Gehörschutz auf Norwegisch

Intelligente Ohrstöpsel sollen in der lauten Ölindustrie verhindern, dass es zu noch mehr Hörschäden kommt.

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Der Erdölkonzern Statoil, einer der größten Produzenten des schwarzen Goldes in der Welt und Norwegens größter Devisenbringer, hat bei seinen Mitarbeitern seit Jahren vor allem mit einer Berufskrankheit zu kämpfen: Der Schwerhörigkeit. 600 neue Fälle kommen in der Energieindustrie des Landes Jahr für Jahr hinzu. Egal ob bei den Besatzungen auf Statoils Öl- und Gasplattformen in der Nordsee, den Hubschrauberpiloten, die sie vor Ort bringen oder in den Betrieben, die den angelandeten Energieträger weiterverarbeiten: Überall ist es ausgesprochen laut.

Seit mittlerweile vier Jahren kümmert sich die Forschungsabteilung der
30.000-Mitarbeiter-Firma deshalb um eine Verbesserung des Gehörschutzes. In Zusammenarbeit mit dem Trondheimer Unternehmen Nacre hat Statoil nun eine Technik vorgestellt, die der Konzern selbst als "fortschrittlichsten Gehörschutz der Welt" bezeichnet. Das sogenannte Quietpro-System besteht aus zwei Ohrstöpseln mit eingebauten Mini-Lautsprechern, die an zwei Mikrofonen und einem digitalen Signalprozessor hängen.

Das Grundprinzip ist einfach: Das Ohr wird durch die Stöpsel ständig vom Umgebungslärm abgeschirmt, das Mikrofon nimmt trotzdem auf, was um den Benutzer geschieht. Frequenzen im Bereich menschlicher Sprache werden mit kaum wahrnehmbarer Verzögerung an den Quietpro-Träger weitergeleitet, das Gehör schädigende Geräusche dagegen nicht. Neu an dem System ist vor allem die Anordnung der Mikrofone. Sie sitzen direkt am Ohr und nicht etwa an einem Mundstück. So werden unerwünschte Hintergrundgeräusche erst gar nicht aufgenommen, sondern nur das, was das Ohr sowieso erreicht hätte. Die räumliche Wahrnehmung bleibt erhalten.

Eine weitere neuartige Funktion ist ein eingebautes Lärm-Dosimeter. Das System überwacht dabei die Umgebung ständig auf zu laute Geräusche und warnt den Träger vor Lärmbereichen, die das Quietpro-System selbst nicht mehr adäquat ausfiltern könnte. So kann man sich notfalls in Sicherheit bringen.

Quietpro soll bei Statoil zunächst vor allem auf Offshore-Plattformen eingesetzt werden. Hersteller Nacre hat seine Technik zuvor unter anderem an die US-Armee verkauft. Auch dort ist Schwerhörigkeit aufgrund des regelmäßigen Schusswaffeneinsatzes eine der häufigsten Berufskrankheiten. Die Militärversion von Quietpro kann das Gehör sogar bei Explosionen von Sprengkörpern schützen, wie sie in Afghanistan oder dem Irak durch improvisierte Bomben hervorgerufen werden. (bsc)