Gene Drives für Afrika

Forscher wollen mit Hilfe der überproportionalen Vererbung Stechmücken ausrotten, die für zahllose Malariatote verantwortlich sind.

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Von
  • Michael Reilly
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In Burkina Faso, Mali und Uganda legen Forscher die Grundlagen für ein gigantisches Experiment. Das Projekt hat zum Ziel, genetisch veränderte Moskitos in die Natur zu entlassen, die so programmiert sind, dass sie zur Ausrottung ihrer selbst und ihrer Malaria-erzeugenden Brüder und Schwestern führen.

"Target Malaria" nutzt sogenannte Gene Drives, um die Anzahl von Malariamücken drastisch zu reduzieren, die in Subsahara-Afrika jedes Jahr für Hunderttausende Tode verantwortlich sind. Noch vor kurzem war die Technik, die mit überproportionaler Vererbung arbeitet, kaum mehr als eine Theorie. Doch mittlerweile werden derart veränderte Moskitos längst im Labor gezüchtet und getestet.

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Die Grundidee hinter Gene Drives, was man mit Genantrieb übersetzen könnte, ist die Einführung eines so genannten "Selfish Gene" in eine Population, das diese letztlich zerstören kann. Es wird über Genomveränderungen eingeführt und vermehrt sich dann deutlich stärker als üblich und verbreitet sich so rasant. Target Malaria, das von der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung des ehemaligen Microsoft-Chefs finanziert wird, untersucht mehrere Möglichkeiten, die Technologie einzusetzen. Die vielversprechendste Variante ist die Veränderung der Stechmücken auf eine Art, die sicherstellt, dass die neue Generation nahezu ausschließlich männlich ist. Männliche Moskitos stechen nicht und eine Population, die kaum weibliche Tiere hat, kann sich kaum fortpflanzen.

Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis derart manipulierte Insekten in die Natur Afrikas entlassen werden, doch der Plan schreitet voran. Neben der Entwicklung der Technik liegt eine der größten Herausforderungen in der Aufklärung der Bevölkerung. Sie muss verstehen, woran die Forscher arbeiten und worum es geht. So glauben viele Menschen in Burkina Faso immer noch, dass Malaria von schlechter Nahrung ausgelöst wird und nicht durch Moskitostiche. Das "Target Malaria"-Team geht daher zum Teil Dorf für Dorf vor, um den Menschen zu erklären, wie die Krankheit entsteht und was das Projekt plant.

Die möglichen ökologischen Konsequenzen eines Gene-Drive-Projekts sind ebenso noch unklar. In Subsahara-Afrika wird Malaria meistens durch drei Anopheles-Stechmücken verbreitet. Target Malaria konzentriert sich auf Anopheles gambiae, mit dem Ziel diesen Typ deutlich zu reduzieren oder auszurotten. Die Eliminierung eines von rund 3500 bekannten Moskitospezies scheint auf den ersten Blick unproblematisch zu sein. Doch getestet hat das noch niemand. Und noch ist unbekannt, ob ein Gene Drive in der Natur auf andere Spezies überspringen könnte.

Klar ist nur, dass Malaria eine hartnäckige tödliche Krankheit ist, die die Lebensqualität von Millionen Menschen auf der Welt tagtäglich nachhaltig schädigt. Gene Drives sollen auch für ökologische Probleme eingesetzt werden, vom Aussterben seltener hawaiischer Vögel bis hin zur Bekämpfung invasiver Säugetiere in Neuseeland. Die vielen verbliebenen Fragen zur Wirkungsweise von Gene Drives in der Natur führen dazu, dass Wissenschaftler bei ihrem Einsatz vorsichtig sind. Malaria als eine der schlimmsten Bedrohungen der Volksgesundheit könnte nun dazu führen, dass sich das ändert. (bsc)