Druck auf die Internet-Industrie
Der amerikanische Senat will Gesetze einfĂĽhren, die Internet-Unternehmen notfalls dazu zwingen, einem Zensurregimen im Ausland zu widerstehen.
- David Taylor
Der amerikanische Senat will Gesetze einfĂĽhren, die Internet-Unternehmen notfalls dazu zwingen, einem Zensurregimen im Ausland zu widerstehen.
Mitglieder des amerikanischen Kongresses wollen den Druck auf Internet-Unternehmen erhöhen, um sie zu zwingen, bei ihren Aktivitäten im Ausland verstärkt auf die Einhaltung der Menschenrechte zu achten. Senator Richard Durbin, Fraktionschef der Demokraten, sagte am Dienstag, er werde nun ein Gesetz einbringen, das die Internet-Konzerne zwinge, "vernünftige Schritte hin zum Schutz der Menschenrechte im Netz zu unternehmen". Andernfalls sollen künftig zivil- oder strafrechtliche Konsequenzen drohen. Noch liegt zwar kein Entwurf vor, doch das Gesetz wird vermutlich auf dem bereits recht scharfen "Foreign Corrupt Practices Act" basieren, der Korruption im Ausland bekämpft.
Noch ist unklar, welche Chancen ein solches Gesetz hätte – auch die Durchsetzbarkeit könnte sich als schwierig erweisen. Dass es Bedarf gibt, darüber sind sich die meisten Beobachter jedoch einig. Momentan bieten zahlreiche US-Internet-Firmen ihre Dienste in China und anderen Ländern mit von der Regierung vorgeschriebener Zensur und anderen restriktiven Maßnahmen an. Die stolzen Web-Companys filtern Inhalte aktiv und halten sich dabei zumeist an die örtlichen Regeln und Gesetze.
Zensiert werden Suchmaschinen, Gruppen in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Angebotskataloge wie der von Amazon. Googles (bislang allerdings noch nicht umgesetzte) Ankündigung, Suchergebnisse in China nicht mehr zu filtern, war ein erster großer Ausreißer in der sonst üblichen Geschäftspraxis. Doch auch hier musste das Unternehmen erst im Dauerbeschuss von Hackangriffen aus dem Riesenreich stehen, bevor sich etwas tat.
Bei einer Anhörung des Unterausschusses für Menschenrechte, dem Durbin vorsteht, sagte der Senator, die Technologieindustrie sei mit wenigen Ausnahmen nicht bereit dazu, sich selbst zu regulieren. "Sie hat nicht einmal große Lust, mit dem Kongress in Dialog zu treten, wenn es um ernste Menschenrechtsfragen geht, die die gesamte Branche betreffen." Durbin verwies dabei auf eine Einladung an 30 bekannte Netzfirmen, Stellung vor dem Ausschuss zu nehmen. Nur Google kam. Facebook, Twitter, Hewlett-Packard, Apple oder McAfee lehnten freundlich ab.
"Das explosive Wachstum sozialer Netzwerke wie Twitter oder Facebook hat Menschenrechtsaktivisten zwar dabei geholfen, Missetaten der Regierung im Iran und anderswo publik zu machen", sagte Durbin. Das bedeute aber nicht, dass ein Regime diese Dienste nicht auch dazu nutzen könne, um sein Volk noch besser zu kontrollieren und Dissidenten zu verfolgen.
Bei dem Hearing sagte Google-Justiziarin Nicole Wong, ihr Unternehmen arbeite derzeit noch daran, die versprochene Anti-Zensur-Strategie in China umzusetzen. Erklärtes Ziel sei aber, nicht mehr zu filtern. Allerdings habe das Unternehmen zahlreiche Angestellte in vor Ort, die mit den Konsequenzen leben müssten. "Wir sind uns bewusst, wie ernst und sensibel diese Entscheidung ist." Deshalb wolle man einen Weg finden, die Zensur "vernünftig und verantwortlich" zu beenden – was genau das heißt, ließ Wong offen.
Google, Microsoft und Yahoo sind seit mehreren Jahren Mitglieder der Global Network Initiative, einem Verbund aus Wirtschaft und Forschung, der Nutzerrechte weltweit voranbringen will. Durbin forderte auch andere Internet-Konzerne dazu auf, teilzunehmen. Doch auch das scheint vielen zu schwer, weil es offenbar eine Festlegung bedeutet. "Die einen sagen, es fehlt ihnen an Ressourcen. Die anderen verfolgen ihre Ziele lieber allein."
(bsc)