"Ich bin das Opfer von Intrigen"

Mitte des 18. Jahrhunderts wird die Schiffsnavigation durch ein neuartiges Chronometer revolutioniert. Ein historisches Gespräch mit dem genialen Uhrmacher John Harrison

Mr. Harrison, herzlichen Glückwunsch zur endgültigen Auszahlung des Preisgeldes. Ist Ihr Seelenfrieden nun wieder hergestellt?

John Harrison Nein.

Warum so verbittert? Sie sind jetzt ein reicher Mann.

Weil ich die restlichen 8750 Pfund nur der Güte und Gnade unseres verehrten Königs zu verdanken habe. Die eigentliche Verleihung des Preises für die Lösung des Längengrad-Problems ist mir bis auf den heutigen Tag versagt worden.

Warum hält die Längengrad-Kommission Sie nicht für würdig? Die Uhren, die Sie gebaut haben, werden in puncto Genauigkeit bis ins 21. Jahrhundert von keinem anderen mechanischen Zeitmesser übertroffen werden. Stimmt es, dass eine Ihrer Uhren bei einer sechswöchigen Schiffsreise nur vier Sekunden gewonnen hat?

So hat es der Kapitän bezeugt. Aber nicht mal das hat der Kommission gereicht. Ich bin das Opfer von Intrigen. Aber ich habe ja selbst Schuld..

Wie das?

Ich bin jetzt 80 Jahre alt. Als ich der Kommission meine erste Uhr präsentierte, war ich 42. Damals hätte ich den Preis annehmen sollen.

Moment. Sie haben den Preis von 20000 Pfund abgelehnt?

Sozusagen. Das heißt beinahe, es fehlte noch ein Test. Aber den hätte die Uhr...

Möchten Sie nicht von Anfang an erzählen?

Also gut. Die Längengrad-Kommission hatte die Aufgabe, das schwierigste Problem der Schifffahrt zu lösen – die präzise Bestimmung des Längengrades. Seit alters her kam es immer wieder zu schweren Navigationsfehlern, weil man durch den Stand der Gestirne zwar den Breitengrad messen konnte, nicht aber den Längengrad. Als ich 1730 meine Idee vortrug, das Problem mittels exakter Zeitmessung zu lösen, bestand die Kommission schon 23 Jahre. In dieser Zeit waren nur wirre Ideen eingereicht worden, ohne die geringste Aussicht auf Erfolg... (kd)