"Indiana Jones und der Große Kreis": Großes Abenteuer für Fans
Hut, Peitsche, Abenteuer – MachineGames inszeniert einen spannenden Mix aus Abenteuer- und Rätselspiel für die Fans der legendären Filmfigur.
Nein, Indy hat keine guten Jahre hinter sich. Die beiden letzten Verfilmungen rund um die Abenteuer des Archäologen Indiana Jones enttäuschten Publikum und Kritik. Fast schien es so, als gehörte Indy selbst ins Museum. MachineGames, bekannt für rabiate Antifa-Action aus den jüngsten "Wolfenstein"-Spielen, verpasst der Reihe jetzt eine Frischzellenkur und schickt Indy & Co. auf einen Trip durch die halbe Welt.
Die gute alte Zeit
Indiana Jones macht anno 1937 das, was er am besten kann: den Nazis die okkulten Spielzeuge wegschnappen. Irgendwie ist nämlich der geniale, wie skrupellose Nazi-Wissenschaftler Emmerich Voss hinter das Geheimnis eines sogenannten "Großen Kreises" gekommen, der den Nazis wieder einmal unendliche Macht verspricht. Überall sucht er deshalb nach passenden Artefakten. Da hat unser wackerer Kämpfer für Erinnerungskultur und Gerechtigkeit natürlich etwas dagegen. Zusammen mit ein paar Verbündeten jagt Indy die Bösen vom Vatikan über die Pyramiden von Gizeh bis nach Asien.
Es ist das typische Indiana-Jones-Abenteuer. Es geht von einem exotischen Ort zum nächsten, immer von einem Problem zum anderen. Der Held lernt eine hilfreiche Journalistin kennen, durchstöbert ein gestrandetes Kriegsschiff auf eisigen Berggipfeln, taucht durch verlassene Tempel und mischt sich in den Freiheitskampf im früheren Thailand ein. Das steckt voller Klischees, nimmt sich aber mit ein paar Slapstick-Einlagen nicht allzu ernst. Auch wenn Indy-Darsteller Harrison Ford am Spiel nicht beteiligt war, hat MachineGames seine Mimik nahezu perfekt imitiert.
Kein Actionkracher
Aber Vorsicht: "Indiana Jones und der Große Kreis" ist weniger eine rasante "Uncharted"-Kopie als vielmehr ein Rätsel-lastiges Abenteuer, das nur gelegentlich auf das Gaspedal drückt. Indy kriecht in der Ego-Perspektive durch dunkle Höhlen, löst ein paar Rätsel oder schleicht sich durch feindliche Basen. Anders als MachineGames' "Wolfenstein"-Reihe sind Schusswaffen nur die zweite Wahl. Meist lässt Indy die Fäuste sprechen oder erledigt seine Gegner mit Schaufel oder Kehrbesen.
Das Schleichabenteuer ist einfach gehalten: nur nicht auffallen. Wenn Indy nicht mit einer Verkleidung unterwegs ist, versteckt er sich hinter Kisten und versucht die Wachen zu umgehen oder erledigt sie mit Werkzeugen, die gerade in der Gegend herumliegen. Schusswaffen sind spärlich vorhanden. Ohnehin empfiehlt es sich nicht, mit Indy wild loszuballern. Im offenen Kampf hat er kaum eine Chance. Oft hilft auch ein Faustkampf: ausweichen, kontern oder mit der Peitsche den Gegner entwaffnen.
"Indiana Jones und der Große Kreis" (5 Bilder)
Einen einfachen Erfolgspfad gibt es nicht. Die Areale sind groß, verwinkelt und die Gegner zahlreich. Wenn Indy in ein feindliches Gebiet kommt, kann er mehrere Wege wählen. Gegner ablenken oder von hinten ausschalten? Da die Wachen aufmerksam sind, muss er ihre bewusstlosen Kumpanen immer verstecken. Das ist längst nicht so kompliziert wie in Spielen wie "Hitman", doch sorgt die ständige Gefahr, entdeckt zu werden, für einen Adrenalinschub bei den Spielern.
Clevere Rätsel
Das Entwicklungsstudio hat viel Arbeit in die Rätsel gesteckt. Mal ein paar Lichtstrahlen kombinieren, um einen verdeckten Eingang zu öffnen oder ein paar kleine Schalterrätsel lösen – unser Archäologe entpuppt sich im Spiel als Rätselmeister. Seine Kamera liefert ihm dabei wichtige Hinweise auf die Lösung der Rätsel. Wer nur auf Action steht, muss lange warten, bis Indy im Flugzeug durch ein zerbombtes Shanghai jagt.
Dazwischen schwingt er sich mit der Peitsche über Abgründe oder klettert Häuserwände hinauf. In diesen Momenten wechselt das Spiel in die übersichtliche Schulterperspektive. Warum nicht gleich so? Der Wechsel sorgt manchmal für Verwirrung, zumal das Spiel bei einigen Sprungpassagen darauf verzichtet. Merkwürdig: Anfangs wirken die Proportionen der Figuren und ihre Bewegungen nicht stimmig. Das ändert sich erst im Laufe des Spiels.
Neben der Hauptstory kann sich Indy in sogenannten Feldforschungen auf teilweise lange Nebenmissionen begeben oder ein paar Sammelgegenstände suchen. Ein bisschen Rollenspiel muss auch sein: Über verschiedene Bücher lernt Indy neue Tricks im Kampf oder steigert seine Ausdauer. Verbände heilen kleine Wunden und einmal freigeschaltet, sorgt Indys "Glückshut" nach einem Game Over für einen zweiten Versuch.
MachineGames gibt den Spielern viele Optionen, um das Spielerlebnis individuell anzupassen. Neben unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden für Kämpfe und Rätsel bietet das Spiel auch einige Barrierefreiheitseinstellungen für audiovisuelle Hilfen. Die Vertonung ist trotz fehlender großer Namen sowohl im englischen Original als auch in der deutschen Fassung gelungen. Kurz: Ein Rundum-sorglos-Paket für die Fans des legendären Filmhelden.
Fazit
Actionfans sollten nicht mit falschen Erwartungen an das Spiel gehen. "Indiana Jones und der Große Kreis" von MachineGames ist kein "Uncharted" oder "Tomb Raider", sondern ein Spiel für Genießer. Statt eines Actionspektakels erwartet die Fans ein Mix aus Schleichabenteuer und Rätselspiel, das schwach anfängt, aber sich langsam steigert und am Ende einige visuelle Wow-Momente liefert. Die Genre-untypische Ego-Perspektive ist Geschmackssache. Wer sich daran gewöhnt hat, darf sich auf ein klassisches Abenteuer freuen, das besonders Fans der Filmreihe anspricht. Spannend und clever – typisch Indy.
"Indiana Jones und der Große Kreis" erscheint am 9.12. für Windows und Xbox Series. Käufer der Premium- oder Collector's Edition können sich bereits am 6.12. ins Abenteuer stürzen. Das Spiel ist im Game Pass enthalten. Die PS5-Version erscheint voraussichtlich 2025. Es kostet ca. 70 €. USK ab 16. Für unseren Text haben wir die Windows-Version gespielt.
(mho)