherheit aufwerfen, so wie es in der ersten Zeit auch bei Google Street View war. Präzise Daten über die Standorte von Mobilfunkmasten, Kernkraftwerken oder auch wertvollen Antiquitäten zu veröffentlichen, könnte offensichtlich Sicherheitsrisiken mit sich bringen. Albert Gidari, Leiter des Bereichs Datenschutz im Center for Internet and Society an der Stanford Law School, sagt voraus, dass Planet irgendwann klare Mechanismen für den Umgang mit Beschwerden und Anfragen zur Unkenntlichmachung oder Löschung von Bildern brauchen wird.

Einen internen Ethikrat hat das Unternehmen bereits. Safyan beschreibt das Verfahren, das Forscher durchlaufen müssen, um Zugriff auf seine Daten zu bekommen, als "locker". Man versuche aber, dafür zu sorgen, dass "die Daten nicht an Bösewichter weitergegeben werden".

(sma)