FlĂĽssige Luft als Energiespeicher

Wenn die erneuerbaren Energien weiter voran kommen sollen, werden günstige stationäre Stromspeicher benötigt. Ein Münchner Start-up belebt eine bestehende Idee.

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Energie aus Wind und Sonne müssen zwischengespeichert werden können.

(Bild: Soonthorn Wongsaita/Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Susanne Keil
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Wie kann es gelingen, langfristig die schwankende Energie aus Solar- und Windkraft ökonomisch sinnvoll in den Stromsektor zu integrieren? Das ist eine Frage, der mit verschiedenen wissenschaftlichen Berechnungen nachgegangen wird. Eine 2019 in den USA veröffentlichte Studie kommt zu dem Schluss, dass Stromspeicher zukünftig nicht mehr als 150 US-Dollar pro Kilowattstunde kosten dürfen.

Das Münchner Start-up Phelas ist überzeugt, dieses Ziel mit Flüssigluftspeichern realisieren zu können. Ihre besondere Idee: Die Einheiten zur Verflüssigung der Luft und die Speicher selbst sind in transportablen Behältern in der Größe von Schiffscontainern untergebracht.

Für die auch Liquid Air Energy Storage (LAES) genannte Technik benötigt das Gründer-Quartett zwei Container. Im ersten saugt ein Ventilator Luft an, die dann mit überschüssigem Strom verdichtet und schließlich auf etwa minus 200 Grad Celsius heruntergekühlt wird. Im zweiten Container wird die flüssige Luft gespeichert. Er enthält auch Speicher aus Kies für die bei der Komprimierung und Kühlung entstandene Wärme. Wird die Luft wieder entspannt, entstehen enorme Druckunterschiede, aus denen über eine Turbine und einen Generator schließlich Strom erzeugt werden kann. Da die Luft beim Entspannen abkühlt und die Turbine vereisen würde, wird die gespeicherte Wärme dabei wieder zugeführt. Bis auf den Schritt des Verflüssigens der Luft ähnelt das Verfahren dem des Druckluftspeicherns. Die Vorteile von Flüssigluft: Sie benötigt weniger Platz.

Zu Details des kyrogenen, also tiefkalten Speicher, etwa zu seiner Isolierung, dem genutzten Material oder auch zur Anzahl der Kiesspeicher und den voraussichtlichen Preisen der Container wollen die Gründer derzeit keine Angaben machen, da sie hierzu ein Patent anmelden. Ihr Factsheet verrät aber schon so viel: Es soll eine Leistung von 1,2 Megawatt pro Einheit erreicht werden und ein Speichervolumen von etwa 2 Megawattstunden. Die Stromspeicherkosten pro Kilowattstunde sollen bei 5 Cent liegen. Die Vorteile ihres Verfahrens sehen die Gründer insbesondere in der Lebenszeit ihrer Anlagen von 20 Jahren sowie in den mehr als 10.000 Ladezyklen. Weitere Pluspunkte: Sie benötigen keine giftigen Materialien und nutzen recyclebares Material, das sie vor Ort und – wie der benötigte Stahl – in Europa beziehen.

Bislang konnten Flüssigluftspeicher allerdings kaum mit den anderen Speichertechnologien konkurrieren. Die Nachteile: Bei den Transformationsprozessen geht üblicherweise mehr als die Hälfte der Energie verloren. Der Rest kann nur wenige Tage gespeichert werden. Dadurch wird der so aufbewahrte Strom vergleichsweise teuer. Warum glauben die Jung-Unternehmer also mit ihrer Idee Redox-Flow-Batterien mit einem Wirkungsgrad von etwa 80 Prozent etwas voraus zu haben?

Das Konzept von Phelas.

(Bild: Phelas)

"Redox-Flow-Batterien sind aufgrund ihres Vanadium-Anteils bei der Speicherherstellung stark von den Marktpreisen dieser Ressource abhängig“, sagt Leon Haupt, Mitgründer und zuständig für Marktanalyse und Kundengewinnung. "Da Phelas mit den Materialien Luft und Kies deutlich unter die angepeilten 150 US-Dollar pro Kilowattstunde kommt, lässt sich eine Effizienz, die noch bei leicht über 50 Prozent liegt, dann verschmerzen."

Flüssigluftspeicher in Betrieb gibt es bislang nur in Fabrikgröße. Das Unternehmen Highview in Großbritannien betreibt seit 2018 eine Demoanlage, die aktuell weiter ausgebaut wird. Auch von ihren kleinen Einheiten versprechen sich die Gründer damit einen Wettbewerbsvorteil: "Damit sind wir sehr flexibel", sagt Mitgründer und Wirtschaftsingenieur Justin Scholz, "wir können auf Flächen mit Photovoltaikanlagen oder Windrädern beliebig viele Container stellen und wieder abbauen."

Leasing-Modelle seien ebenfalls denkbar. Das Quartett setzt zudem darauf, dass die Produktion der eher kleinen Einheiten in Serie wirtschaftlicher als eine Anlage wie Highview ist, weil sie ihre Produktionskosten an die Entwicklung des Marktes anpassen können.

Aber noch ist der Prototyp nicht gebaut. "Entscheidend ist das Wärmemanagement", sagt Stefanie Meilinger, Professorin für Nachhaltige Ingenieurwissenschaften an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, "also die Frage, wie die bei der Kompression frei werdende Wärme genutzt werden kann, um den Wärmebedarf vor der Expansion auszugleichen."

Meilinger beobachtet seit 2013 zwei kleine Start-ups, die ebenfalls versucht haben, von den großen Anlagen zur Speicherung von Luft wegzukommen, dabei allerdings auf Druckluft setzen. CAEStorage aus der Nähe von Augsburg habe kleine Druckluftflaschen als Energiespeicher für den heimischen Keller bauen wollen, dann aber Schwierigkeiten mit der Hydraulik bekommen, mit der die Luft in die Stahlflaschen gedrückt werden sollte. Das Nachfolge-Unternehmen 2-4-Energy hatte das offenbar besser im Griff, ist aber bis heute noch nicht marktreif. Seit 2014 verfolgt auch das Schweizer Projekt Enairys in Lausanne eine ähnliche Idee.

Vor dem Hintergrund erscheint das Vorhaben von Phelas-Gründer ambitioniert. 2025 wollen die Gründer mit ihrem Verfahren am Markt sein. Immerhin: Die ersten Investoren sind mit der Europäischen Raumfahrtagentur ESA, dem Versicherer Munich Re und der Initiative for Industrial Innovators gefunden.

(bsc)