Japans Weltraumbehörde entwickelt Hyperschallantrieb – auch für Raketen
Hyperschallantriebe stehen hoch im Kurs. Entgegen der Einwände von Wissenschaftlern forscht auch die JAXA mit Geld des Verteidigungsministeriums daran.
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Eine S-520-RD1-Rakete brachte einen Testmotor mit Hyperschallantrieb in eine Höhe von 168 Kilometern.
(Bild: JAXA)
- Martin Kölling
In vielen Bereichen gibt es Technik, die sich sowohl zivil als auch militärisch nutzen lässt. Japans Weltraumbehörde JAXA forscht nun an einem der wichtigsten Zukunftsprojekte in der Luftfahrt- und der Rüstungsindustrie, um das sich die großen Nationen der Welt gerade einen Entwicklungswettlauf leisten.
Am 24. Juli testeten die japanischen Weltraumfahrer erstmals einen Hyperschallantrieb, der Flugzeuge und Raketen auf mehr als die fünffache Schallgeschwindigkeit beschleunigen soll. Eine 9,15 Meter lange S-520-RD1-Rakete setzte den Testmotor etwa dreieinhalb Minuten nach dem Start in einer Höhe von 168 Kilometern frei. Auf dem Rücksturz zur Erde wurde dann in einer Höhe von 30 Kilometern für sechs Sekunden ein Test des Antriebs durchgeführt.
Hyperschallraketen – "Game Changer" in der Kriegsführung
Die technische Leistung fand in Japan eine besondere Beachtung. Denn es handelt sich dabei vor allem um ein Rüstungsprojekt. Die Zeitung "Mainichi" erklärte ihren Lesern in einem langen Artikel, dass die Hyperschallraketen, die schwer abzufangen sind, zu einem "Game Changer" in der Kriegsführung werden könnten.
Das liegt nicht so sehr an der Geschwindigkeit des Antriebs, denn Sprengköpfe von ballistischen Raketen erreichen das mehr als 20-fache der Schallgeschwindigkeit. Zudem stürzen die Sprengköpfe auf einer berechenbaren Flugbahn ins Ziel. Die neuen Hyperschallraketen können hingegen ihre Flugbahn ändern und damit Raketenabwehrsystemen besser entkommen.
Die USA führten lange die Forschung an, pausierten allerdings wegen Problemen mit der Stabilität der Lenkwaffen. Dies änderte sich, als China 2018 eine ultraschallschnelle Gleitrakete testete. Kurz danach stellte Russland neue Hyperschnellwaffen vor. Prompt stiegen auch die USA wieder in die Entwicklung dieser Technik ein.
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Forschung an Hyperschallraketen wird in Japan kritisch beäugt
Es ginge um eine Frage nationalen Stolzes, titelte das Wissenschaftsmagazin "Science" 2020 in einem Artikel. Am 13. Juli dieses Jahres meldete das amerikanische Verteidigungsministerium dann, dass zwei Hyperschallraketen des Rüstungskonzerns Lockheed Martin erfolgreich getestet worden seinen. Doch in Japan wird der Vorstoß in diese Technik, die von der Beschaffungsbehörde der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte mit 1,8 Milliarden Yen (13 Millionen Euro) gefördert wird, nicht mit Stolz begrüßt, sondern eher kritisch beäugt.
Bereits 2017 sorgte sich Japans Wissenschaftsrat in einem Bericht über diese Annäherung von akademischer und militärischer Forschung. Als Lehre aus Japans imperialer Eroberungszeit war die Teilnahme an der Entwicklung von Waffen in Japan unter den meisten Wissenschaftlern lange verpönt. Auch die JAXA hängt die Teilnahme an auch militärisch nutzbarer Forschung wie die Entwicklung von Feststoffraketen nicht an die große Glocke, sondern stellt die zivile Nutzung des Weltraums in den Vordergrund.
Beim Ultraschallantrieb war das ähnlich. So weist die JAXA ausdrücklich darauf hin, dass die Technik auch für Flugzeuge eingesetzt werden kann. Die Behörde hat in den vergangenen Jahrzehnten bereits an der Entwicklung von Antrieben für superschnelle Passagierflugzeuge gearbeitet. Die sicherheitspolitischen Spannungen in Ostasien, die gerade mit der Taiwankrise einen neuen Höhepunkt erreichen, rücken jedoch die militärische Bedeutung in den Mittelpunkt.
Durch Taiwankrise steigt Japan in Rüstungswettlauf ein
Nachdem China jahrzehntelang aufgerüstet und seine erworbene Macht nun in Manövern um die Insel Taiwan demonstriert, schickt sich selbst Japan an, in den Rüstungswettlauf einzusteigen. In den kommenden fünf Jahren will die Regierung den Anteil des Militärbudgets an der Wirtschaftsleistung auf zwei Prozent verdoppeln.
Neue Waffensysteme zum Angriff von feindlichen Basen und zur Abwehr von Angriffen sind dabei Teil der Wunschliste des Militärs. So wird bereits seit 2016 an Railguns geforscht, die mit elektromagnetischen Impulsen zum Beispiel die neuen hyperschnellen Lenkraketen abfangen können sollen. Dieses Jahr wurde das Programm beschleunigt, um die Konzepte als Waffe zu verwirklichen.
(jle)