Fehlerhafte Widerrufsbelehrung trotz Unterschrift des Kunden unwirksam
Unternehmen sollten sich bei einer Widerrufsbelehrung lieber an die Mustervorlagen halten. Denn schon kleine Abweichungen können eine Unwirksamkeit zur Folge haben.
Versäumt ein Unternehmer, den Kunden auf seine Rechte hinzuweisen, beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen. Eine nachträgliche Widerrufsbelehrung ist durchaus möglich. Allerdings sollte man darauf achten, dass es sich um eine Version handelt, die den aktuellen Vorschriften der BGB-Informationspflichten-Verordnung entspricht. Verwendet der Unternehmer für die Nachbelehrung nämlich ein Formular, dass Abweichungen gegenüber der Musterbelehrung enthält, kann diese unwirksam sein. Darauf hat auch der Bundesgerichtshof in einem Urteil hingewiesen (Urteil vom 28.6.2011, Az.: XI ZR 349/10)
Welche großen Auswirkungen ein kleiner Fehler – nämlich das Wort "frühestens" an der falschen Stelle – haben kann, hat in dem Verfahren eine Bank erfahren müssen. In dem verhandelten Fall ging es um einen Kunden, der 1994 ein Darlehen, dass er zur Finanzierung eines geschlossenen Immobilienfonds aufgenommen hatte, nicht mehr abzahlen wollte und auch die Herausgabe sämtlicher Sicherheiten verlangte. Die Verpflichtung war er mit einer notariell beglaubigten Beitrittserklärung eingegangen. Von der Bank erhielt er damals eine erste Widerrufsbelehrung. 2003 hatte er noch eine "Nachträgliche Widerrufsbelehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht nach §§ 312, 355 BGB" erhalten und unterzeichnet.
Drei Jahre später flatterte der Bank dennoch ein Anwaltsschreiben ins Haus, mit dem der Kunde den "Darlehensvertrag" unter anderem nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrief. Begründet wurde der späte Widerruf unter anderem damit, dass der Verbraucher mit evident falschen Angaben zu Flächen und Mietverträgen des Fondsobjekts getäuscht worden sei. Zudem vertrat der Verbraucher bzw. sein Anwalt die Meinung, dass ein Rücktritt von dem Vertrag noch möglich sei. Denn weder die ursprüngliche Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag noch die nachträgliche und vom Kunden sogar unterzeichnete Belehrung hätten den gesetzlichen Anforderungen genügt. Somit habe die Widerrufsfrist noch gar nicht zu laufen begonnen.
Die Vorinstanzen gaben der Klage statt und auch die Berufung vor dem Bundesgerichtshof blieb ohne Erfolg. Wie die Richter feststellten, sei der Widerruf wirksam. Die Widerrufsfrist habe mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht zu laufen begonnen. Die dem Kläger nachträglich erteilte Widerrufsbelehrung sei zwar grundsätzlich möglich gewesen, aus mehreren Gründen aber fehlerhaft und daher "nicht geeignet gewesen, die einmonatige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 BGB in Lauf zu setzen“.
So müsse der Inhalt einer Widerrufsbelehrung nicht nur zutreffend, sondern auch unmissverständlich sein und müsse den Fristbeginn umfassen. Die entsprechende Formulierung in der nachträglichen Widerrufsbelehrung sei aber in Bezug auf den Fristbeginn zu ungenau. Dort hieß es nämlich, die Frist beginne "frühestens" mit Erhalt der Belehrung in Textform. Diese Formulierung, so das Urteil der Richter, sei zu ungenau, um dem Verbraucher den Fristbeginn deutlich vor Augen zu führen. Denn der Kunde könne daraus nicht unbedingt erkennen, dass die Widerrufsfrist nicht nur "frühestens" an dem betreffenden Tag, sondern ganz eindeutig mit dem Erhalt der Belehrung in Gang gesetzt werde.
Auch fehle der nach § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB bei schriftlichen Verträgen erforderlichen Hinweis, dass dieFrist nicht zu laufen beginne, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt wird. Außerdem sei der Kunde nicht ausreichend auf die sich aus dem Widerruf ergebenden Folgen hingewiesen worden. Auch die erste Widerrufsbelehrung sei nicht ordnungsgemäß, gewesen. (gs)