Handheld-Vergleich: Valve Steam Deck vs. Nintendo Switch OLED

Leistungsmäßig hat Valves Steam Deck deutlich mehr unter der Haube als Nintendos Switch. Zudem lässt sich die Mini-Konsole auch als vollwertiger PC nutzen.

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(Bild: Valve / Nintendo)

Lesezeit: 7 Min.
Inhaltsverzeichnis

Valve hat die eigene Handheld-Spielekonsole Steam Deck vorgestellt. Als Vorbild diente offensichtlich Nintendos Switch, weshalb ein Vergleich beider Modelle auf der Hand liegt. Wir stellen die Spezifikationen gegenüber und ordnen die Daten ein.

Im Steam Deck kommt ein Semi-Custom-Kombiprozessor von AMD zum Einsatz. Er kombiniert vier Zen-2-CPU-Kerne mit 512 RDNA2-Shader-Kernen – grundsätzlich also die gleiche Technik wie die Playstation 5 und Xbox Series X. Die Zusammenstellung mutet erneut kurios an, da PC-Spieler Kombiprozessoren kaufen können, die zwar der Zen-3-Generation entstammen, aber auf die alte GPU-Architektur Vega setzen (Ryzen 4000G, Ryzen 5000G).

Bei der maximalen GPU-Taktfrequenz von 1600 MHz schafft das Steam Deck eine für 3D-Spiele wichtige FP32-Rechenleistung von 1,6 TFlops. Damit schießt es der Switch beziehungsweise dem neu aufgelegten OLED-Modell davon: Nintendo setzt auf Nvidias Tegra-Kombiprozessor X1+ mit gerade einmal 256 Shader-Kernen und einer maximalen FP32-Rechenleistung von knapp 400 GFlops (0,4 TFlops). Die Maxwell-Architektur kam bei Desktop-Grafikkarten in der GeForce-Serie GTX 1000 zum Einsatz, ist also schon fünf Jahre alt. AMDs RDNA2 findet sich dagegen auch in der Radeon-Baureihe RX 6000 wieder.

Valves LPDDR5-5500-RAM hilft mit einer Übertragungsrate von 88 GByte/s (vier 32-Bit-Kanäle), die Shader-Kerne schnell genug mit Daten zu füttern. Zum Vergleich: AMDs AM4-Prozessoren kommen mit Dual-Channel-DDR4-3200 nur auf rund 51 GByte/s. Die verbauten 16 GByte teilen sich CPU und GPU. Die 4 GByte LPDDR4-3200 der Switch wirken dagegen winzig und langsam (im Handheld-Modus läuft der Speicher nur mit LPDDR4-2666-Takt).

CPU-seitig fällt der Abstand zwischen beiden Handheld-Modellen noch eklatanter aus: AMDs Zen-2-Kerne sind pro Takt deutlich schneller als die Cortex-A57 der Switch. Letztere kamen 2012 und 2013 in Oberklasse-Smartphones zum Einsatz. Gleichzeitig laufen die Zen-2-Kerne mit 2,4 bis 3,5 GHz, die Cortex-A57 hingegen nur mit 1 GHz.

Konsole Valve Steam Deck Nintendo Switch OLED
System-on-Chip
Designer AMD Nvidia
Fertigung Vmtl. TSMC 7 nm TSMC 16 nm
Kühlung Lüfter Lüfter
Prozessor
Kernarchitektur AMD Zen 2 (x86) ARM Cortex-A57 (ARMv8)
CPU-Kerne / Threads 4 / 8 4 / 4
Taktfrequenz 2,4-3,5 GHz 1,02 GHz
Grafikeinheit
GPU-Architektur AMD RDNA2 Nvidia Maxwell
Compute Units 8 (512 Shader-Kerne) 2 (256 Shader-Kerne)
Taktfrequenz 1000-1600 MHz 307-768 MHz
FP32-Rechenleistung max. 1,6 TFlops max. 0,4 TFlops
Speicher
Menge, RAM-Typ 16 GByte LPDDR5-5500 4 GByte LPDDR4-1600 (max.)
Übertragungsrate 88 GByte/s 25,6 GByte/s
Display
Größe 7 Zoll Touch 7 Zoll Touch
Auflösung 1280 × 800 1280 × 720
Paneltyp LCD (vmtl. IPS) OLED
Massenspeicher
Kapazität 64, 256 oder 512 GByte 64 GByte
Speichertyp eMMC oder PCIe-SSD (M.2230) eMMC
Erweiterung Micro-SD Micro-SD
Anschlüsse
Audio 3,5-mm-Klinke 3,5-mm-Klinke
USB 3.2 Gen 2 Typ C 3.2 Gen 1 Typ C
USB-Besonderheiten Power-Delivery Power-Delivery
DisplayPort 1.4 (kein offizieller Display-Altmodus)
Sonstiges
Gewicht 669 g 420 g (mit Joy-Cons)
Größe 298 mm × 117 mm × 49 mm 242 mm × 102 mm × 28,4 mm
Preis 420-680 Euro 360 Euro

Nintendo hat dafür den Vorteil der Hardware-nahen Entwicklung: Insbesondere die eigenen Studios rund um Super Mario und Co. können ihre Spiele für die Switch optimieren. So lässt sich grafisch mehr aus der Hardware holen als bei einer generischen PC-Plattformentwicklung.

Genau das ist das Steam Deck nämlich für Studios: ein PC im Handheld-Format. Valve installiert auf dem Gerät mit SteamOS 3.0 auf Basis von Arch ein vollwertiges Linux-Betriebssystem samt Benutzeroberfläche KDE Plasma vor. Windows-Spiele laufen über den Abstraktions-Layer Proton auf dem Steam Deck. Damit lassen sich viele Titel des Steam-Clients installieren; Valve begrenzt die Auswahl aber nicht auf diesen. Die wenigsten Studios dürften ihre Titel aufwendig für den Handheld optimieren.

Wer sich ein Steam Deck kauft, kann alternativ aber auch andere Linux-Distributionen oder Windows installieren. Spätestens dann laufen auch Emulatoren darauf – vielleicht sogar welche für Switch-Spiele. Zwei Trackpads zusätzlich zu klassischen Joysticks dienen als Mausersatz, um durch Desktop-Oberflächen navigieren zu können.

Spannend: Valve will mit der Vorstellung das Linux-Gaming weiter voranbringen und populäre Anti-Cheat-Software wie BattlEye und EAC mit Proton lauffähig machen. Bisher funktioniert das Zusammenspiel aus Proton und Anti-Cheat noch nicht.

Die zwei quadratischen Felder unter den Joysticks sind Trackpads – wie bei Notebooks.

(Bild: Valve)

Valve verbaut einen 7 Zoll großen Bildschirm beim Steam Deck, genauso wie Nintendo bei der neuen Switch OLED. Anstelle des OLED-Panels tritt beim Steam Deck jedoch ein LCD, vermutlich mit IPS-Technik, das niedrigere Kontraste und dumpfere Farben anzeigt. Dafür eignen sich LCDs erfahrungsgemäß besser für den Einsatz unterwegs, da sie bei hoher Helligkeit effizienter arbeiten. Die Hintergrundbeleuchtung des Steam Deck schafft 400 cd/m² – ein guter Wert für draußen.

Die Auflösungen sind mit 1280–800 zu 1280 × 720 Pixeln nahezu identisch. Valve verwendet lediglich ein höheres Seitenverhältnis von 16:10 statt 16:9. Setzt man die Auflösung in Vergleich zur Rechenleistung, kann sich das Steam Deck übrigens sehen lassen: Auf 1 TFlops kommen 640.000 Pixel. Microsofts Xbox Series X muss beim Anschluss eines Ultra-HD-Fernsehers mit 3840 × 2160 Bildpunkten rund 691.000 Pixel pro TFlops wuppen.

Zusätzliche Leistungsreserven könnte künftig AMDs Upscaling-Technik FidelityFX Super Resolution (FSR) freischaufeln, wenn ihn mehr Studios in ihre Spiele integrieren.

Technische Zeichnung des Steam Deck. Mit dabei: ein mächtiger USB-C-Anschluss mit DisplayPort-Altmodus und Power-Delivery.

(Bild: Valve)

Auch Valve will eine Dockingstation für das Steam Deck anbieten, legt sie anders als Nintendo aber nicht standardmäßig bei. Mit dem USB-C-Anschluss ist das für den Betrieb an einem Fernseher oder Monitor gar nicht notwendig, da das Steam Deck auch Bilder via DisplayPort 1.4 oder per Adapter mit HDMI überträgt.

Über x-beliebige USB-C-Dockingstations lässt sich der Typ-C-Port auf mehrere Anschlüsse verteilen, etwa für das gleichzeitige Aufladen (über USB Power-Delivery). Dann funktioniert das Steam Deck auch als ganz gewöhnlicher PC mit Maus und Tastatur. Manche PC-Monitore laden angeschlossene Geräte per USB-C auf, nehmen über dasselbe Kabel ein Bildsignal entgegen und stellen USB-Anschlüsse für Peripherie bereit.

Mittels Dockingstation lässt sich das Steam Deck wie ein normaler PC nutzen inklusive Maus und Tastatur.

(Bild: Valve)

Valve und Nintendo sprechen unterschiedliche Zielgruppen an. Wer ein Rundum-Sorglos-Paket haben mit Fokus auf Nintendo-Spiele, etwa aus dem Super-Mario-Universum, haben möchte, greift zur neuen Switch OLED. Das gilt vor allem dann, wenn man mit Freunden und Freundinnen spontan mal eine Runde im Koop spielen will.

Das Steam Deck bringt dagegen alle Möglichkeiten des PC-Gamings ins Handheld-Format – von aktuellen Steam-Spielelieblingen bis hin zu Retro-Klassikern mittels Emulatoren. Je nach Nutzungswünschen muss man dafür mehr oder weniger mit der Software basteln. Mithilfe einer Dockingstation erhält man sogar einen vollwertigen PC. Vielleicht ist das Konzept auch ein guter Anstoß, um sich mit Linux bekannt zu machen.

Das Steam Deck kann man ab dem 16. Juli 2021 (19 Uhr) bei Valve vorbestellen. Die Auslieferung soll im Dezember 2021 beginnen. Die Switch OLED listen bereits hiesige Händler (ab 298,99 €), die den Handheld ab dem 08. Oktober 2021 verschicken. Die normale Switch und das Lite-Modell sind sofort verfügbar.

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[Update, 20.07.21, 13:00 Uhr:] Valve hat bestätigt, dass das Steam Deck LPDDR5-5500-RAM mit vier 32-Bit-Kanälen nutzt. Die Übertragungsrate liegt somit bei 88 und nicht 44 GByte/s. (mma)