Ein digitaler Zwilling für ein gesünderes Leben

Das japanische KI-Startup Preferred Networks und der Pharmahersteller Kao haben einen virtuellen Körper entwickelt, mit dem Nutzer Lebensstile testen können.

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(Bild: PopTika/Shutterstock)

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Von
  • Martin Kölling

Virtuelle Kopien von realen Fabriken und Städten gelten bereits länger als mächtige Planungsinstrumente. In diesen "digital twins" (digitalen Zwillingen) können die Nutzer die Auswirkungen von Veränderungen simulieren, um Vorhaben schnell auf ihre Wirkungen zu prüfen oder Prozesse zu optimieren.

Zwei japanische Unternehmen wollen das Konzept nun auch auf den Menschen ausweiten, um ein "hochgradig personalisiertes Wellness-Management" zu schaffen: Sie entwickelten den Prototypen für einen virtuellen Körper oder genauer gesagt "ein statistisches Modell, das Daten über den Körper, den Lebensstil, die Persönlichkeit, die Vorlieben und vieles mehr einer Person abschätzen kann".

Die Idee dazu hatten Preferred Networks, ein japanischer Entwickler Künstlicher Intelligenz, und die Kosmetikmarke Kao. Sie glauben, damit eine globale Pioniertat zu vollbringen. Es gebe zwar viele Modelle auf dem Markt, die verschiedene Schätzungen und Vorhersagen liefern würden, sagt die Kao-Sprecherin Makiko Takahashi. "Aber wir haben noch keine Dienste gefunden, die direkt mit diesem umfassenden Modell konkurrieren."

Das "Virtual Human Body Generative Model" deckt dabei einen umfassenden Satz von über 1600 körperbezogenen Attributen ab, darunter natürlich Geschlecht, Alter und Körperdaten der zu simulierenden Person. Es können aber auch Ergebnisse von Gesundheitstests, Ernährungs- und Lebensgewohnheiten eingespeist werden. Mit der Zeit sollen zehntausende Parameter einfließen und das Modell verbessern.

Die Idee ist – wie sollte es im Digitalzeitalter anders sein – ein Plattformgeschäft: Das Firmen-Duo will ihr virtuelles Ebenbild der Krone der Schöpfung anderen Unternehmen aus dem Lifestyle- und Medizinsektor, aber auch Kommunalverwaltungen und betrieblichen Krankenversicherungsverbänden gegen ein Entgelt zur Nutzung anbieten.

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So kann das Modell beispielsweise anhand von Gesundheitstests und anderer Daten den Anteil an Viszeralfett abschätzen. Bisher sind dafür CTs erforderlich. Als weiteres Beispiel nennen die zwei Unternehmen das Durchspielen von Was-wäre-Wenn-Szenarien, in denen der virtuelle Körper mit angenommenen Daten gespeist wird, um die Auswirkungen von verschiedenen Lebensweisen aufzuzeigen. Auf der Grundlage der Simulationen können Unternehmen dann ihren Endkunden beispielsweise Tipps für ein gesünderes Leben geben.

Die Idee entsprang dabei einem früheren gemeinsamen Projekt von Kao und Preferred Networks, erzählt Takahashi. "Wir arbeiten bereits längere Zeit im Bereich RNA-Analyse im Hauttalg zusammen." Bei der Zusammenarbeit entschlossen sich der Kosmetik-Hersteller und der KI-Entwickler dann, gemeinsam ein ehrgeizigeres Projekt anzugehen. Kao stellt dabei das Konzept und die Trainingsdaten zur Verfügung, während Preferred Networks das Wissen über die Konstruktion generativer Modelle und die Informatiktechnologie beisteuert.

Der virtuelle Leib soll dieses Jahr zugänglich gemacht werden. Für 2023 ist dann der kommerzielle Start geplant. Wie viel das Herumspielen mit dem digitalen Menschenklon kosten soll, ist allerdings noch genauso unbekannt wie dessen Nützlichkeit.

(jle)