Kollege Roboter

Die MIT-Forscherin Julie Shah untersucht, wie wir in Zukunft mit maschinellen Mitarbeitern interagieren können. Sorgen um außer Kontrolle geratende künstliche Intelligenz macht sie sich nicht.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Erin Winick

Roboter-Kollegen und KI-Assistenten werden schon bald in einem Büro in Ihrer Nähe zu finden sein. Und statt sich Sorgen vor einer Machtergreifung der Maschinen zu machen, treibt Julie Shah diese Entwicklung weiter voran. Als Associate Professor am MIT und arbeitet sie an Methoden, um Menschen und Maschinen zu sicheren, effizienten Kollegen zu machen. Ihre Arbeit führt sie in Fabriken und überfüllte Krankenhäuser, wo sie herauszufinden versucht, wie Automation Menschen produktiver machen kann. Im Interview berichtet sie darüber, was zu erwarten ist, wenn wir neben Robotern zu arbeiten anfangen – was viele von uns bereits tun.

Technology Review: Was ist Ihrer Ansicht nach die größte Fehlvorstellung in Bezug auf Roboter am Arbeitsplatz?

Julie Shah: Die Leute verstehen künstliche Intelligenz oft als ganz einheitliche und mächtige Fähigkeit, die all die unterschiedlichen Jobs betrifft. Aber heute funktioniert KI noch nicht so. Derzeit müssen KI-Systeme für sehr konkrete Ausgaben ausgelegt werden. Das erfordert viel Entwicklungsarbeit. Die Zahl der lösbaren Aufgaben nimmt zu, aber wir haben noch keine „allgemeine KI“, die große Teile menschlicher Arbeit übernehmen kann. Doch sie wird leistungsfähiger und kann im Zuge dessen viele keine Aufgaben in vielen unterschiedlichen Bereichen erledigen.

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Unterscheidet sich das Potenzial für den Einsatz von Robotern zwischen Fabriken und zum Beispiel Krankenhäusern?

Wenn Roboter in neue Service-Umgebungen wie Krankenhäuser oder Büros kommen, gibt es dort ein deutlich weniger strukturiertes Umfeld. Roboter müssen den Kontext lernen: persönliche Präferenzen, Stoßzeiten, die Zeit in der Woche. Es ist sehr mühsam, all das zu programmieren.

Wir arbeiten an Verfahren, bei denen Experten bei der Erledigung von Arbeit beobachtet werden. Wir beobachten zum Beispiel, wie Krankenschwestern entscheiden, in welche Zimmer Patienten kommen. Roboter lassen sich trainieren, indem sie menschlichen Experten zusehen.

Haben Sie den Eindruck, dass die Öffentlichkeit offener für Automation in unterschiedlichen Branchen wird?

Im Gesundheitswesen gibt es eine weniger lange Geschichte, die Widerstand gegen Roboter auslösen könnte. In der Produktion dagegen existiert eine kulturelle Empfindlichkeit gegenüber der Vorstellung, dass Roboter Jobs übernehmen. Allgemein stößt man hier auf etwas größere Skepsis. Es ist schwieriger, zu beweisen, dass Roboter die Arbeit von Menschen verbessern werden, statt sie zu ersetzen.

In Krankenhäusern haben wir Krankenschwestern in der Rolle der Oberschwester beobachtet. Sie kontrollieren Teile der Belegung von Operationssälen – welche Patienten in welchen Raum kommen und welche Schwestern welchen Patienten zugeordnet werden. Diese Aufgabe ist mathematisch gesehen schwieriger als die eines Fluglotsen, aber die Schwestern haben nicht dieselben Werkzeuge zur Entscheidungsunterstützung. Sie kannten den enormen Wert, den sie bei dieser Aufgabe haben. Sie wussten, dass der Job schwierig ist, und obwohl sie die Besten darin sind, hatten sie das Gefühl, dass es noch Verbesserungspotenzial gibt.

Wie müssen sich die Diskussionen über KI und Arbeit Ihrer Ansicht nach verändern?

Ich glaube, in vielen Diskussionen wird die Tatsache übersehen, dass es sich bei KI nicht um eine Technologie handelt, die unserer Kontrolle entzogen ist. Wir sind die Gestalter der KI. Wie wir das Problem betrachten, hat Auswirkungen darauf, was KI leisten kann.

(sma)