Finale Version der GPLv3 veröffentlicht

Seite 2: Finale Version der GPLv3 veröffentlicht

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Eine der wichtigsten Änderungen gegenüber dem vierten Diskussionsentwurf steht in Paragraf 8 und betrifft die Konsequenzen, die sich aus einer GPL-Verletzung ergeben. Die GPL 2 sah vor, dass mit einer GPL-Verletzung die Lizenz automatisch erlischt, wodurch der Verletzer eine Urheberrechtsverletzung begeht. Diese strenge Regelung hatte sich in Deutschland mehrmals bewährt, um gerichtlich gegen GPL-Verletzungen vorzugehen. Die GPLv3 wollte diese Regelung durch ein Kündigungsrecht ersetzen, das eine vorherige Benachrichtigung des Verletzers erfordert, der damit die Chance bekommt, die Verletzung zu beenden. In den USA würde nämlich ein Erlöschen der Lizenz dazu führen, dass jeder Rechteinhaber dem Verletzer erneut eine Lizenz einräumen muss, damit dieser die Software wieder legal nutzen darf. In Europa hätte die Kündigungsklausel die Durchsetzbarkeit der GPL geschwächt, erklärte Till Jaeger, Lizenzexperte und Mitbegründer des Institut für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software (ifrOSS) gegenüber heise open. Auf einen entsprechenden Hinweis hat die FSF reagiert und hat die endgültige Fassung der Lizenz angepasst: Bei einer GPL-Verletzung fallen die durch die Lizenz eingeräumten Rechte automatisch weg, der Verletzer hat jedoch die Möglichkeit sie durch ein Beenden der Verletzung zunächst provisorisch wiederzuerlangen. Protestiert der Rechteinhaber nicht innerhalb einer bestimmten Frist, erlangt der GPL-Verletzer die Rechte permanent zurück. Die Regelung unterscheidet auch zwischen Erstverletzern und "Wiederholungstätern", mit dem Ziel, diejenigen zu schützen, die die Lizenz versehentlich verletzen. Ersttäter, die die Verletzung aus der Welt schaffen, erlangen die durch die Lizenz eingeräumten Rechte selbst dann zurück, wenn der Rechteinhaber innerhalb von 30 Tagen protestiert.

Geändert wurde auch die Regelung zur Affero General Public License, die verlangt, dass auch Anbieter von Software as a Service (SaaS), die Quellen offenlegen müssen. Bietet jemand eine Kombination aus unter GPL und Affero General Public License stehender Software als Anwendung übers Netz an, die nur auf dem Server des Anbieters installiert ist, gelten die Regelungen der Affero General Public License. Im vierten Entwurf der GPLv3 galt diese Regelung nur für verlinkte Software, nach der endgültigen Fassung betrifft sie auch Werkverbindungen, also eine Kombination von GPLv3- und Affero-Software. Die GPLv3 selbst verlangt nicht, dass der Quelltext von SaaS-Anwendungen offengelegt werden muss.

Ein Nachteil der GPLv3, welche ungefähr doppelt so lang wie Version 2 der Lizenz ist, ist die höhere Komplexität, die mit einer schwereren Verständlichkeit einhergeht. Diesen Nachteil hat die FSF jedoch als notwendiges Übel in Kauf genommen, um die GPLv3 an neue technische Gegebenheiten anzupassen und dem internationalen Einsatz der Lizenz Rechnung zu tragen. Die nach dem letzten Entwurf aufgenommene Änderung bei den Konsequenzen einer GPL-Verletzung zeigt, dass die FSF nicht nur an der rechtlichen Durchsetzbarkeit der Lizenz auf dem amerikanischen Markt interessiert ist, sondern die Internationalisierung ernst nimmt.

Die präziseren Regelungen und Ergänzungen zu Software-Patenten sorgen bei Anbietern und Nutzern freier Software für mehr Rechtssicherheit und versuchen auch Sonderfälle, wie das Patent-Abkommen zwischen Microsoft und Novell, abzudecken. Zusätzlich ergeben sich Vereinfachungen für den Vertrieb von GPL-Software, da die neue GPL explizit klarstellt, dass es ausreicht, den Quelltext beispielsweise online bereitzustellen.

Die großen Fragen sind nun, wie sich die GPLv3 im praktischen Einsatz bewährt, ob die FSF wirklich alle Sonderfälle bedacht hat und ob der Linux-Kernel und andere Projekte, dessen Code zu großen Teile unter "GPLv2 only" steht, zur GPLv3 wechseln. (amu) (amu)