Green IT: Abwärme aus Rechenzentren für Heizungen nutzen

Seite 4: Status Quo: Abwärmenutzung von Rechenzentren

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Cloud&Heat baut seit seiner Gründung im Jahr 2011 Rechenzentren mit Wasser-Direktkühlung und Abwärmenutzung. Mittlerweile hat das Dresdner Unternehmen das Konzept an mehreren Standorten umgesetzt, zum Beispiel im Frankfurter Eurotheum-Hochhaus. An einem Vattenfall-Standort in der Nähe von Stockholm betreibt Cloud&Heat seit Kurzem ein Rechenzentrum, das aus zwei Containern besteht. Die Abwärme wird direkt in das örtliche Fernwärmenetz eingespeist.

Die gleiche Idee hat Asetek realisiert, ein dänischer Hersteller von Systemen für Wasserkühlung mit 100 Mitarbeitern. Seit Anfang 2020 fließt 60 Grad heißes Wasser aus dem hauseigenen Asetek-Rechenzentrum in das Fernwärmenetz der Stadt Aalborg. Die Wärmemenge reicht nach Angaben von Asetek für fünf bis sieben Privathaushalte aus.

In den meisten größeren Rechenzentren werden die Server mit Luft gekühlt, sodass die Abwärme mit Wärmepumpen auf ein höheres Temperaturniveau gebracht werden muss. Ein Beispiel für diese Technik findet sich seit 2019 in Braunschweig: Dort leitet ein Rechenzentrum von Volkswagen Financial Services seine Abwärme an ein Neubaugebiet weiter.

In Hamburg heizt ein Rechenzentrum des Colocation-Anbieters Akquinet seit 2021 eine benachbarte Turnhalle. Dafür wird nur ein Bruchteil der gesamten Wärmeleistung der Server benötigt, die Akquinet mit 1,1 bis 2 Megawatt angibt. "Wir würden gerne mehr Wärmeenergie abgeben. Das gestaltet sich in Deutschland bisher allerdings schwierig, unter anderem wegen der räumlichen Entfernung zu möglichen Wärmeabnehmern", sagt Piet Wienke von Akquinet.

Um größere Dimensionen geht es bei einem Rechenzentrum von Facebook im dänischen Odense. Dieses heizt mit jährlich 100.000 Megawattstunden ein Krankenhaus sowie "Tausende anderer Gebäude" in der Umgebung. Dem Konzern zufolge würde die Wärmemenge umgerechnet für 6900 durchschnittliche Haushalte ausreichen. Der Strom für die nötigen Wärmepumpen komme zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen.

Das 50.000 Quadratmeter große Rechenzentrum von Facebook im dänischen Odense speist Abwärme in das örtliche Fernwärmenetz ein und heizt so Tausende Gebäude.

(Bild: Meta)

Die nötigen Wärmepumpen werden vom dänischen Unternehmen Fjernvarme Fyn betrieben.

(Bild: Meta)

Amazon, der weltgrößte Cloud-Dienstleister, hat ein ähnliches Projekt in Irland umgesetzt. Ein AWS-Rechenzentrum in der Nähe von Dublin heizt etwa 50.000 Quadratmeter Büro- und Gewerbefläche sowie 135 Wohnungen.

Als weltweit führend beim Thema Abwärmenutzung gilt allerdings Stockholm. Dort sind nach Angaben der Stadt bereits 30 Rechenzentren an das Fernwärmenetz angeschlossen. Auch dort kommen Wärmepumpen zum Einsatz.

Ein exotischeres Konzept verfolgt das deutsche Start-up Windcloud. Es hat auf das Dach seines kleinen Rechenzentrums im nordfriesischen Enge-Sande eine Algenfarm gesetzt, in die die warme Abluft der Server geblasen wird. Die Algen sollen CO2 aus der Luft binden und obendrein als Nahrungsergänzungsmittel vermarktet werden. Details wollte Windcloud auf Anfrage nicht verraten – man strukturiere das Unternehmen zurzeit um, hieß es auf Anfrage.

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(cwo)