Ikea-Küche trainiert Haushaltsroboter

In seinem neuen Robotiklabor will Nvidia herausfinden, wie realistisch Helferautomaten fürs Heim sind.

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Ikea-Küche trainiert Haushaltsroboter

(Bild: Nvidia)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Will Knight
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Trotz aller Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz: Industrieroboter sind bislang noch erstaunlich "dumm" und auch nicht ungefährlich. Natürlich können sie anstrengende Aufgaben präzise und wiederholt erledigt, doch sie reagieren nicht auf Variationen in ihrer Umgebung oder können neue Aufgaben übernehmen, ohne umprogrammiert zu werden. Das schränkt ihre Verwendung in der Arbeitswelt ein.

Nvidia möchte nun mittels maschinellem Lernen Abhilfe schaffen. Der wichtigste Hersteller von Spezialchips auf dem Planeten, die in KI-Anwendungen eingesetzt werden, öffnet ein neues Roboterlabor in Seattle, um Robotern beizubringen, mit dem Menschen zusammenzuarbeiten – und das smarter und fähiger als zuvor. Der erste Einsatz eines solchen Co-Bots erfolgt in einer Standardküche des schwedischen Möbelherstellers Ikea.

Eines der Systeme in diesem Küchenlabor ist ein einzelner Roboterarm, der auf einer rollenden Plattform sitzt. Er holt Gefäße und Flaschen und Nahrungsmittelboxen heran und platziert sie in Regalen. Dieter Fox, Gründer des Labors und Professor an der University of Washington, meint, dass solche Aufgaben Robotern die Fähigkeit geben, schwierigere Fabrikaufgaben zu erledigen oder im Krankenhaus auszuhelfen. "Ich sehe das als ideale Domäne zur Repräsentation jeglicher Herausforderungen an."

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Die Küchenaufgaben werden zunehmend schwerer – vom Auffinden und Bewegen bekannter Objekte bis hin zu Arbeit mit noch unbekannten Gegenständen. Wenn alles gut geht, soll ein Roboter später einmal mit einem Menschen zusammenarbeiten, der komplexe Aufgaben wie die Vorbereitung einer Mahlzeit durchführen kann.

Ein weiterer Vorteil der Standard-Ikea-Küche ist die Tatsache, dass andere Roboterlabore die Arbeit der Nividia-Forscher replizieren und sie mit ihrer eigenen vergleichen können. Das neue Labor wird aus rund 50 Roboterforschern bestehen, inklusive Teilzeit-Arbeitern und Praktikanten.

In den letzten paar Jahren haben sich im Bereich des maschinellen Lernens ermutigende Entwicklungen abgezeichnet, die dazu führen könnten, dass Industrieroboter deutlich optimiert werden könnten. Das sogenannte Reinforcement Learning gilt beispielsweise als spannender Weg, verschiedenen Herausforderungen zu begegnen. Dabei werden Roboter mit einem tiefen neuronalen Netzwerk gesteuert und jenes Verhalten belohnt, dass das System zu einem gewünschten Ziel bringt.

Da wäre zum Beispiel der Roboter Dactyl vom Nonprofit OpenAI, der gelernt hat, Kinderbausteine zu manipulieren, indem er das Äquivalent von 100 Jahren in einer Computersimulation "durchlebt" hat. Kommerzielle Misserfolge gibt es aber auch schon – und sie zeigen, wie schwer es ist, smartere Roboter praktischer zu gestalten.

Das Problem der meisten dieser Projekte ist die Tatsache, dass sie sich nur für relativ schmale Anwendungen eignen. Verändert sich die Umwelt nur leicht, muss alles neu gelernt werden. "Die meisten Demonstrationen auf diesem Gebiet sind keinesfalls so generell anwendbar, wie sie sich präsentieren", meint Emo Todorov, ein Roboterforscher an der University of Washington, der ein beliebtes Simulationsprogramm für Roboter namens MuJoCo entwickelt hat.

Fox meint, dass der Schlüssel zu einem generellen Roboterlernen darin liegt, Roboter mit einem grundlegenden Verständnis für die physische Welt auszustatten, etwa Elemente wie die Schwerkraft. Diese Idee – mit der auch schon experimentiert wird – könnte dem ähneln, wie Babys die Physik intuitiv verstehen.

Wenige Firmen haben die Welle revolutionärer künstlicher Intelligenz derart geritten wie Nvidia. Entsprechend interessant ist, dass sich die Firma nun für Robotik interessiert. Dies hat damit zu tun, dass Nvidia davon profitieren würde, wenn sich die Technik stärker durchsetzt, denn dann brauchen Industrieroboter Chips des Unternehmens für maschinelles Lernen. Die Technik kann auch für virtuelle Simulationen genutzt werden, die zunehmend für das Training von Robotern verwendet wird.

Fox und seine Kollegen im Labor in Seattle freuen sich insbesondere über einen spannenden Trend, bei dem virtuelle Umgebungen genutzt werden, die sowohl physikalisch realistisch sind als sich auch visuell nicht von der Echtwelt unterscheiden. "Simulationen werden eine sehr, sehr große Rolle in der Zukunft der Roboter spielen", sagt Fox.

(bsc)